Lebensmittel Inflation schrumpft Biomärkte
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11. Juli 2022, 11:00 Uhr
Seit Monaten steigen die Preise für Lebensmittel. Und bei immer mehr Menschen beginnt das Rechnen: Was leiste ich mir noch? Und wo kann ich vielleicht auf billigere Alternativen ausweichen? Dass sich diese Fragen viele stellen, merken inzwischen auch die Bioläden, die ja vor allem hochwertige aber eben auch hochpreisige Produkte im Angebot haben.
- Kaufzurückhaltung ist bei Biomärkten spürbar. Grund dafür ist die Inflation.
- Paradox: Insgesamt steigt der Marktanteil der Biolebensmittel. Aber viele Leute kaufen Bio-Produkte nicht im Bioladen, sondern im Supermarkt oder Discounter.
- In bestimmten Bereichen wie Milch und Butter sind konventionelle Produkte teilweise teurer als Biolebensmittel. Vergleichen lohnt sich.
Mit einem kleinen Lieferservice hat er angefangen. 1997 fuhr Malte Reupert noch Gemüsekisten zu seinen Kunden. Inzwischen betreibt er in Leipzig vier Biosupermärkte. Reupert steht an einem Vormittag in seiner Filiale im Stadtteil Plagwitz. Ein großzügiger Markt mit viel Licht. Doch zwischen den Regalen sieht man nur vereinzelt Kunden. Die Inflation, sagt Reupert, mache ihm zu schaffen:
Ja, wir spüren das durch eine Kaufzurückhaltung unserer Kunden. Manche bleiben auch ganz weg.
Und das wirkt sich auch auf die Läden aus: "Wir mussten das Personal ein Stückchen verringern. Und insgesamt wird es dadurch, dass der Handel auch mit sehr geringen Margen arbeitet, sehr schnell auch kritisch", sagt er.
14 Prozent weniger Umsatz
Bundesweit haben Biomärkte im Jahresvergleich rund 14 Prozent an Umsatz eingebüßt. Das geht aus Zahlen des Marktforschungsinstituts GfK hervor. Der Grund sei simpel, sagt GfK-Forscher Robert Kecskes: Den Leuten sitze das Geld nicht mehr so locker. Trotzdem betont Kecskes: Bio sei nicht tot. Ganz im Gegenteil. Insgesamt steige der Marktanteil der Biolebensmittel sogar. Aber viele Leute würden sie woanders kaufen: im Supermarkt oder Discounter.
Das zeige eindeutig, auch wenn es sich paradox anhöre, dass Bioprodukte einen extrem wichtigen Stellenwert in der Bevölkerung hätten, erklärt er. Aber: "Viele Menschen suchen nach günstigeren Bioprodukten. Sprich: Sie können es entweder nicht mehr zahlen. Oder aufgrund der großen Verunsicherung wollen sie sparen und wollen es im Augenblick nicht zahlen, wollen aber weiter Bioqualität haben. Weil: Bio ist inzwischen Mainstream."
Bio-Lebensmittel sind Mainstream
Doch vom Mainstream haben ausgerechnet die Pioniere der Biobranche gerade nichts. Hans Kaufmann vom Bundesverband Naturkost Naturwaren sagt, einige kleine Läden hätten mangels Kunden schon aufgegeben. Dabei seien die Preise dort gar nicht so hoch, wie manche vermuteten. Bio sei zuletzt sogar weniger im Preis gestiegen als konventionelle Produkte.
"Also in bestimmten Bereichen wie Milch und Butter sind konventionelle Produkte teils auch schon teurer als Biolebensmittel, weil wiederum die Kosten für chemische Pestizide und Dünger extrem gestiegen sind. Und da die beim Anbau von Bio nicht zum Einsatz kommen, ist Bio bei der Preissteigerung eben unabhängig. Und für Verbraucherinnen lohnt sich da auch der Vergleich."
Kleine Biobauern betroffen
Das sieht Tina Andres ähnlich. Sie ist Vorsitzende des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Andres sagt, es sei wichtig, dass die traditionellen Biomärkte überleben. Denn an deren Existenz hingen auch kleine Biobauern. Sie selbst ist Biohändlerin:
"Ich vertreibe vornehmlich die Produkte von sehr regional wirtschaftenden Bauern, die beispielsweise fantastischen Rohmilchkäse herstellen, den sie ausschließlich über kleine Vermarktungswege wie Biofachkostläden, Bionaturkostläden vermarkten können. Denn das sind einfach Mengen und Chargen, die über konventionelle Lebensmitteleinzelhändler gar keinen Weg zum Verbraucher fänden", erklärt Tina Andres im Gespräch.
Bioprodukte im Discounter werden oft in großen Mengen aus fernen Ländern importiert. Sie erfüllen zwar die Kriterien des Bio-Siegels. Wie nachhaltig sie angesichts der Transportwege sind, ist aber umstritten. Deswegen resümiert auch der Leipziger Malte Reupert: Der regional verwurzelte Biomarkt müsse eine Zukunft haben.
MDR AKTUELL
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL | 11. Juli 2022 | 08:18 Uhr
Wagner am 11.07.2022
Wieso muss man sich Bio geistig leisten ? Nachhaltige Produktion ,nicht in Masse,ist positiv und stärkt Teile der Landwirtschaft. Das die Inflation das Geschäftsmodell abwürgt ,ist eine Schande und eine Fehlentwicklung ohnegleichen. Bio ist kein Wegwerfprodukt.
Atheist am 11.07.2022
Bio muss man sich geistig und finanziell leisten können
Ich kann Gottseidank auf diese Ideologie verzichten, hatte von Ideologie genug in meinem Leben.
Karl Schmidt am 11.07.2022
@Das ist eben Ihre Ideologie.