Handel Sinkende Inflationsrate im Alltag kaum spürbar

04. April 2024, 15:27 Uhr

Im März ist die Inflation in Deutschland mit 2,2 Prozent so niedrig gewesen wie seit April 2021 nicht mehr. Dennoch spüren Kundinnen und Kunden das nach Einschätzung von Handelsforschern derzeit kaum im Alltag. Am ehesten noch würden Lebensmittelhändler die Einsparungen wegen der großen Konkurrenz an die Kunden weitergeben.

MDR AKTUELL Autorin Kristin Kielon
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Gefühlt wird seit Monaten alles rasant teurer. Doch dieser Trend könnte gestoppt sein – zumindest in einigen Bereichen. Dem Statistischen Bundesamt zufolge sind nämlich die Energie- und die Nahrungsmittelpreise im März im Vergleich zum Vorjahresmonat gesunken.

Bei der Supermarkt-Kundschaft in Leipzig ist diese Entwicklung aber noch nicht so recht angekommen. Kundinnen und Kunden berichten in einer kleinen Umfrage von einigen Produkten, die erneut teurer geworden sind, andere Preise hätten sich aber wieder normalisiert, wie zum Beispiel die von Tomaten und Gurken.

Diesen Eindruck kann Diana Roth mit Zahlen belegen: Die Sprecherin des Statistischen Landesamts sagt, dass der Bereich Nahrungsmittel mit einem Minus von rund einem Prozent auch in Sachsen heraussteche: "Günstiger als im März 2023 waren besonders die Preise für frisches Gemüse, einschließlich Kartoffeln. Dort sind die Preise binnen Jahresfrist um 24,4 Prozent zurückgegangen. Aber zum Beispiel auch tiefgefrorener Fisch und Fischfilets sind jetzt um 8,7 Prozent günstiger. Molkereiprodukte und Butter sind um 5,9 Prozent im Preis gesunken."

Inflation Inflation beschreibt den Prozess andauernder Preisniveausteigerungen. Die Inflationsrate gibt dabei an, wie sich der Preis binnen eines Jahres, also seit dem gleichen Monat des Vorjahres verändert hat. Sie wird über die Veränderung des Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes festgestellt. Dieser Verbraucherpreisindex misst die durchschnittliche Preisentwicklung eines Warenkorbs, der sich aus etwa 700 Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs zusammensetzt. Statistisches Bundesamt

Doch um das tatsächlich beim Einkaufen wahrzunehmen, müsse man schon ein Haushaltsbuch führen, sagt Roth. Das bestätigt auch der Kaufkraftexperte Christoph Schröder vom Institut der deutschen Wirtschaft: "Ich denke, da muss man sehr genau die Preise im Kopf haben, um das wirklich zu spüren. Man merkt es vielleicht ein bisschen beim Wocheneinkauf. Aber ob das dann 100 oder 99 Euro sind, das spürt man eben nicht, und man kauft auch nicht immer die gleichen Sachen."

Keine drastischen Preisanstiege mehr

Tiefer in die Tasche greifen musste im März dagegen, wer Bekleidung kaufen oder einen Urlaub buchen wollte. Doch die Preisanstiege seien deutlich moderater geworden, sagt Schröder: "Wir haben tatsächlich in allen großen Bereichen keine sehr hohen Inflationsraten mehr. Es ist immer noch relativ hoch im Bereich der Gaststätten beispielsweise mit sechs Prozent. Aber die ganz hohen Ausschläge haben wir in keinem Bereich mehr."

Müssten die Preise im Handel diese Entwicklung dann nicht deutlich besser abbilden? Kai Hudetz, vom Institut für Handelsforschung Köln verweist auf die verschiedenen Faktoren bei der Preisbildung. Zwar seien etwa die Energiekosten gesunken, sagt er. "Auf der anderen Seite stellen wir fest, dass wir nach wie vor Rohstoffpreise haben, die teilweise noch deutlich über dem liegen, was wir aus dem Vorkrisenniveau her kennen und wahrscheinlich wird sich das auch nicht dramatisch verändern. Wir haben auch gestiegene Lohnkosten in vielen Bereichen. Insofern steht der Handel nach wie vor unter großem Druck."

Der Lebensmittelhandel würde Einsparungen noch am ehesten an den Endkunden weitergegeben, erklärt Hudetz. Das liege an der großen Konkurrenz um Marktanteile in diesem Bereich. Deshalb gebe es auch häufig Angebotsaktionen mit hohen Rabatten.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 04. April 2024 | 06:05 Uhr

84 Kommentare

astrodon vor 5 Wochen

@Nudel: Da es noch keinen Inflationsdurchschnitt 2024 gibt (geben kann): Vergleichen wir doch mal die Jahre 2019-2023. Lt. Statistisches Bundesamt (Destatis) stieg der Verbraucherpreis-Index um 17,2 Punkte (von 99,5 auf 116,7; Basis 2020=100). Die Standard-Bruttorente stieg im gleichen Zeitraum um 17,9% (von 1435€ auf 1692€ lt. sozialpolitik-aktuell).
Die behauptete "Verarmung" kann ich da nicht erkennen.

astrodon vor 5 Wochen

@Nudel: Ich habe mir mal wieder die Mühe gemacht, Ihre Behauptung nachzurechnen:
Gehalt 3000€ brutto (2023), machte netto 2044,42€. Dann eine Steigerung um 6,8% = 3204€, gleiche Bedingungen in 2024: Netto 2179,87€. Die Steigerung beträgt 6,625%. OK. das sind keine 6,8% - der absolute Unterschied beträgt 3,57€. Wenn DAS Ihre "kalte Progression" sein soll, ok. "Nicht schlimm!"

Peter vor 5 Wochen

Nudel81: Ein Blick in die Urlaubshochburgen während der Schulferien genügt. Massenhaft "verarmte" Rentner, die mit den Enkeln in den dortigen Hotels Urlaub machen.
Nicht falsch verstehen: Ich gönne es den Rentnern und den Enkeln. Ich habe nur etwas dagegen, alle Rentner als "arm" zu bezeichnen.

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