Arbeitszeiterfassung Ein Jahr nach dem Stechuhr-Urteil noch immer kein Gesetz
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29. Dezember 2023, 14:15 Uhr
Im September 2022 hatte das Bundesarbeitsgericht das sogenannte Stechuhr-Urteil zur Erfassung von Arbeitzszeiten gefällt. Die daraufhin angekündigte Gesetzesänderung lässt allerdings weiter auf sich warten.
- Unternehmen müssen mit Arbeitszeit-Erfassung nicht auf Gesetzgeber warten
- Vor allem der Mittelstand befürchtet einen unverhältnismäßigen Mehraufwand
- Anbieter von Zeiterfassungsmodellen sieht auch Vorteile für den Unternehmer
Zuerst vielleicht einmal vornweg: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte 2022 geurteilt, dass die Arbeitszeit von Beschäftigten erfasst werden muss – und zwar auf Grundlage eines Urteils, das der Europäische Gerichtshof schon 2019 gefällt hatte.
Dass man jetzt auf den Gesetzgeber warte, sei also im Prinzip unnötig, sagt Susann Eder, Leiterin der Abteilung Recht beim DGB Bundesvorstand: "Im Prinzip hat das Bundesarbeitsgericht etwas entschieden, was der Europäische Gerichtshof 2019 schon entschieden hat, nämlich, dass eine gesetzliche Pflicht besteht, eine Arbeitszeiterfassung einzuführen. Insofern kann man natürlich auf den Gesetzgeber warten, muss es aber nicht."
BAG-Urteil verlangt genaue Erfassung der Arbeitszeiten
Bisher waren Unternehmen in Deutschland nicht gesetzlich verpflichtet, die genauen Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer zu dokumentieren. Nur in einzelnen Branchen wie dem Baugewerbe oder der Gastronomie wurden beispielsweise Arbeitszeiten erfasst, um Schwarzarbeit zu verhindern.
Darüber hinaus musste Mehrarbeit von Arbeitnehmern dann dokumentiert werden, wenn diese an Sonn- und Feiertagen arbeiteten. Seit dem 13. September 2022, also mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts, muss der Arbeitgeber allerdings die Arbeitszeit aller Arbeitnehmer täglich erfassen.
Mittelstand befürchtet unverhältnismäßigen Mehraufwand
Für kleine und mittelständische Unternehmen bedeute dies aber finanzielle Belastungen und Verwaltungsmehraufwand und stehe in keinem Verhältnis, sagt Gerald Bitterberg vom Bundesverband Mittelständische Wirtschaft: "Das wird als Belastung empfunden, und was einigen natürlich bitter aufstößt, ist, dass es zwar einige schwarze Schafe in der Unternehmerschaft gibt, die zum Beispiel das Mindestlohngebot durch Zeitarbeitstricks zu unterlaufen versuchen, aber dass damit ein Generalverdacht an alle Unternehmen gestellt wird."
Anbieter spricht von moderner Zeiterfassung als Win-Win-Situation
Wie Zeiterfassung im 21. Jahrhundert funktionieren kann, erklärt Dietmar Hinz. Er ist Geschäftsführer der P & S GmbH mit Sitz in Gera, die schon seit über 20 Jahren praktische Lösungen zur elektronischen Zeitwirtschaft anbietet. Moderne Zeiterfassung sei eine Win-Win-Situation und sowohl für Arbeitnehmer, als auch für Arbeitgeber gleichermaßen komfortabel und transparent.
"Es ist eine vollkommen neue Welt", meint Hinz: "Mit einem Zeiterfassungssystem können wir nicht nur das Kommen und das Gehen erfassen, wie wir es schon seit vielen, vielen Jahren und auch mit den Stechuhren haben, sondern wir haben mit einem Zeiterfassungssystem natürlich auch die Möglichkeit mobile Zeit zu erfassen. Wir haben die Möglichkeit, die Zeiten entsprechend zu bewerten, mit Zuschlägen und diesen Dingen, die vom Gesetzgeber vorgeschrieben sind. Und es spart auch eine Menge Zeit für den gesamten Abrechnungsprozess. Das ist also wirklich eine Ersparnis in vielen organisatorischen Fragen, eine vernünftige Nachweisführung und auch eine schöne Sache für Arbeitnehmer."
Eine Rückkehr zur Stechuhr, wie von einigen Kritikern befürchtet, sei das also keinesfalls, sagt Hinz weiter – im Gegenteil: "Ich würde nicht mal sagen zurück in die Zukunft, sondern richtig vorwärts in die Zukunft und das gehört einfach dazu."
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 29. Dezember 2023 | 05:00 Uhr