Gifthinweis auf einem Kanister
Mit der Giftpflanze "Blauer Eisenhut" soll ein Mann aus dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld seine Frau ermordet haben. (Symbolbild) Bildrechte: imago/imagebroker

"Blauer Eisenhut" Prozess um mutmaßlichen Giftmord mit Gartenpflanze

23. Februar 2024, 14:34 Uhr

Wegen Mordes muss sich ein 57-Jähriger aus dem Kreis Anhalt-Bitterfeld ab Freitag vor dem Dessauer Landgericht verantworten. Der Mann aus der Gemeinde Muldestausee soll seine Frau getötet haben – mit dem Gift des "Blauen Eisenhuts". Möglicherweise wurde er dazu gedrängt.

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Am Dessauer Landgericht hat am Freitag ein Prozess um einen heimtückischen Mord begonnen. Angeklagt ist ein Mann aus der Gemeinde Muldestausee im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 57-Jährigen versuchten und vollendeten Mord vor.

Er soll seiner Ehefrau im April 2023 Teile der hochgiftigen Pflanze "Blauer Eisenhut" ins Essen gemischt haben. Weil die Dosis nicht tödlich gewesen sei, habe er ihr zwei Tage später eine größere Menge in einen Joghurt gemischt, so die Staatsanwaltschaft. Die Frau starb einen Tag später. Die nachträgliche Einschätzung eines Herz-Experten ergab schließlich, dass das Opfer mit hoher Wahrscheinlichkeit vergiftet worden war.

Leiche vergiftet und verbrannt

Wie Gerichtssprecher Frank Straube MDR SACHSEN-ANHALT am Freitag sagte, war der Leichnam des Opfers verbrannt worden. Erst im Nachhinein habe ein Experte festgestellt, dass die Frau höchstwahrscheinlich vergiftet worden sei.

Der Angeklagte hat zum Prozessbeginn durch seinen Anwalt eine Erklärung verlesen lassen. Nach Informationen eines MDR-Reporters bestreitet er darin die Tat.

Anklagebank eines Gerichts
Zum Prozessbeginn hat der Angeklagte (links) eine Erklärung verlesen lassen. Bildrechte: MDR/Martin Krause

Wurde der Mann von seiner Geliebten angestiftet?

Der Mann sitzt seit September 2023 in Untersuchungshaft. Hintergrund der Tat soll eine längere Affäre mit einer anderen Frau gewesen sein. Auch gegen die 58-Jährige aus Sandersdorf-Brehna wurde Anklage erhoben wegen versuchter Nötigung und Nichtanzeige einer geplanten Straftat. Sie soll den Mann unter Druck gesetzt haben, sich zwischen ihr und seiner Gattin zu entscheiden. Durch die Aussage einer Bekannten der Frau kamen schließlich die Ermittlungen ins Rollen, die dann zur Festnahme des Angeklagten führten.

Auch die Mitangeklagte kam am ersten Verhandlungstag zu Wort. Sie sprach vor Gericht von einer 10-jährigen Liebesbeziehung zum Hauptangeklagten. Nach ihren Worten hat sie ihn aufgefordert, sich von seiner Frau zu trennen. Daraufhin habe er davon gesprochen, das Problem zu "lösen" und habe auch den Eisenhut ins Spiel gebracht – was sie aber als Blödsinn abgetan habe.

Prozess dauert bis Mitte April

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte seine Ehefrau nicht nur heimtückisch tötete, sondern auch aus niedrigen Beweggründen handelte, um sich der im Falle einer Scheidung bestehenden Unterhaltspflicht zu entziehen. Für den Prozess sind bis Mitte April insgesamt zehn Verhandlungstage angesetzt.

Blauer Eisenhut in den Ötztaler Alpen
Der "Blaue Eisenhut" wächst eher in höheren Lagen – wie hier in den Ötztaler Alpen. (Archivbild) Bildrechte: MDR/Christoph Schimmelpfennig

Was ist der "Blaue Eisenhut"?

Der "Blaue Eisenhut" ist hochgiftig und gilt sogar als die giftigste Wildpflanze Europas. Wichtigstes Merkmal sind die violett-blauen Blüten, die in einer Traube ausgebildet sind. Das oberste Blütenblatt ist helmförmig und hängt wie eine Art Hut über der Blüte.

Wie giftig ist der "Blaue Eisenhut"?

Die Pflanze enthält den Wirkstoff Aconitin. Bereits eine kleine eingenommene Menge, etwa ein Blatt, kann für Menschen tödlich sein. Als tödliche Dosis gelten 2-6 Milligramm. Auch die bloße Berührung mit der Haut kann Irritationen oder Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Dabei sind alle Bestandteile der Pflanze giftig, von der Knolle bis zu den Blüten.

Woran erkenne ich eine Vergiftung?

Bei Berührung mit der Haut können Wärmegefühl und Brennen eintreten, bei längerem Einwirken sogar Taubheitsgefühl.

Nach Einnahme sind innerhalb etwa einer Viertelstunde im Mund Kribbeln und Brennen zu spüren, was sich über die ganze Haut ausbreitet. Folgende Gefühllosigkeit, Atemlähmung und Herzrhythmusstörung führen zum Tod innerhalb weniger Stunden.

Was tun bei Vergiftung?

Der Giftnotruf für Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen ist unter der Nummer 0361 730 730 erreichbar. Bei Lebensgefahr ist der Rettungsdienst unter 112 zu alarmieren. Weitere Informationen.

Bei einer Vergiftung mit dem "Blauen Eisenhut" müssen die Bestandteile aus dem Körper befördert werden – durch Erbrechen oder Magenspülung. Es gibt kein Gegenmittel. Patienten erhalten Aktivkohle, die Gift absorbiert.

Wo wächst der "Blaue Eisenhut"?

Die Pflanze tritt vor allem in den Alpen und den Mittelgebirgen Europas auf, wird aber auch in Gärten kultiviert. Sie steht in Deutschland unter Naturschutz.

Wie wird die Giftpflanze eingesetzt?

Mit dem "Blauen Eisenhut" wird seit der Antike gemordet. Auch in Serien und Filmen wird die Methode zuweilen aufgegriffen.

Der in Köthen forschende Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, hat Eisenhut-Extrakte unter anderem eingesetzt, um Nervenschmerzen zu behandeln. In der Homöopathie findet der hochverdünnte Wirkstoff bis heute Anwendung, etwa bei Fieber oder Entzündung.

dpa, MDR (Susanne Liermann, André Plaul)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 23. Februar 2024 | 06:00 Uhr

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