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Zum Hören: Podcast "Digital leben", Folge 71 – Sachsen-Anhalt, deine Roboter Bildrechte: MDR

Podcast "Digital leben" Robotikforscher: "Mein Rasenmähroboter ist doof"

10. September 2023, 16:01 Uhr

Norbert Elkmann forscht seit Jahrzehnten am Fraunhofer-Institut in Magdeburg an Robotern und Christoph Steup von der Uni Magdeburg organisiert den RoboCup mit. Im Interview erklären sie, woran sie gerade arbeiten, welche Probleme Roboter heute haben und wie groß die Gefahr ist, dass Roboter gehackt werden können.

Ein großer Mann mit Locken und Brille steht vor einer Betonwand.
Bildrechte: MDR/Viktoria Schackow

"Mein Rasenmähroboter ist total blöd", sagt Professor Norbert Elkmann im MDR SACHSEN-ANHALT Podcast "digital Leben". Damit macht der Robotikforscher des Fraunhofer-Instituts in Magdeburg bereits eine Problematik deutlich: Nicht alles, was wir heute Roboter nennen, ist für Robotiker auch ein Roboter.

Norbert Elkmann und Christoph Steup Elkmann leitet seit mehr als 20 Jahren die Abteilung Robotersysteme beim Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg. Und auch Dr. Christoph Steup von der Arbeitsgruppe “Computational Intelligence“ an der Otto-von-Guericke-Uni Magdeburg beschäftigt sich seit Jahren mit Robotern. Steup ist Mitorganisator des RoboCup und hat mit deinem Team "robOTTO" 2021 den dritten Platz bei der RoboCup-WM belegt. Im Interview mit MDR SACHSEN-ANHALT erklären die beiden ihre Arbeit, sagen, was von Robotern noch zu erwarten ist und wie groß die Gefahr ist, dass Roboter gehackt werden.

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MDR SACHSEN-ANHALT: Herr Professor Elkmann, Herr Doktor Steup, woran arbeiten Sie gerade?

Norbert Elkmann: Wir haben einige Forschungsschwerpunkte: spezielle Roboter, die Aufgaben übernehmen, die für Menschen gefährlich sind. Wir forschen auch an Mensch-Roboter-Kooperation und haben weltweit erstmalig Versuche gemacht, um herauszufinden, wie stark ein Roboter einen Menschen überhaupt berühren darf. Daraus ist ein weltweit gültiger Standard geworden. Und seit 20 Jahren forschen und betreiben wir für den Emscher-Kanal im Ruhrgebiet einen Inspektionsroboter.

Norbert Elkmann
Prof. Norbert Elkmann leitet die Roboterabteilung des Fraunhofer-Instituts in Magdeburg Bildrechte: IFF/Viktoria Kuehne

Christoph Steup: Bei uns geht es um Schwarmrobotik. Aktuell arbeiten wir daran, dass ein Schwarm Quadcopter Menschen im Wald erkennen kann. Die haben Kameras und mit einem österreichischen Algorithmus wollen wir durch die Baumkronen Menschen erkennen, die sich bewegen. Forschung an Roboterschwärme ist superspannend, weil es fürs autonome Fahren relevant ist. Die Fahrzeuge müssen sich ja irgendwie sortieren. Wir haben auch den Bruder von Elbi und der bleibt zum Beispiel stehen, wenn er paar Grashalme erkennt. Daran arbeiten wir. Und das ist ein typisches Beispiel für autonome Fahrzeuge. Der BMW-Chef sagt auch, dass autonome Autos gerade Schön-Wetter-Technologie ist, weil sie Probleme bei Regen oder Schnee haben.

Wie sind wir in Deutschland und Europa in der Robotikforschung aufgestellt?

Elkmann: Deutschland ist eigentlich sehr gut aufgestellt, was Roboterhersteller, Ausbildung und die ganze Industrie angeht. Wer uns vielleicht den Rang ablaufen wird, sind die Chinesen. Die sind extrem stark und investieren extrem viel. Die Japaner sind gut. Aber auch nicht in allen Gebieten. Sie forschen viel zur Pflege, aber die Geräte kann man trotzdem nicht einfach kaufen. Dort gibt es auch keinen riesengroßen Automatisierungsgrad in den Pflegeheimen.

Christoph Steup Uni Magdeburg
Dr. Christoph Steup forscht an der Uni Magdeburg vor allem an Roboterschwärmen. Bildrechte: Christoph Steup

Steup: Auch ein teilautonomes Auto ist im Endeffekt ein Roboter. Und da würde ich deutsche Kompetenzen ziemlich hoch einschätzen. Die Autohersteller verkaufen sich vielleicht ein bisschen unter Wert. Das kann auch daran liegen, dass es in Amerikas viel leichter ist, ein teilautonomes Auto auf die Straße zu bekommen. Deutschland hat alles in allem eine unglaublich große Robotik Infrastruktur, die vielen anderen Länder fehlt. Und man muss auch mal sagen: Boston Dynamics ist keine Wunderfirma. Sie sind klar fokussiert und bauen superrobuste und stark geregelte Roboter. Das sind wunderbare Produkte, die das tun, was sie sollen. Aber das, was sie sollen, ist relativ wenig.

You are fucked – Deutschlands erste Cyberkatastrophe

Ein stilisierter Totenkopf und ein Bildschir, der ein berühren-verboten-Schild zeigt.
Bildrechte: MDR/Stefan Schwarz, Max Schörm
Ein stilisierter Totenkopf und ein Bildschirm, der eine zerbrochene Vase zeigt.
Bildrechte: MDR/Stefan Schwarz, Max Schörm
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Der Landkreis Anhalt-Bitterfeld hat den Katastrophenfall ausgerufen. Aber gelöst ist dadurch nicht ein einziges IT-Problem. Außerdem: Das BSI kommt und eine IT-Firma ist nach neun Tagen wieder weg.

MDR SACHSEN-ANHALT Do 13.07.2023 00:01Uhr 50:59 min

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Ein stilisierter Totenkopf und ein Bildschirm, der ein Dokument zeigt.
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Wir haben im Sommer einen Podcast zum Hackerangriff auf Anhalt-Bitterfeld veröffentlicht, der vor Augen führt, wie gefährdet Computer sind. Was heißt das für Roboter? Lassen sich Roboter hacken?

Elkmann: Wir versuchen, das zu verhindern. Aber es ist immer ein Kampf zwischen den Beteiligten. Die Hacker sind teilweise sehr fanatisch und versuchen alle Tricks. Roboter sind IT-Systeme und entsprechend bestehen die gleichen Risiken wie bei normalen Computern.

Steup: Je stärker vernetzt Roboter sind, je interaktiver und digitaler, um so kritischer ist es. Nutzen sie mehr Kommunikationskanäle, könnten auch Hacker die benutzen.

Kennen Sie Fälle, wo das passiert ist?

Elkmann: Ist mir aus der Robotik nicht bekannt. Aber die Gefahr besteht real.

Wenn die Gefahr heute besteht, steigt das Risiko in den kommenden Jahren nicht, dass Roboter gehackt werden?

Steup: Das ist schwer zu sagen. Es ist ein Kampf zwischen den Angreifern und den Verteidigern. Wenn nichts zum Schutz gemacht werden würde, wird das Risiko definitiv größer werden, weil Roboter vernetzter werden. Wie immer in der IT-Sicherheit: Wenn man nicht versucht, einen Angriff aktiv zu verhindern, dann wird es irgendwann passieren.

Denkbar ist ja, dass Kriminelle die Roboter einer Fabrik lahmlegen und Lösegeld erpressen.

Steup: Das kann durchaus passieren. Das ist genau das Gleiche, wie wenn die Computersysteme gehackt werden. Und das passiert ja.

Elkmann: Robotern erfassen auch viele Daten. Der Zugriff auf visuelle Sensordaten – auch das ist durchaus kritisch.

Steup: Das wird ein riesengroßer Zielvektor für Hacker in der Zukunft sein. Denn gerade die großen Unternehmen achten darauf, dass ihre Daten nicht abhanden kommen. Und mit mobile Robotern, die mit Kameras ausgestattet sind, hat man noch mehr Möglichkeiten, um an Informationen zu kommen – zum Beispiel in dem man den Bildschirm abfilmt.

Elkmann: Aber es geht ja nicht nur ums Hacken. Sondern auch um Persönlichkeitsrechte. Wir haben in Europa einen sehr, sehr hohen Standard. Dass die verletzt werden, das wird zu Tausenden passieren.

Was heißt das für Ihre Arbeit? Denken sozusagen das bei der Entwicklung Ihrer Roboter von vornherein mit? Security by Design heißt das Konzept.

Elkmann: Das ist eher ein Thema für die Firmen, die die Produkte herstellen und den Betrieb sicherstellen müssen. Für einen Prototypen in einem Forschungsprojekt würde ich den einen Fokus noch nicht auf die IT-Security legen.

Steup: Genau. Wir versuchen, unsere Robotik-Systeme abzuschotten, damit sie kein Einfallstor für den Rest der Universität bilden. Aber die Robotik-Systeme selbst sind nicht auf Sicherheit getrimmt. Denn wir gehen im Allgemeinen davon aus: Wer Zugang zu dem Roboter hat, der weiß, was er tut.

Roboter sollen uns am liebsten jede Arbeit abnehmen: Wird es jemals einen Universalroboter geben?

Elkmann: So universal wie ein Mensch? Das glaube ich nicht. Da bin ich sehr skeptisch.

Steup: Ich denke schon, dass es irgendwann so einen geben wird. Aber das wird noch mehr als 50 Jahre dauern, mindestens. Wir selbst forschen gerade an robuster Schwarmrobotik, dass unser Drohnenschwarm bei Wind und Wetter fliegen kann. Und das große Ziel beim autonomen Fahren ist gerade, die Wetterabhängigkeit zu reduzieren, damit man auch bei schlechtem Wetter autonom fahren kann.

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