Sven Liebich im Gerichtssaal sitzend.
Inszeniert sich vor dem Landgericht Halle als politisch Verfolgter: Sven Liebich (Archivbild) Bildrechte: imago images/Steffen Schellhorn

Berufungsprozess in Halle Liebich-Prozess: Staatsanwaltschaft fordert weiter Bewährungsstrafe von elf Monaten Haft

11. Oktober 2022, 17:39 Uhr

Vor zwei Jahren verurteilte das Amtsgericht Halle den Rechtsextremisten Sven Liebich wegen Verleumdung und Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe. Dagegen wehrt Liebich sich in einem Berufungsprozess. Vor dem Landgericht Halle inszeniert er sich als politisch Verfolgter. Staatsanwaltschaft und Nebenklage gaben sich davon unbeeindruckt.

Im Berufungsprozess gegen den Rechtsextremisten Sven Liebich hat die Staatsanwaltschaft erneut eine Bewährungsstrafe von elf Monaten Haft gefordert. Dazu hatte ihn das Amtsgericht Halle bereits 2020 verurteilt. Die Richter hatten ihn unter anderem in mehreren Fällen der Verleumdung von Politikern und Volksverhetzung schuldig gesprochen. Gegen dieses Urteil wehrt sich Liebich nun vor dem Landgericht Halle.

Staatsanwaltschaft sieht Grenzen der Meinungsfreiheit deutlich überschritten

In seinem Plädoyer am Dienstag begründete Oberstaatsanwalt Ulf Lenzner seine Forderung damit, dass Liebich der Grünen-Politikerin Renate Künast ein Zitat über Pädophilie untergeschoben habe, das diese nachweislich so nicht getätigt hätte. Dies habe zu einem Shitstorm gegen Künast geführt, der ihr politisches und persönliches Wirken erheblich eingeschränkt habe.

Mit von Liebich produzierten Aufklebern, die das Amtsgericht als Volksverhetzung eingestuft hatte, würden geflüchtete Menschen pauschal verunglimpft und verächtlich gemacht, sagte Lenzner weiter. Er erinnerte auch daran, dass ähnliche sprachliche Mittel bereits im Nationalsozialisten angewandt wurden. All das sei von der Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckt, so der Oberstaatsanwalt.

Liebich inszeniert sich als politisch Verfolgter 

Genau auf diese Meinungsfreiheit hatte sich zuvor Liebichs Anwalt Michael Matthias berufen. Die Aussagen Liebichs mögen zwar provokant und geschmacklos sein, strafrechtlich relevant seien sie jedoch nicht. Vielmehr leiste Liebich als "politischer Provokateur" einen "eigenen Beitrag" zur öffentlichen Meinungsbildung.

Sven Liebich sitzt im Gerichtssaal.
Liebich war bereits 2020 in einem Prozess wegen Verleumdung und Volksverhetzung vom Amtsgericht Halle verurteilt worden. (Archivbild) Bildrechte: imago images/Steffen Schellhorn

Der Angeklagte selbst versuchte, den Prozess erneut als "Schauprozess" darzustellen. Ohne stichhaltige Belege anzuführen, behauptete Liebich, Sachsen-Anhalts Innenministerium habe die Justiz angewiesen, gegen ihn vorzugehen. Zudem gebe es einen "medial inszenierten Verurteilungsdruck" auf Richter und Schöffen, der auch durch die Anwesenheit von MDR-Reportern bei Gericht entstehe. Er selbst sei lediglich Satiriker und Polit-Künstler. Liebich plädierte genau wie sein Verteidiger auf Freispruch.

Während der drei Verhandlungstage hatten Unterstützer Liebichs die Verhandlung immer wieder gestört. Mehrfach thematisierte Liebich auch die persönliche Herkunft des Anwalts der Nebenklage, Erkan Zünbül, und verunglimpfte dessen Nachnamen. Zünbül vertritt Renate Künast und sagte vor Gericht, Künast werde bis heute von den von Liebich verbreiteten Falschbehauptungen beeinträchtigt. Der vom Verfassungsschutz beobachtete Hallenser verpeste das politische Klima bewusst.

Urteil soll am 24. Oktober verkündet werden

Während der Verhandlung wurde außerdem bekannt, dass der nach eigenen Angaben nur geringfügig Beschäftigte und damit nahezu mittellose Liebich gerade erst eine Geldstrafe von 3.000 Euro in bar beglichen hat. Rechtsanwalt Zünbül vermutete, dass Liebich unwahre Angaben über seine Geschäfte und Einnahmen macht.

Das Urteil soll am 24. Oktober verkündet werden. Liebich hat bereits angedeutet, dass er im Falle einer erneuten Verurteilung weitere Rechtsmittel einlegen wird.

MDR (Thomas Vorreyer, Cornelia Winkler)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 11. Oktober 2022 | 15:30 Uhr

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