Regale mkt Gemüse
Immer weniger Lebensmittel kommen als Spende bei den Tafeln an. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Peter Endig

Inflation Eisleber Tafel-Chef fordert Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung

30. August 2022, 16:15 Uhr

Die Tafeln in Sachsen-Anhalt arbeiten seit Monaten an der Belastungsgrenze. Sven Hennig, Chef der Einrichtung in Eisleben, hat sich nun für ein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung ausgesprochen. Haltbarkeitsdaten müssten etwa vertretbar verändert werden, damit weniger weggeschmissen wird.

Der Chef der Tafel in der Lutherstadt Eisleben, Sven Henning, hat ein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung gefordert. In der MDR-Sendung "Fakt ist!" sagte Henning, es dürfe nicht mehr so viel weggeworfen werden. Haltbarkeitsdaten müssten etwa vertretbar so verändert werden, dass die Waren noch an die Tafeln abgegeben werden könnten. Er sprach sich zudem dafür aus, dass Händler, die die Tafeln unterstützen, steuerlich entlastet werden müssten.

Wir sind zur Hilfe da, aber nicht zur Versorgung.

Sven Henning, Chef der Tafel in Eisleben

Zur aktuellen Situation rund um die steigenden Lebensmittel- und Energiepreise sagte Henning, dass die Tafeln immer mehr Zulauf bekämen. "Wir können es kaum noch schaffen, die Ware ran zu holen." Man sei am Limit. "Wir liegen bei 25 Tonnen Ware, die wir im Monat abholen", erklärte Henning. Das seien etwa 1.350 Personen pro Woche, die man mit Lebensmitteln erreiche. Er betonte dabei die Rolle der Tafeln: "Wir sind zur Hilfe da, aber nicht zur Versorgung."

Im Juli hatte bereits der Landesvorsitzende der Tafeln in Sachsen-Anhalt, Andreas Steppuhn, gefordert, ein Gesetz zur Lebensmittelrettung einzuführen, um der sinkenden Spendenbereitschaft an die Tafeln entgegenzuwirken. Steppuhn erklärte, ein Wegwerfverbot helfe wenig, vielmehr müssten die Anreize erhöht werden, dass Lebensmittel etwa bei Überproduktion gerettet werden könnten. Hintergrund ist, dass es für Supermärkte immer noch billiger ist, nicht verkaufte Lebensmittel wegzuwerfen als an Tafeln zu geben.

Anders als in Frankreich, Finnland, Italien oder Tschechien ist in Deutschland aktuell kein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung geplant. Wie andere europäische Staaten gesetzlich vorgehen, erfahren Sie in den nachfolgenden Abschnitten.

Regelung in Frankreich

In Frankreich gibt es ein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung, das infolge einer Online-Petition verabschiedet wurde. Großen Supermärkten ist es demnach offiziell verboten, noch Genießbares in den Müll zu werfen. Seit 2016 müssen französische Supermärkte mit einer Fläche von über 400 Quadratmetern zudem nicht verkaufte Lebensmittel an ehrenamtliche Organisationen spenden.

Regelung in Tschechien

Auch in Tschechien müssen Supermärkte unverkaufte Lebensmittel durch ein Gesetz an Wohltätigkeitsorganisationen weitergeben. Verstößt ein Supermarkt dagegen, fallen Strafen bis zu 390.000 Euro an.

Regelung in Italien

Italien hat zwar eine gesetzliche Regelung, um Lebensmittelverschwendung zu verhindern, verhängt allerdings keine Strafen. Stattdessen gibt es etwa Steuererleichterungen, die Firmen dazu bewegen sollen, Lebensmittel nicht wegzuwerfen. Zudem werden in Restaurants Kampagnen gestartet, durch die Gäste nicht gegessenes Essen nach Hause mitnehmen sollen. Eigentlich ist das in Italien verpönt.

MDR (Dagmar Borchert, Johanna Daher, Felix Fahnert)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Fakt ist! | 29. August 2022 | 22:15 Uhr

10 Kommentare

Sozialberuflerin am 31.08.2022

So ist es!
Und solange es Menschen gibt, die Apps und Läden gegen solche Verschwendung verlachen, deffamieren und sich auch noch über deren Nutzen beschweren, solange wird es Verschwendung in großen Stil geben!

https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/mitte-thueringen/erfurt/essen-rettung-lebensmittel-fairly-fair-laden-100.html

Unter diesem Artikeln muss man sich nur die Kommentare anschauen und bekommt ein Schleudertrauma vom Kopfschütteln!

Saxe am 31.08.2022

Und wenn an dann sieht, wieviel Backwaren zB tgl. vernichtet werden. Wir haben eine Zeitlang die Reste zur aus einer Bäckerei als Hühnerfutter bekommen. In den Säcken waren zB ganze, unversehrte Rosinenbrote, mit denen nichts war. Die konnte man ohne Probleme essen. Da finde ich die Forderung der Tafel durchaus berechtigt.

Saxe am 31.08.2022

"Ist die Eislebener Tafel jetzt auch schon berechtigt Gesetze einzufordern?"
Ja, warum nicht? Wir leben in einer Demokratie was spricht dagegen? Gehört zur Meinungsfreiheit.

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