Porträt einer lächelnden Frau mit dunkelbraunen Haaren.
Die Halberstädter Kommunalpolitikerin Yvonne von Löbbecke (FDP) möchte den Wechsel in die europäische Politik wagen. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Porträt FDP-Europa-Kandidatin Yvonne von Löbbecke: Kommunalpolitikerin mit großen Zielen

von Engin Haupt, MDR SACHSEN-ANHALT

22. November 2023, 13:55 Uhr

Yvonne von Löbbecke hat zwei Leidenschaften: die Restaurierung alter Gebäude und die Kommunalpolitik als Stadträtin für die FDP in Halberstadt. Im kommenden Jahr möchte sie allerdings ein neues Kapitel in ihrem Leben aufschlagen: Europa. Die 52-Jährige möchte sich ins EU-Parlament wählen lassen. Es ist nicht ihr erster Versuch, in der überregionalen Politik Fuß zu fassen. Ein Porträt.

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Yvonne von Löbbecke möchte den Wechsel aus der kommunalen in die europäische Politik wagen. Die Restauratorin aus dem Harz präsentiert sich als eine, die anpackt – sei es bei der Restaurierung eines alten Hauses in Halberstadt, beim Wiederaufbau des Gutshofs Mahndorf, auf dem sie mit ihrer Familie lebt oder im Stadtrat. Sollte sie bei der Europawahl am 9. Juni 2024 einen Sitz im Europäischen Parlament erhalten, will sie sich für einen Bürokratieabbau bei Fördermitteln einsetzen.

FDP-Ostverbände wählen Martin Hoeck als gemeinsamen Europa-Kandidaten Die Spitzen der ostdeutschen FDP-Landesverbände (inklusive der FDP Berlin) stimmten am Mittwochabend über einen gemeinsamen Europakandidaten ab. Zur Wahl standen die bereits gewählten Kandidaten der einzelnen Landesverbände, also auch Yvonne von Löbbecke aus dem sachsen-anhaltischen FDP-Verband.

Jeder Landesverband hatte für die Wahl zwei Stimmen, die er an unterschiedliche Kandidaten vergeben musste. Die meisten Stimmen erhielt Martin Hoeck, der Europa-Kandidat der FDP Brandenburg. Er wird demnach "ostdeutscher Spitzenkandidat" für die Freien Demokraten.

Hoeck soll als gemeinsamer Spitzenkandidat auf dem FDP-Bundesparteitag im Januar besonders unterstützt werden, wenn die Freien Demokraten über die Reihenfolge ihrer Bundesliste für die Europawahl entscheiden. Den Ost-Parteiverbänden geht es darum, eine gemeinsame ostdeutsche FDP-Stimme ins Europäische Parlament zu bringen.

Restauratorin aus Leidenschaft

Hoch konzentriert kratzt Yvonne von Löbbecke mit einem Skalpell am alten Holzrahmen einer Tür. Was auf den ersten Blick seltsam anmutet, hat einen Sinn. Von Löbbecke arbeitet sich Schicht für Schicht durch die Farbschichten, die im Laufe der Jahrhunderte auf den Türrahmen aufgetragen wurden. Gleiches macht sie auch an den Wänden des verwahrlosten Hauses mitten in Halberstadt.

Eine Frau mit dunkelbraunen Haaren kratzt mit einem Skalpell an einem alten Türrahmen.
Yvonne von Löbbecke will herausfinden, wie das alte Haus in Halberstadt vor rund 200 Jahren wohl ausgesehen hat. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

"Ich habe das Gebäude sicherlich vor zehn Jahren das erste Mal gesehen – es war eine Ruine, stand schon viele Jahre leer – und habe mich sofort verliebt", erzählt sie. 40 Jahre lang hatte sich niemand um das alte Gebäude gekümmert, dann hat von Löbbecke es gekauft. Inzwischen ist die Fassade wieder hergerichtet und die Innenräume sind vom Schutt der Jahre befreit. Nun ist die 52-Jährige auf der Suche nach dem ursprünglichen Aussehen der Räume. Sie möchte bei der Sanierung so viel wie möglich erhalten. Das Haus soll wieder hergerichtet werden – ganz ähnlich zu dem, wie es vor rund 200 Jahren wohl ausgesehen hat.

Für von Löbbecke ist das nicht bloß eine Freizeitbeschäftigung. Auch in ihrem beruflichen Leben arbeitet sie als Restauratorin – freiberuflich in ganz Deutschland. Das Haus in Halberstadt ist ihr eigenes Projekt. Wenn es fertig ist, sollen hier vier Ferienwohnungen entstehen.

Kommunalpolitikerin mit Erfahrung

Restaurieren ist die eine Leidenschaft, Kommunalpolitik die andere für Yvonne von Löbbecke. Schon vor ihrem Umzug in den Landkreis Harz war sie Stadträtin, damals noch in Nordrhein-Westfalen. "Es ist einfach ein Herzens-Ding."

Deshalb ist die Mutter von vier Kindern auch in Halberstadt wieder in die Kommunalpolitik gegangen. Seit 2019 sitzt sie hier im Stadtrat, leitet außerdem den FDP-Ortsverband. "Wer einmal Kommunalpolitik gemacht hat, der weiß, wie schön es ist, für den Bürger da zu sein", schwärmt sie. Es sei schön, selbst etwas für seine Kommune zu bewegen.

Kommunalpolitik ist einfach ein Herzens-Ding.

Yvonne von Löbbecke, FDP

Trotzdem hat sie schon einmal versucht, den nächsten Schritt zu wagen. 2021 ließ sie sich für die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt aufstellen. Sie kandidierte für die FDP auf Listenplatz zehn, jedoch erfolglos. Die Freien Demokraten zogen mit einem Wahlergebnis von 6,4 Prozent zwar wieder in den Landtag ein, allerdings ohne von Löbbecke. Ihr Listenplatz zehn reichte nicht aus. Die FDP-Fraktion ist im Landtag mit sieben Abgeordneten vertreten.

Neuer Versuch bei Europawahl

Nun also Europa. Den FDP-Landesverband hat von Löbbecke bereits von sich überzeugt. Anfang November stimmten auf dem Parteitag 89 der 104 Delegierten für von Löbbecke als Europa-Kandidatin für Sachsen-Anhalt. Wie realistisch ihre Aussichten auf einen Sitz im EU-Parlament sein werden, entscheidet sich allerdings erst im Januar, wenn die Freien Demokraten auf dem Bundesparteitag in Berlin über ihre Liste zur Europawahl abstimmen.

Ein Mann und eine Frau sitzen an einem Tisch und schauen sich zusammen Papiere an.
Zwei FDP-Parteifreunde unter sich: Yvonne von Löbbecke (r.) und Holger Nutzhorn (l.) sprechen über die anstehenden Themen. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Einen Unterstützer hat sie bereits sicher: Ihr Parteifreund Holger Nutzhorn (FDP) ist von ihrer Europa-Kandidatur begeistert. "Was Besseres konnte uns gar nicht passieren", erzählt er und betont: "Sie ist in jeder Hinsicht das Gesicht der Region, hat Einfluss, ist gut vernetzt und hat vernünftige Standpunkte." Die beiden sitzen in einem Büro auf dem Gutshof der von Löbbeckes in Mahndorf, nur wenige Autominuten von Halberstadt entfernt. Dort lebt Yvonne von Löbbecke mit ihrem Mann und den vier Kindern. Es ist ein Ort voller Familientraditionen.

Die Familie ihres Mannes Nicolaus von Löbbecke kaufte Gut Mahndorf bereits 1825 und gründete dort einen landwirtschaftlichen Betrieb. 1945 wurde dieser enteignet. Erst nach der Wende konnte die Familie das Anwesen zurückkaufen, allerdings ohne Landwirtschaft. Vor zehn Jahren kauften Yvonne und Nicolaus von Löbbecke den teils zerfallenen Gutshof innerhalb der Familie für sich. Sie hatten Pläne mit dem Anwesen.

Ihr Ziel: Weniger Bürokratie

Heute finden sich dort ein Hof-Café und Ferienwohnungen. Gerade arbeiten sie an einer Bar. Nicht ohne Grund weist die Stadt Halberstadt den Gutshof auf ihrer Internetseite als Ausflugsziel aus.

Rechts und links eines gepflasterten Weges stehen alte Gebäude.
Die Familie von Löbbecke kaufte Gut Mahndorf schon 1825. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Geschafft haben die von Löbbeckes den Wiederaufbau auch mit EU-Fördermitteln. Das war allerdings mit großem bürokratischen Aufwand verbunden. "Das war so kompliziert und so anstrengend, dass wir im Endeffekt ohne diese Förderung fast günstiger weggekommen wären. Das kann eben nicht sein", kritisiert Yvonne von Löbbecke. Wäre sie stattdessen zur Bank gegangen, hätte sie außerdem so bauen können, wie sie wollte. Deswegen möchte sich von Löbbecke in Europa für eine Entbürokratisierung einsetzen.

Wahlkampf auf der Straße

Doch vorher muss sie erst einmal die Wählerinnen und Wähler von sich und der FDP überzeugen. Yvonne von Löbbecke glaubt, dass die geplante Kombination aus Kommunal- und Europawahl am 9. Juni 2024 dabei helfen könnte, die Menschen zur Wahlurne zu bringen: "Ich sehe das als Chance, weil die kommunalen Themen die Menschen sehr berühren."

Da kommt die Kommunalpolitikerin wieder in ihr durch. Yvonne von Löbbecke will vor Ort sein, Flyer verteilen, Straßen-Wahlkampf machen. Sie will den Menschen "zeigen, was Europa wunderbares für uns geleistet hat." Es gebe auch Schwierigkeiten und Defizite, die müssten eben behoben werden, erklärt sie. Das möchte sie gerne mit liberalem Gedanken angehen.

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MDR (Engin Haupt)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 22. November 2023 | 19:00 Uhr

4 Kommentare

kleinerfrontkaempfer vor 24 Wochen

Ein EU-Mandat verheißt fernab von der Heimat doch einiges an finanzieller Aufwertung und Sicherheit. Für eine Selbständige doch verlockender als ein (pobeliges) Kommunalmandat.

DanielSBK vor 24 Wochen

Ein weiterer Grund die blauen zu wählen...

Ilse vor 24 Wochen

SGDHarzer66

Für eine "von" in der FDP auch das absolute Primat.

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