Ein Winzer zeigt einem Mann mit Brille seine Ernte.
Durch die Frostschäden seien bei einigen Früchten bis zu 100 Prozent der Ernte verloren. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert

Wegen Frostschäden Obstbauern bangen um Existenz: Land erwägt Hilfen

24. Mai 2024, 05:06 Uhr

Die diesjährige Obsternte in Sachsen-Anhalt ist nach Einschätzung der Anbaubetriebe wohl komplett verloren. Nachtfröste im April haben großen Schäden verursacht. Forderungen nach einem Hilfsprogramm vom Bund bleiben bislang unerhört. Sachsen-Anhalt könnte den Obstbauern mit Soforthilfen unter die Arme greifen. Der Bauernverband spricht sich stattdessen dafür aus, Steuern zurückhalten zu dürfen.

Die Absage des Bundes an ein Sonderprogramm für Obstbauern wegen der Frostschäden im Frühjahr kommt für die sachsen-anhaltischen Betriebe offenbar wenig überraschend. Sandra Hanke vom Weingut Hanke in Jessen sagte MDR SACHSEN-ANHALT am Donnerstag, sie habe keine Hilfe erwartet. Bereits in den vergangenen Jahren habe es keine Unterstützung gegeben.

Wie die Vorsitzende der Agrarministerkonferenz, Susanna Karawanskij (Linke), bereits am Mittwochabend in Erfurt erklärte, habe das Bundeslandwirtschaftsministerium stattdessen auf die bestehende Möglichkeit von Liquiditätshilfen durch Kredite verwiesen, so die Thüringer Agrarministerin. Soforthilfen seien damit Ländersache.

Sachsen-Anhalt erwägt Liquiditätshilfen

Sachsen-Anhalt erwäge Soforthilfen, wenn Betriebe durch Forstschäden bei Äpfeln, Kirschen, Zwetschgen oder Wein in Existenznot gerieten, Thüringen prüfe das. Sachsen hat finanzielle Hilfen ausgeschlossen. Eine Bestätigung des sachsen-anhaltischen Ministeriums für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten steht zur Stunde noch aus.

Der Bauernverband Sachsen-Anhalt will sich damit allerdings nicht zufriedengeben und pocht weiterhin auf Bundeshilfen. Man fordere eine "steuerfreie Risikorücklage" auf Bundesebene, damit landwirtschaftliche Betriebe die Folgen von Extremwetterereignissen bewältigen könnten, teilte ein Sprecher MDR SACHSEN-ANHALT mit. Konkret sollen auf Gewinne erhobene Steuern bis zu einem gewissen Punkt einbehalten werden dürfen, um Krisensituationen auszugleichen. Sei die Rücklage nicht notwendig, sollten die Steuern dann nachgezahlt werden, so der Sprecher.

Nachttemperaturen unterhalb des Gefrierpunktes hatten Ende April länderübergreifend Obstbäume geschädigt. Aus Sicht vieler Obstbauern könnte die Ernte 2024 nahezu vollständig verloren sein.

Frostschäden: Verluste liegen teils bei 100 Prozent

Besonders hart getroffen hat es wohl die Weinbaugebiete. "Die Lage ist durchaus ernst. Vier Wochen nach dem Frostereignis müssen wir feststellen, dass in vielen Rebanlagen der Schaden teils 100 Prozent beträgt", sagte Albrecht Zieger, Chef der Winzervereinigung Freyburg, MDR SACHSEN-ANHALT. "Über das gesamte Anbaugebiet rechnen wir mit einen Ertragsverlust von 80 Prozent und 90 Prozent." Aufgrund der nur durchschnittlichen Erträge in den vergangenen Jahren hätten die Betriebe keine Reserven aufbauen können. Drei Viertel der Betriebe in der Region seien massiv existenzbedroht.

Hände mit einem Messer halten Blüten 2 min
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Bei Temperaturen deutlich unter Null sind viele Kulturen erfroren, weil die Natur schon erstaunlich weit war. Was wir im Garten leichter verkraften, ist für die Bauern und Winzer ein ernstes wirtschaftliches Problem.

MDR FERNSEHEN Do 25.04.2024 14:00Uhr 01:36 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/halle/saalekreis/video-frost-schaeden-obstbauern-100.html

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Auch der Obsthof am Süßen See in Aseleben (Landkreis Mansfeld-Südharz) berichtet von einer "extrem kritischen Situation". Die Aprikosen-Ernte sei komplett vernichtet. Bei den Kirschen und Pflaumen betrage der Ernteausfall etwa 90 Prozent. Bei Äpfeln und Birnen sei mit Verlusten von rund 70 Prozent zu rechnen.

Ähnliche Situationen schilderten auch Obstbauern aus Jessen (Landkreis Wittenberg). Wie zwei Betreiber MDR SACHSEN-ANHALT sagten, liegen die Ernteverluste in ihren Betrieben zwischen 80 Prozent und 100 Prozent. Der Obsthof Prussendorf bei Zörbig (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) kann den Betrieb nach eigener Aussage nur durch Hühnerhaltung aufrechterhalten.

MDR (Stefan Bringezu, Grit Lichtblau, Karin Roxer, Linus-Benedikt Zosel, Daniel Salpius), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 23. Mai 2024 | 18:00 Uhr

11 Kommentare

hilflos vor 3 Wochen

Nudel, ich kann ihren Standpunkt hinsichtlich der Banken verstehen ("notleidende Banken") jedoch sind die Auswirkungen auch aufs einfache Volk drastischer. Dazu gehört auch zB die Inflation Anfang der 1920er Jahre in Deutschland, Krise 1929 bis hin zu Lehmann

ElBuffo vor 3 Wochen

Kann mich noch an die vier großen Feinde des Sozialismzs erinnern. Auch da hatte man Probleme mit dem Wetter und es ging um Existenzen, wenn bei Problemen mit dessen leistungsfähigen Beherrschung der Bevölkerungsbedard eine Unterdrückung aufwies.

Nudel81 vor 3 Wochen

Na gut! Nadelstreifen-Nieten die aus Gier in die Krise gekommen sind bekommen Hilfe. Aber Bauern die unverschuldet in Not gekommen sind bekommen nix. Das ist ihr Verständnis von Gerechtigkeit?? Das muss man erstmal verstehen!

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