Durch Krankenhausreform Harzklinikum sieht Versorgungssicherheit von Patienten in Gefahr
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17. Mai 2024, 08:31 Uhr
Die von der Bundesregierung beschlossene Krankenhausreform sieht unter anderem vor, dass sich Kliniken spezialisieren und nicht mehr alle Leistungen anbieten. Das Harzklinikum füchtet dadurch negative Folgen für Patienten im Landkreis. Wenn man nicht mehr alle Leistungen anbieten dürfe, bräuchten die Menschen mitunter viel Zeit, um die richtige Klinik zu erreichen.
- Vom Harzklinikum kommt Kritik an der geplanten Reform der Krankenhauslandschaft.
- Geschäftsführer Voth befürchtet lange Anfahrtswege für Patienten.
- Gesundheitsministerin Grimm-Benne bemängelt, Änderungsvorschläge der Länder seien nicht berücksichtigt worden.
Das Harzklinikum "Dorothea Christiane Erxleben" sieht durch die geplante Krankenhausreform des Bundes die Versorgungssicherheit der Patienten in Gefahr. Geschäftsführer Dr. Matthias Voth sagte MDR SACHSEN-ANHALT, man versorge gerade mehr als 100.000 Patienten im Landkreis ambulant und stationär, verteilt über die Standorte Wernigerode, Quedlinburg und Blankenburg.
Lange Fahrtwege zu Krankenhäusern befürchtet
Nach den Plänen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) könne man in der Fläche künftig nur noch "Wald- und Wiesenmedizin" machen, sagte Voth. Patienten müssten dann in die Metropolen gefahren werden. "Das bedeutet im Landkreis Harz, dass man anderthalb, zwei oder sogar vier Stunden auf der Straße ist. Bei einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall sollte der Patient aber in einer halben Stunde im Krankenhaus sein", so Voth weiter.
Das bedeutet im Landkreis Harz, dass man anderthalb, zwei oder sogar vier Stunden auf der Straße ist.
Der Geschäftsführer des Harzklinikums fordert ein Konzept, das Stadt-Strukturen und ländliche Strukturen gleichermaßen berücksichtigt. Es brauche zudem einen verbindlichen Finanzierungsplan für den Umbau der Krankenhausstruktur.
Grimme-Benne: Vorschläge der Länder nicht genug berücksichtigt
Kritik an der von der Bundesregierung beschlossenen Krankenhausreform kam bereits am Mittwoch auch von Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD). In einer gemeinsamen Erklärung mit ihren Amtskolleginnen in Sachsen und Thüringen, Petra Köpping (SPD) und Heike Werner (Die Linke) heißt es: "Es besteht weiterhin kein Zweifel, dass wir diese Krankenhausreform dringend brauchen, gerade um die Standorte zu sichern und weiterzuentwickeln." Änderungsvorschlage der Bundesländer seien von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) aber erneut nicht berücksichtigt worden. "Das ist ein Affront."
Krankenhausreform soll Qualität verbessern
Der Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Lauterbach sieht unter anderem vor, dass die Kliniken sich spezialisieren und nicht mehr alle Leistungen anbieten. Dafür will Lauterbach unter anderem die sogenannte Fallpauschale streichen. Jedes Krankenhaus bekäme dann wieder einen Festbetrag und würde nicht mehr pro Operation bezahlt. Lauterbach erhofft sich davon, dass Patienten künftig qualitativ besser behandelt werden. Je spezialisierter eine Klinik sei, desto mehr Routine gebe es.
MDR (Kevin Poweska, Martin Nass, Kalina Bunk)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. Mai 2024 | 07:30 Uhr
der Harzgeist vor 35 Wochen
Ist wie überall: alles soll konzentriert und zentralisiert werden. Daß die Patienten dann sehr weit fahren müssen, um zur Behandlung zu kommen, spielt dabei keine Rolle. Fällt ja nicht ins Budget von Herrn Lauterbach. Mal weitergedacht angesichts der internationalen Lage: Wie sollen wir damit resilient werden, wenn alles zentral und somit effektives Ziel für Angriffe ist?
ElBuffo vor 35 Wochen
Diesen längeren Weg muss man eben dagegen abwägen, das spezialisierte Haus mit einer höheren Lebensqualität und Restlebenszeit wieder zu verlassen. Die Frage wird auch sein, wer das entscheidet und ob man damit klarkommt oder ob dann für beide Gruppen ein eigenes Krankenhaus betrieben wird und wer das bezahlen soll.
Tupolev vor 35 Wochen
"Bei einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall sollte der Patient aber in einer halben Stunde im Krankenhaus sein" - das ist so nicht richtig und als Arzt sollte Herr Dr. Voth das eigentlich wissen. Es bringt nichts, wenn ein Schlaganfall-Patient schnell in die Notaufnahme des erstbesten nächstgelegenen Krankenhauses gebracht wird, weil gerade die kleinen Krankenhäuser gar nicht für solche schweren Fälle z.B. mit Stroke-Units ausgestattet sind. Der diensthabende Arzt im Notdienst guckt sich den Patienten an, sagt "schlimm schlimm schlimm" und lässt ihn wieder zum Transport nach Halle oder nach Magdeburg verpacken. Diesen Zwischenschritt kann man sich mit der Krankenhausreform hoffentlich in Zukunft sparen, weil die Gesundheit des Patienten davon mehr profitiert. Über die Details der Krankenhausreform muss man sicherlich weiter diskutieren und ich bin auch kein glühender Fan von Herrn Lauterbach; aber dieses unreflektierte Eindreschen auf einen ehrlichen Reformvorschlag ist unwürdig.