Eine Menschengruppe gräbt auf einer Wiese nach Relikten der Vergangenheit.
In Wernigerode werden Artefakte aus der Vergangenheit gesucht. Bildrechte: MDR/Swen Wudtke

Goldschatz im Harz Auf der Suche nach dem Kloster Himmelpforte in Wernigerode

18. Juli 2023, 09:30 Uhr

Der genaue Standort des Klosters Himmelpforte, das im 13. Jahrhundert bei Wernigerode gebaut worden sein soll, ist bis zuletzt unbekannt gewesen. Experten und Hobbyarchäologen glauben ihn nun gefunden zu haben. Gelingt der Beweis, soll im nächsten Jahr eine großflächige Grabung gemacht werden. Entdeckt wurden bisher bei den Grabungen kleine und große Schätze.

Swen Wudtke
Bildrechte: MDR/Swen Wudtke

Stolz hält Lena Neubauer eine Schieferplatte in Händen, ihr erster Fund überhaupt als Hobby-Archäologin. "Das ist schon cool. Denn das Loch im Schiefer ist Beleg dafür, dass es sich um eine einstige Dachschindel handeln muss." Aber die Biologiestudentin aus Elbingerode will noch mehr und wünscht sich, auf Knochen zu stoßen.

Eine junge Frau zeigt ein ausgegrabenes Objekt in die Kamera
Lena Neubauer mit einem ausgegrabenen Objekt Bildrechte: MDR/Swen Wudtke

Diese Hoffnung teilt auch Rüdiger Dorff von der Stadt Wernigerode. "Menschliche Überreste an der vermuteten Kirchenmauer wären ein Indiz dafür, dass wir richtigliegen." Dann handele es sich eben nicht um ein Scheunenfundament aus dem 17. Jahrhundert, sondern um eine "mittelalterliche Klostermauer, an der Mönche bestattet wurden."

Ausgrabungen am ehemaligen Kloster Himmenpforte in Wernigerode
Das Kloster wurde vermutlich während des Bauernkrieges verlassen und verfiel über die Jahrhunderte. Bildrechte: picture alliance/dpa

Letzte Beweise, wo das Kloster genau stand, werden gesucht

Das Grabungsfeld – eine unscheinbare Lichtung im rauschenden Mischwald, eine hügelige Wiese zwischen dem Wernigeröder Stadtteil Hasserode und Darlingerode. Hier soll im 13. Jahrhundert das Kloster Himmelpforte erbaut worden sein. Doch seit 500 Jahren gilt es als verschollen, so Dorff.

Mehrere Personen knien hintereinander auf einer wiesen und untersuchen Erdschichten
Die Expedition wird vom Landesamt für Denkmalpflege begleitet. Bildrechte: MDR/Swen Wudtke

"Es spricht alles für den ehemaligen Standort, aber der letzte Beweis ist noch nicht erbracht." Die Grabungen sollen nun Hinweise zutage fördern. Deshalb leitet Prof. Felix Biermann vom Landesamt für Denkmalpflege die Expedition aus geschulten Archäologen und freiwilligen Helfern, zu denen auch Steffen Winter gehört.

Eine Hand zeigt einen Metallklumpen
Ist es ein Schwertknauf? Oder einfach nur Altmetall? Bildrechte: MDR/Swen Wudtke

In brütender Sonne hockt auch er auf Knien und schabt mit einer kleinen, spitzen Kelle ganz vorsichtig an Fundamentsteinen entlang. Artefakte habe er noch nicht gefunden, aber das sei nicht schlimm. "Ich möchte einfach meinen Horizont erweitern", sagt der Oberharzer, der sich für historische Kulturgeschichte interessiere. Und während er sich kurz die Beine vertritt, piept es nebenan. Ein Metalldetektor schlägt an, und die extra aus Brandenburg angereiste Sondengängerin hält kurze Zeit später eine Art Kugel in ihren Händen. Nach ihren Worten soll es sich um einen Knauf von einem Schwertgriff handeln.

Lageplan von Kloster Himmelpforte entschlüsselt

Das Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege Sachsen-Anhalt in Halle teilte am Donnerstag mit, es werde seit Montag erstmals systematisch auf dem Gelände gegraben. Bereits jetzt lasse sich der Plan der Kirche und der Klosterbauten deutlich nachzeichnen. Besonders eindrucksvoll seien die noch über einen Meter hoch erhaltenen Fundamente eines großen, spätgotischen Bauwerks. Dies sei außen an den Südflügel der Klausur angebaut worden. Es handele sich vermutlich um den Speisesaal der Mönche, das sogenannte Refektorium. Das wohl im 15. Jahrhundert entstandene Bauwerk habe ein in die Wand integriertes Waschbecken mit Ablauf nach außen besessen. Dies belege die hohen hygienischen Standards des Konvents in jener Zeit.

Ausgrabungen zum Kloster Himmelpforte bei Wernigerode

Archäologen graben ein altes Steinfundament aus
Bildrechte: MDR/Swen Wudtke
Archäologen graben ein altes Steinfundament aus
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Ehrenamtliche Helfer unterstützen die archäologischen Untersuchungen am ehemaligen Kloster Himmenpforte in Wernigerode
Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Bein
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Großflächige Grabungen im nächsten Jahr

Bislang ist Professor Felix Biermann mit der Grabungswoche zufrieden. Sein Ziel sei es, eine Bestätigung dafür zu bekommen, "was wir vermuten. Nämlich, dass genau hier das Kloster stand – auch mit einer Vorstellung einer ungefähren Anordnung des Gebäudekomplexes."

Zum Größenvergleich zieht der Archäologe die Anlage des Klosters Michaelstein bei Blankenburg heran. Und wenn nun weitere Funde den exakten Standort des Klosters Himmelpforte bei Wernigerode bestätigten, dann "könnte im nächsten Jahr eine großflächige Grabung stattfinden."

Goldmünzen bei Ausgrabungen gefunden

Archäologen haben bei den Ausgrabungen mit vier rund 500 Jahre alten Goldmünzen entdeckt. Der Fund von den vier Goldmünzen im früheren Harz-Kloster Himmelpforte wird als außergewöhnlich bezeichnet. Der Projektleiter vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Felix Biermann, sagte dem MDR, bei solchen Ausgrabungen würden zumeist Gegenstände aus Silber entdeckt. Die rund 500 Jahre alten Goldmünzen seien da etwas Herausragendes, denn sie seien ein eindrucksvoller Beleg für ein dramatisches Ereignis.

1525 hätten während des Bauernkrieges aufständische Wernigeröder Bauern das Kloster angegriffen und geplündert. Damals seien die Gold-Gulden vermutlich hastig versteckt worden. Die stark abgegriffenen Geldstücke stammen laut Biermann aus dem späten 15. Jahrhundert und gingen damals durch viele Hände. Bei den Geldstücken handelt es sich um Gulden, jeweils im Durchmesser von etwa drei Zentimetern. Dazu zählt ein vor 1493 in Frankfurt am Main geprägter Gulden des römisch-deutschen Kaisers Friedrich III., ein zwischen 1486 und 1495 in Schwabach bei Nürnberg geschlagener Gulden der Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Ansbach und Sigismund von Brandenburg-Kulmbach sowie zwei in Bonn geprägte Gulden des Erzbistums Köln (1480–1481).

Die Archäologen haben den Angaben nach das komplette Areal intensiv mit Metalldetektoren untersucht und könnten somit ausschließen, dass noch etwas Wertvolles im Boden liege, hieß es. Gefunden wurden bei den Grabungen auch zahlreiche Alltagsgegenstände aus dem 13. bis 16. Jahrhundert, darunter Tuchplomben aus Blei als Zeugen weiträumigen Handels, der Knauf eines Ritterschwerts aus dem 14. und eine als "Bauernwehr" bekannte kurze Hiebwaffe aus dem 15. Jahrhundert. Das ehemalige Augustinerkloster Himmelpforte wurde im Jahre 1253 durch die Herren von Hartesrode gestiftet. Nachdem das Kloster im Bauernkrieg gestürmt worden war, flohen die Mönche. Bald darauf seien die Klostergebäude aufgegeben und später nahezu vollständig abgetragen worden.

Goldgulden aus der Zeit des Bauernkriegs
Zu den vier Gulden konnten die Archäolgen bereits präzise Angaben machen. Bildrechte: picture alliance/dpa

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MDR (Swen Wudke, Max Schörm), epd, dpa; zuererst veröffentlicht am 12.07.2023

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 13. Juli 2023 | 19:00 Uhr

7 Kommentare

MDR-Team vor 43 Wochen

Es gibt keine zwei Kloster. Es geht den Experten allerdings um den genauen Standort und Belege dafür. Die Mauerüberreste, die auch von einer Scheune stammen könnten, und die Teiche sind noch keine zweifelsfreien Belege.

Ein Dorfjunge vor 43 Wochen

Ich muss jetzt mal interessehalber nachfragen.
Gab es bei Wernigerode zwei Kloster Himmelpforte(n)? Denn der halbwegs genaue Standort vom Kloster Himmelpforten bei Hasserode (OT von Wernigerode) sollte ja dank sichtbarer Mauerreste und den Resten der Fischteiche bekannt sein. Zumal dieses Kloster laut Wiki erst Mitte des 19. Jh. nahezu vollständig abgetragen wurde.

Deshalb bin ich gerade etwas verwirrt.

astrodon vor 43 Wochen

@stefanie80: "Ich hoffe sie finden nichts ..." oh nein, ganz im Gegenteil. Ich hoffe die Suche ist erfolgreich - falls nicht, würde ein neuer Ort aufgesucht und alles geht von vorn los.

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