Ärztemangel Letzter Hautarzt im Altmarkkreis zieht weg

06. August 2022, 13:00 Uhr

Der letzte Hautarzt in der westlichen Altmark hat seine dreijährige Plicht-Zeit im ländlichen Raum hinter sich. Sie war Bedingung an sein Mediziner-Stipendium. Nun ist er weggezogen. Der Ärztemangel ist überall in Sachsen-Anhalt ein Problem, doch im Altmarkkreis Salzwedel besonders groß. Wie die Verwaltung gegensteuern will.

Wer in der westlichen Altmark lebt, muss für einen Besuch beim Hautarzt ab jetzt die Kreisgrenze überqueren und etwa nach Uelzen, Stendal oder Haldensleben fahren. Der letzte noch verbliebene Facharzt ist weggezogen. Er war sozusagen zwangsverpflichtet gewesen, für drei Jahre im ländlichen Raum zu arbeiten – eine Bedingung, die die Kassenärztliche Vereinigung an ihre Mediziner-Stipendien knüpft. Die Pflicht-Zeit war um; der Mann ist nun weg. Und Ersatz zu finden wird schwer. Selbst das Medizinische Versorgungszentrum am Krankenhaus Salzwedel findet keinen Dermatologen.

Das Thema ist bekannt und viele haben es schon am eigenen Leib erfahren: der Mangel an Haus- und Fachärzten trifft ganz Sachsen-Anhalt – den Altmarkkreis Salzwedel aber wahrscheinlich am härtesten.

Mehr als 15 Hausarztstellen nicht besetzt

"Wir haben mehr als 15 Hausarztstellen nicht besetzt, dementsprechend auch viele Facharztstellen nicht", sagte Kreis-Sozialdezernentin Kathrin Rösel MDR SACHSEN-ANHALT. Und wenn man davon ausgehe, dass pro Hausarzt zirka 1.500 Menschen versorgt werden, entspreche das einer Unter- oder Nichtversorgung von einem Viertel der Bevölkerung des Altmarkkreises Salzwedel.

Mit Stipendien versucht die Kassenärztliche Vereinigung, die für die Versorgung per Gesetz zuständig ist, Anreize für junge Ärzte zu schaffen, um auch die Altmark besser aufzustellen. In Gesprächen mit Medizin-Studenten aber hat Kathrin Rösel erfahren, dass Geld hierbei ist nicht alles. Die jungen Leute nähmen die finanziellen Hilfen gern an, legten aber mehr und mehr Wert auf ein gutes Leben.

Kreis will offensiver um junge Ärzte werben

"Das bedeutet für uns, dass wir nicht nur noch attraktiver werden müssen, sondern unsere Vorteile – die wir durchaus ja schon haben – auch noch stärker in den Vordergrund stellen müssen und damit offensiv nach außen gehen müssen", meint Rösel und zählt auf: "Wo können denn junge Familien besser leben als in der Altmark? Wo gibt es so viel gesunde Natur, so viel Ruhe und Sicherheit, so viel Kultur und Geschichte, so eine bunte Bildungslandschaft wie hier?" All das gelte es mehr herauszustellen.

Doch es gibt auch Lichtblicke. Etwa in Gardelegen. Eine gebürtige Ukrainerin, die dort lebt, hat fünf ehemalige Medizinkommilitoninnen überzeugen können, in die Hansestadt zu kommen. "Jetzt greifen die Rädchen der Verwaltung, damit die Ärztinnen so schnell wie möglich praktizieren können", sagt Kathrin Rösel.

Wann die westliche Altmark wieder einen Hautarzt bekommt, bleibt dennoch unklar. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt sagte MDR SACHSEN-ANHALT, es habe mehrfach bundesweite Ausschreibungen gegeben, um für den Altmarkkreis wieder einen Hautarzt zu finden – bislang ohne Erfolg.

MDR (Katharina Häckl, Daniel Salpius)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 05. August 2022 | 17:08 Uhr

2 Kommentare

Gamso am 07.08.2022

Ich selbst habe fast 20 Jahre lang versucht, Landarzt zu werden. Von Seiten der Ärztekammern wurden mir nur Steine in den Weg gelegt. Die Weiterbildung zum Hausarzt ist absurd aufwendig, wozu braucht ein Hausarzt 50 Proktoskopien und Hunderte Ultraschalluntersuchungen? Eben. Ich würde sechs Monate vor der Prüfung abgelehnt. Die Zeugnisse seien " nicht positiv genug" ( Note 1 und 2...) . Wie mir ging es noch sechs anderen. Und ab 45 ist man eh raus. Man will " Junge Ärzte" um jeden Preis. Auch für Gegenden,wo in 20, 30 Jahren alle Alten weg sind und keine jungen Leute leben. Hausärztemangel? Hausgemacht!!!

ElBuffo am 06.08.2022

Attraktivere Lebensbedingungen, wenn ich das richtig aus dem Artikel rauslese.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Behörden vor Ort versuchen Anreize zu schaffen. Sind wohl noch ausbaufähig.
Keine Ahnung, ob es hülfe, das Studium selbst bezahlen zu lassen. Könnte mir allerdings vorstellen, dass das dann auch niemanden animiert, sich aufs flache Land zu begeben und dort vielleicht erstmal von Faktenallergikern erklärt zu bekommen, dass das alles Humbug ist, was sie die letzten Jahre studiert haben.

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