Baumkuchenherstellung 2 min
Kurze Kleidung ist sinnvoll: Said backt die Baumkuchen in dem bis zu 70 Grad heißen Ofen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Traditionelles Gebäck Ein Tag im Leben eines iranischen Baumkuchen-Bäckers in Salzwedel

12. Dezember 2024, 14:54 Uhr

In der Salzwedeler Baumkuchen GmbH läuft die Produktion des traditionellen altmärkischen Gebäcks auf Hochtouren – in dieser Woche sogar sieben Tage lang. An einem der Öfen steht Said. Der Mittdreißiger kommt aus dem Iran und gibt Einblick in seine Arbeit.

Seit gut sechs Jahren arbeitet Said in der Baumkuchen GmbH am Güterbahnhof in Salzwedel. Erst half er beim Brötchen backen, doch erst am Baumkuchen-Ofen ist er wirklich glücklich geworden. Dabei sind die Arbeitsbedingungen recht hart: Stundenlang vor dem bis zu 70 Grad heißen Ofen vor offenem Feuer, über dem sich die Teigwalze für den Baumkuchen dreht. Im Zwei-Minutentakt muss eine neue große Kelle flüssigen Teigs über die Baumkuchen-Rolle gegeben werden – so entstehen die typischen Jahresringe im Baumkuchen.

Der Name "Salzwedeler Baumkuchen"

Wie das Unternehmen auf seiner Homepage erklärt, darf sich nicht jeder Baumkuchen "Salzwedeler Baumkuchen" nennen. "Auch reicht es nicht, innerhalb der Ortsgrenzen zu entstehen. Denn auf die Rezeptur kommt es an. Und auf die Herstellung, und zwar von Hand", so das Unternehmen. Nach eigenen Angaben besteht das Rezept wie zur Königs-Zeit aus Eiern, Butter, Zucker und Mehl – es sei nie geändert worden.

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Said kam vor etwa sieben Jahren nach Deutschland. Wie viele andere versprach er sich dort ein besseres Leben. Er selbst hat das erreicht. Seine Frau jedoch – die beiden haben vor zwei Jahren geheiratet – muss noch in der Heimat bleiben. Sie arbeite im medizinischen Bereich in Iran, berichtet der Geschäftsführer der Baumkuchen GmbH, Frank Ostendorf. Deshalb lasse der Staat ihre Ausreise noch nicht zu.

Said aus dem Iran arbeitet bei der Salzwedeler Baumkuchen GmbH
Said mag die Arbeit am Baumkuchen-Ofen und nascht die Spezialität auch gerne mal selbst. Bildrechte: MDR/Katharina Häckl

Baumkuchen besonders zu Weihnachten gefragt

Für Ostendorf ist Said ein "treuer, zuverlässiger, charmanter Mitarbeiter". Das beweise der Iraner vor allem in Ausnahmesituationen. Gerade in diesen Tagen zum Beispiel: Es hat so viele Vorbestellungen für Baumkuchen gegeben, dass der Betrieb seine Kapazitätsgrenze erreicht hat. In dieser Woche läuft die Produktion sieben Tage lang. Jetzt noch vorgebrachte Wünsche für Baumkuchen zu Weihnachten müssen sowohl am Telefon als auch im Onlineshop abgelehnt werden. Geschäftsführer Frank Ostendorf habe seine Mitarbeiter vorher gefragt, ob sie dieser zusätzlichen Belastung standhalten würden. Said habe lächelnd abgewunken: Er sei aus seiner Heimat Zwölf- und 14-Stunden-Tage gewöhnt, und das über Monate – kein Problem!

Der junge Iraner mag Salzwedeler Baumkuchen, obwohl er aus seiner Heimat noch ganz andere "Zuckerschocks", wie Baklava und Qottab, kennt. Er freue sich, sagte er MDR SACHSEN-ANHALT, dass er diesen Kuchen backen darf, den so viele Menschen so sehr lieben. Ab und zu – verrät sein Chef Ostendorf – nascht Said Baumkuchen auch ganz gern. Neben dem Iraner sind vor allem einheimische Frauen und Männer bei der Baumkuchen GmbH beschäftigt. Aber auch Ukrainer und Russen hat der Betrieb eingestellt.

Zukunft des Salzwedeler Baumkuchens gesichert

Said indes hat auch die schwierigen Zeiten der Firma mitgemacht, hat um ihre Existenz gebangt und war froh, dass die Baumkuchen GmbH den Schritt in die Zukunft geschafft hat. Vor zwei Jahren hatte die damalige Geschäftsführerin, Rosemarie Lehmann, infolge gestiegener Energiepreise für das Unternehmens Insolvenz angemeldet. Eine halbe Million Euro zusätzlicher Kosten vor allem für Strom hatte die GmbH nicht auffangen können. Zudem wollte Lehmann die Geschäfte aus Altersgründen abgeben.

Der Geschäftsführer der Salzwedeler Baumkuchen GmbH, Frank Ostendorf, steht hinter einem Regal mit fertig gebackenen Baumkuchen. 4 min
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4 min

MDR SACHSEN-ANHALT So 29.09.2024 14:24Uhr 03:49 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/stendal/salzwedel/audio-baumkuchen-100.html

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Im Sommer 2023 übernahm Frank Ostendorf den Betrieb für einen Neuanfang. Der scheint gelungen: Ostendorf hatte die Baumkuchen GmbH mit 15 verbliebenen Mitarbeitern übernommen. Seitdem sind mehr als 20 neue Beschäftigte eingestellt worden – Baumkuchen-Bäcker fehlen immer noch. Die Zahl der Öfen ist verdoppelt worden. Das Marketing wurde auf völlig neue Füße gestellt. Vor allem der Onlineshop wurde komplett überarbeitet und wird seit mehreren Monaten von der Kundschaft sehr gut angenommen.

Wie wird Baumkuchen richtig geschnitten?

Im vergangenen Jahr ging Sängerin Nina Chuba in den sozialen Netzwerken viral, als sie erklärte, wie sie Baumkuchen schneidet (wie normalen Kuchen von oben nach unten). Laut der Expertinnen und Experten aus Salzwedel wird er anders geschnitten:

Traditionelle Gerichte aus Sachsen-Anhalt

Baumkuchen gehört zu den traditionellen Gerichten aus Sachsen-Anhalt und wird beispielsweise in Salzwedel und im Harz hergestellt. Neben dem beliebten Gebäck gibt es in der Weihnachtszeit beispielsweise auch "Hackus und Knieste". MDR-Reporter Tom Gräbe hat gemeinsam mit dem Harzer Sternekoch, Robin Pietsch einige der Gerichte für #hinREISEND gekocht und verfeinert – inklusive Rezepten: ​

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MDR (Katharina Häckl, Johanna Daher)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 12. Dezember 2024 | 08:10 Uhr

11 Kommentare

Stealer vor 5 Wochen

Sie haben ja ein sehr spezielles Auge für Artikel, die Ihnen nicht passen. Ich meine, die von Ihnen angesprochenen Themen interessieren mich neben vielen anderen durchaus, aber ich finde sie keinesfalls gemessen an ihrer Bedeutung (manche mögen ihnen diese natürlich absprechen und sie komplett weghaben wollen) überproportional vertreten.

Ich nehme an, Sie konsumieren noch andere Medien und die beeinflussen Ihre Sicht auf den MDR. Gut, die kosten keine Rundfunkgebühren, aber haben auch ihren Preis und ein Ziel. Sie.

DanielSBK vor 6 Wochen

Ich frage nur deßhalb, weil ich als Gebührenzahler das hier mitfinanziere und es fällt schon sehr ins Auge, dass die Lieblingsthemen hier in der Reihenfolge sind: Klima, Umwelt, grüne Energie, gute Integration der Migranten, Energiewende, Klimakrise... Sie könnten hier auch noch super viel und ganz wichtige Dinge schreiben, merkt man gleich.
....
Man kann es echt kaum noch ertragen..

Stealer vor 6 Wochen

@DanielSBK: Nun, es gab Artikel über die Insolvenz und den neuen Geschäftsführer. Letzteren haben Sie sogar kommentiert. Nun gibt es einen mit einem eher ungewöhnlichen aber geschätzten Mitarbeiter als Aufhänger, der aber auch auf die momentane Situation des Unternehmens eingeht.

Interesse an Artikel außerhalb der normalen Nachrichten wecken kann man auf viele Arten tun. Jörg könnte in Japan ein vielgerühmter Baumkuchenmeister sein oder Stefan gerade seinen Dubai-Kuchen kreiert haben. Jana könnte einen Preis für Inklusion in ihrer Bäckerei gewonnen haben oder Steffi persische Süßigkeiten herstellen und auf dem Weihnachtsmarkt verkaufen.

Und nun gut, der Artikel hat Sie ja offenbar erreicht. Ihre Reaktion und Kommentar darauf ist aber allein Ihre Sache und Einstellung, nicht die des MDR.

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