Social Media Bringt Olympiasiegerin Hennig mit Instagramfoto andere in Gefahr?
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09. Juli 2023, 17:47 Uhr
Mit einem Foto auf Instagram hat die sächsische Olympiasiegerin Katharina Hennig für Wirbel gesorgt. Weil sie auf einer Felsklippe in der Wolkensteiner Schweiz gefährlich nah am Abgrund posierte, hat der Bürgermeister des Ortes nun Angst, dass das Nachahmer anzieht. Auch Kletterexperten kritisieren das Foto.
- Ein Instagramfoto der Olympiasiegerin Katharina Hennig auf einer Felsklippe sorgt für Kritik.
- Der Wolkensteiner Bürgermeister fürchtet, dass unerfahrene Nachahmer angezogen werden.
- Die sächsische Staatskanzlei ist Werbepartner der Athletin und verteidigt das Bild.
Eine junge Frau in Sportkleidung sitzt gefährlich nah am Abgrund auf einem Felsvorsprung. 70 Meter über dem Ufer der Zschopau genießt sie den Ausblick auf die idyllische Landschaft der Wolkensteiner Schweiz. Bei der Frau handelt es sich um die bekannte sächsische Skilangläuferin Katharina Hennig.
Für die Social-Media-Kampagne "simplysaxony" der Sächsischen Staatskanzlei postete sie auf Instagram ein Foto von ihrem Besuch an der Wolkensteiner Felsklippe. In der Bildunterschrift zu dem Foto schreibt Hennig unter anderem: "Ein kleiner Halt am beliebten Aussichtspunkt in der Wolkensteiner Schweiz ist definitiv ein Muss. Ihr seht, meine sächsische Heimat hat tolle Ausflugsziele zu bieten!"
Bürgermeister: Nicht jeder hat die Kondition einer Spitzenathletin
Allerdings sorgt das Foto inzwischen für Wirbel. Vor allem der Wolkensteiner Bürgermeister Wolfram Liebing (parteilos) ist wenig begeistert darüber. "Als Sportlerin hat Katharina Hennig die nötige Kondition, um dort oben an der Felsklippe zu sitzen. Sie hat sich entsprechend im Griff, aber ich weiß nicht, ob das bei jedem so ist, der jetzt vielleicht durch das Foto angelockt wird", gibt der Bürgermeister zu bedenken.
Jeder habe mal einen schwachen Moment und müsse beispielsweise unverhofft niesen. Das lasse sich ja kaum vorhersagen. "Ich freue mich ja auch grundsätzlich, wenn die Menschen unsere Gegend besuchen, aber bitte mit Vorsicht. Es sollen ja alle mit einem guten Gefühl nach Hause gehen."
Als Sportlerin hat Katharina Hennig die nötige Kondition, um dort oben an der Felsklippe zu sitzen. Sie hat sich entsprechend im Griff, aber ich weiß nicht, ob das bei jedem so ist, der jetzt vielleicht durch das Foto angelockt wird.
Schwieriges Gelände für Rettungskräfte
Neben den Besucherinnen und Besuchern sorgt sich der Bürgermeister auch um die Rettungskräfte. "Wenn hier jemand einen Unfall hat, dann ist das aufgrund des Geländes nicht so einfach. Man kommt nicht überall von der Straße aus ran." Teilweise müsse dann ein Hubschrauber angefordert werden. "Ich möchte einfach nicht, dass die Feuerwehr und die Rettungsdienste auf diese Weise unnötig belastet werden", sagt Liebing.
Studentin verunglückt beim Klettern 2019 tödlich
Dass die Gefahr nicht nur theoretischer Natur, sondern ganz real ist, macht er an verschiedenen Beispielen deutlich, bei denen selbst geübte Kletterer betroffen waren. So erinnert er an den tödlichen Absturz einer 24 Jahre alten Studentin, die 2019 in dem Klettergebiet zu Tode kam. "Das war eine erfahrene Kletterin. Sie hatte sich aus dem Rettungsseil ausgeklinkt, war aber noch nicht ganz oben."
Glimpflicher ging der Unfall eines Pärchens im vergangenen Herbst aus. "Die beiden waren an dem Felsen am Wolkensteiner Schloss klettern. Dabei hatten sie jedoch das Seil falsch gelegt, sodass die Frau auf einmal die volle Last des Mannes tragen musste. Das ging nicht gut." Am Ende sei der Absturz an der 65 Meter hohen Wand zwar glimpflich verlaufen und der Mann mit einem gebrochenen Bein davongekommen. "Aber so viel Glück hat man nicht immer", sagt Liebing.
Kletterexperte: Gneisgestein kann leicht abbrechen
Problematisch findet das Instagramfoto von Katharina Hennig auch der 1. Vorsitzende der Sektion Chemnitz des Deutschen Alpenvereins, Steffen Oehme. "In dem Bereich besteht Absturzgefahr. Dort hat niemand was zu suchen", sagt Oehme und fügt an: "Das Geländer hat ja einen Sinn. Wer dennoch bis an die Felskante geht, muss mit den Konsequenzen klarkommen." Gefährlich sei auch, dass es sich bei dem Gestein um Gneis handelt. Das ist nicht so fest wie Granit und daher potenziell brüchig." Gneis ist ein Naturstein, der vor allem aus Feldspat, Quarz und Glimmer besteht.
Verzerrte Wirklichkeit durch Social Media
Touristen, die von dem Instagramfoto angelockt werden könnten, hätten auch nicht das Einschätzungsvermögen von gestandenen Kletterern, um mögliche Gefahren rechtzeitig zu erkennen. Zudem gebe es eine verzerrte Realität durch die sozialen Medien. "Wenn sie da ein Video eines Freikletterers sehen, der eine Felswand hochklettert, dann sieht das natürlich beeindruckend aus. Kaum jemand weiß jedoch, dass der Kletterer vorher 200 Mal geübt hat, bevor alles perfekt war", sagt der Kletterexperte.
Zu keiner Zeit wollte ich mit dem Bild im Post zur Nachahmung animieren.
Sportlerin versteht Aufregung nicht
Katharina Hennig selbst kann die Aufregung um ihr Internetfoto nicht verstehen. Im Gespräch mit der "Freien Presse", die zuerst darüber berichtet hatte, betont sie, dass sie seit ihrer Kindheit mit alpinem Gelände vertraut sei. Über andere Instagramseiten sei sie auf den Felsen gestoßen. Sie habe in eigener Verantwortung die "wunderschöne Aussicht" genießen wollen: "Zu keiner Zeit wollte ich mit dem Bild im Post zur Nachahmung animieren", sagt Hennig. Auf Anfrage von MDR SACHSEN wollte sich die Athletin nicht noch einmal zu dem Thema äußern, sondern verwies auf die Aussage in der "Freien Presse".
Wir leben in einem freien Land und vertrauen auf die freie vernünftige Entscheidung jedes Einzelnen. Der Post wurde wie viele andere nicht mit einer Handlungsempfehlung veröffentlicht.
Staatskanzlei: Motiv ist "sehr schön"
Sorgen vor Nachahmern, die in Wolkenstein vom Felsen stürzen könnten, hat auch der Freistaat nicht, der das Foto im Rahmen einer Werbepartnerschaft bezahlt hat.
"Die Zuschauer von Skispringen, Klettern oder Formel 1 bringen sich durch Zuschauen auch nicht in Gefahr. Wir leben in einem freien Land und vertrauen auf die freie vernünftige Entscheidung jedes Einzelnen. Der Post wurde wie viele andere nicht mit einer Handlungsempfehlung veröffentlicht", teilt Sachsens Regierungssprecher Ralph Schreiber auf Anfrage von MDR SACHSEN mit.
Man nehme auf die Bildauswahl keinen Einfluss, finde aber das Motiv sehr schön, "wie es viele vergleichbare aus der Sächsischen Schweiz auf unseren Kanälen gibt", so Schreiber.
MDR (sth)