Generalbundesanwaltschaft Verhinderte Lauterbach-Entführung: Gruppe wollte Unterstützung von Russland

28. November 2022, 16:46 Uhr

Im Oktober wurde im Landkreis Mittelsachsen eine 75 Jahre alte Frau verhaftet, die einer mutmaßlich terroristischen Vereinigung angehört haben soll. Ziel der Gruppe sei es laut Bundesgerichtshof gewesen, bürgerkriegsähnliche Zustände in Deutschland herbeizuführen. Mittlerweile sind neue Details aufgetaucht: So sollte Bundesgesundheitsminister Lauterbach in einer Talkshow entführt werden. Zudem soll man sich von einer Reise nach Russland die Anerkennung einer neuen Regierung erhofft haben.

  • Die im Oktober verhaftete pensionierte Lehrerin befindet sich immer noch in Untersuchungshaft. MIttlerweile sind neue Details zum Fall aufgetaucht.
  • Die mutmaßliche Terrorgruppe plante eine Entführung von Bundesgesundheitsminister Lauterbach während einer Talkshow und suchten die Aufmerksamkeit von Russlands Präsident Putin.
  • Die pensionierte Lehrerin soll zudem Waffen beschafft haben.
  • Die 75 Jahre alte Theologin sei den Informationen zufolge der Reichsbürgerszene zuzuordnen sein.
  • Ziel der Terrorgruppe: Bürgerkriegsähnliche Zustände und Sturz der Bundesregierung.
  • Lehrerin wurde wegen ihres Reichsbürger-Gedankengutes die Pension aberkannt. Das Oberverwaltungsgericht von Rheinland-Pfalz bestätigte diese Entscheidung im März.

Nach der mutmaßlich verhinderten Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sind neue Details zum Fall bekannt geworden. Laut dem Bundesgerichtshofs (BGH) sollte Minister Lauterbach während einer Talkshow vor laufenden Kameras entführt werden.

Der Gruppierung soll eine 75 Jahre alte Frau aus dem Landkreis Mittelsachsen vorgestanden haben. Sie wurde im Oktober 2022 verhaftet und befindet sich derzeit mit drei weiteren Mitverschwörern in Untersuchungshaft.

Mutmaßliche Terrogruppe hatte verdeckten Ermittler in den eigenen Reihen

Wie der Bundesgerichtshof schreibt, hatte die Gruppe über Monate einen verdeckten Ermittler in ihren Reihen. Der Ermittler habe an Treffen teilgenommen und soll Chats über den Messenger-Dienst Telegram verfolgt haben. Mittlerweile sollen zwei Beschuldigte umfangreiche Geständnisse abgelegt haben.

Neben der Talkshow-Entführung plante die Gruppe angeblich eine Reise nach Russland. Laut den Ermittlungen wollte man mit etwa fünf Leuten mit einem Schiff über die Ostsee fahren, um die russische Exklave Kaliningrad zu erreichen und den russischen Präsidenten zu kontaktieren. Ziel sei es gewesen, nach dem geplanten Staatsstreich die neue Regierung von Putin anerkennen zu lassen.

Die Gruppierung stand laut BGH-Informationen der "Reichsbürger"- und "Querdenker"-Szene nah. So soll man eine neue Verfassung angestrebt haben, die sich am deutschen Kaiserreich von 1871 orientierte, aber "notwendige Anpassung an die moderne Zeit" vornahm. Auf einen Monarchen wollte man angeblich verzichten und dafür das Frauenwahlrecht beibehalten.

Pensionierte Lehrerin soll Waffen beschafft haben

Die 75 alte Beschuldigte soll der Mitteilung zufolge unter anderem Vorgaben, um die Pläne der Gruppierung voranzutreiben und zu koordinieren. Sie sei beim Besorgen von Waffen und Sprengstoff eingebunden gewesen, habe wiederholt eine rasche Umsetzung des Vorhabens eingefordert und konkrete Terminvorstellungen genannt.

Sie soll zudem mit potenziellen Vereinigungsmitgliedern Rekrutierungsgespräche geführt haben. Den Informationen zufolge ist die Frau eine pensionierte Lehrerin. Die 75-jährige Theologin soll 2006 aus dem Schuldienst ausgeschieden sein.

Mutmaßlich in Reichsbürgerszene verhaftet

Beamte des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz und der sächsischen Polizei nahmen die Beschuldigte den offiziellen Angaben zufolge am Donnerstag im Landkreis Mittelsachsen fest und durchsuchten Räume. 

Die Frau verfolge eine Ideologie, die das Grundgesetz und die staatliche Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ablehne, hieß es. Vielmehr existiere nach diesen Vorstellungen das Deutsche Reich auf Grundlage der Verfassung von 1871 weiter. Die 75-Jährige sei damit mutmaßlich der sogenannten Reichsbürgerszene zuzuschreiben. Sie lebt nach MDR-Informationen in Flöha.

Ziel: Sturz der Bundesregierung

Vier mutmaßliche Komplizen, allesamt Deutsche aus Neustadt an der Weinstraße (Rheinland-Pfalz), Falkensee bei Berlin sowie aus den Kreisen Ammerland (Niedersachsen) und Landshut (Bayern), waren am 13. April festgenommen worden. Knapp zwei Wochen später übernahm der Generalbundesanwalt die Ermittlungen. Die Gruppierung hatte es sich laut Bundesanwaltschaft zum Ziel gesetzt, bürgerkriegsähnliche Zustände in Deutschland auszulösen und damit letztlich den Sturz der Bundesregierung und der parlamentarischen Demokratie herbeizuführen.

Vorwurf: Infrastruktur sollte sabotiert werden

"Hierzu war geplant, einen bundesweiten "Black Out" durch Beschädigung oder Zerstörung von Einrichtungen zur Stromversorgung herbeizuführen», hieß es. Zudem habe die Gruppe Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gewaltsam entführen wollen, wobei die Tötung von Personenschüzern im Raum stand, hieß es.

Reichsbürger-Lehrerin wurde Ruhegehalt aberkannt

Die Vereinigung untergliederte sich demnach in einen "militärischen" und einen "administrativen" Zweig. Der nun festgenommenen ehemaligen Lehrerin war aufgrund ihres "Reichsbürger"-Gedankenguts das Ruhegehalt aberkannt worden, wogegen sie sich vergeblich juristisch zur Wehr setzte. Im vergangenen März scheiterte ihre Klage vor dem Oberverwaltungsgericht von Rheinland-Pfalz. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen war sie Ende Oktober 2021 Teil einer Gruppe, die eine Andacht im Berliner Dom gestört hatte. Laut einem Bericht des rbb von damals waren dabei unter anderem antisemitische Parolen gerufen worden. Gegen die Frau und ihre Gesinnungsgenossen wurde ein Hausverbot ausgesprochen.

MDR (mad/sth/lam/kbe/kt)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 13. Oktober 2022 | 12:00 Uhr

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