Wintersport Skilift in Holzhau steht still und erregt die Gemüter

23. Dezember 2022, 14:10 Uhr

Die ersten Schneetage im Dezember verbrachten viele Wintersportfans in Sachsen auf Ski. Nur an einem Lift herrschte, anders als zu Vor-Corona-Zeiten, diesmal kein Betrieb: In Holzhau im Erzgebirge steht der Skilift in dieser Wintersaison still. Nachdem sich der ehemalige Skiliftbetreiber bereits zu den Gründen dafür geäußert hatte, spricht nun auch der Bürgermeister. Auch ein Gerichtstermin steht bevor. Von der Auseinandersetzung sind in Holzhau inzwischen einige Leute mehr als genervt.

  • Der Bürgermeister sieht die Schuld beim Skifliftbetreiber.
  • Das sagt der Skiliftbetreiber zum Verbleib der Spendengelder für den Lift.
  • Leute im Ort sind vom Streit genervt und fürchten einen Imageschaden.

Im Skigebiet Holzhau im Osterzgebirge wird es nach Unstimmigkeiten zwischen dem ehemaligen Skiliftbetreiber und der Gemeinde in diesem Jahr keinen alpinen Skibetrieb geben. Und das, obwohl genug Schnee liegt, wie aktuelle Webcam-Aufzeichnungen zeigen.

Das kleine Skigebiet mit zwei Schleppliften und einem sogenannten Zauberteppich für Anfänger ist bei Gästen aus der Region, aus Freiberg und Dresden beliebt. Nun wird sich am 20. Januar das Landgericht Chemnitz in einer öffentlichen Verhandlung mit dem Fall auseinandersetzen, teilte eine Sprecherin auf Anfrage von MDR SACHSEN mit. Demnach liege der vorläufige Streitwert bei etwas mehr als 5.700 Euro.

Lift fast 30 Jahre lang in Betrieb

Die Gemeinde Rechenberg-Bienenmühle ist Eigentümerin der beiden Schlepplifte in Holzhau. Der aktuelle Pachtvertrag für die Anlage mit Alexander Richter gilt seit November 2008, wie Bürgermeister Michael Funke (Freie Wähler Mittelsachsen) mitteilt. Nachdem der damalige Betreiber Alexander Richter in der vergangenen Saison mit der Pacht im Rückstand war, wurde ihm im Dezember 2021 außerordentlich zum Ende der Wintersaision 2021/2022 durch die Gemeindeverwaltung gekündigt.

Richter zufolge ist seine Familie seit Oktober 1994 Pächter des größeren Schleppliftes. Im Laufe der Zeit wurden die Verträge immer wieder angepasst. Mittlerweile seien die Lifte 30 und 40 Jahre alt. Kosten für Reparaturarbeiten in Höhe von 5.000 bis 20.000 Euro hätte er pro Jahr bezahlt.

Skihang bei Holzhau
Das Winterskigebiet in Holzhau war vor allem bei Tagesgästen beliebt. Bildrechte: IMAGO / Hanke

Bürgermeister sieht die Schuld beim ehemaligen Betreiber

Laut Funke habe es seitens der Gemeinde, des Gemeinderates und auch im persönlichen Einsatz einzelner Gemeinderäte immer wieder Angebote und Versuche gegeben, mit dem ehemaligen Liftbetreiber Lösungsansätze oder zumindest Gesprächsbereitschaft zu finden. "Unser primäres Ziel war und ist es, den Skiliftbetrieb weiterzuführen und als touristisches Angebot zu erhalten", sagt der Bürgermeister.

Bei diesen Gesprächen habe die Gemeinde laut Bürgermeister Funke dem damaligen Betreiber die Liftanlage zum Kauf angeboten und auch ein Grundstück, das für den Betrieb des Lifts notwendig sei. Damit hätte Alexander Richter den Lift nach Ansicht von Michael Funke unabhängig von der Stadt betreiben können. Voraussetzung dafür oder für Verhandlungen zu einem neuen Pachtvertrag sei jedoch die Zahlung der offenen Forderungen gewesen.

Ehemaliger Betreiber sieht die Schuld bei der Gemeinde

Der Ex-Betreiber des Skilifts, Alexander Richter, weist die Schuld von sich. Er habe während der Corona-Lockdowns keine Einnahmen gehabt und die Pacht nicht zahlen können, sagt Richter zu MDR SACHSEN. "Weitermachen wollen würde ich schon." Dass er in diesem Jahr nicht in den Skibetrieb starten kann, betrübe Richter: "Wir haben da 30 Jahre lang Arbeit und Geld reingesteckt und immer noch gehofft, dass es eine Lösung gibt. Wir haben investiert, den TÜV bezahlt und die Stadt hat die Kurtaxe kassiert", so Richter.

Das Kaufangebot der Gemeinde lehnte Richter ab, weil ihm seiner Aussage nach nur ein Lift angeboten wurde und dies zu einem "total überteuerten" Preis. Auch stehe dieser auf drei verschiedenen Grundstücken.

Gelder aus Spendenaktion nicht für Pacht genutzt

Weil wegen der Corona-Auflagen das Geld knapp war, hatte Alexander Richter im Januar 2021 auf der Spendenplattform "GoFundMe" zu Spenden aufgerufen. Von Mitte März 2020 bis Januar 2022 gab es in ganz Sachsen aufgrund von Corona-Bestimmungen keinen alpinen Skibetrieb. In seinem Spendenaufruf schrieb Richter: "Durch die Aktion soll der Fortbestand und weitere Investitionen ermöglicht werden. Es gibt aktuell keine Ertragsausfallhilfen."

Zusammengekommen sind insgesamt 24.673 Euro. Die letzte Spende ging vor zehn Monaten ein. Sogar Skisprung-Legende Jens Weißflog hatte Hilfe zugesagt. Noch heute kann über die Plattform gespendet werden. Im Ort fragen sich nun einige, warum der Lift nun trotzdem still steht.

Das Geld hat Alexander Richter abgerufen, wie er auf Nachfrage erzählt: "Die Spenden waren für meine Familie gedacht und nicht für den Bürgermeister". Außerdem habe er es investiert in Schneekanonen und in Beschneiungstechnik. Dafür habe er die Spendengelder kombiniert mit Fördermitteln aus dem Programm "Neustart Tourismus". Das Programm wurde von Sachsens Toursimusministerium aufgelegt und war für Investitionen vorgesehen.

Für die Pacht habe Alexander Richter das Geld aus den Spenden nicht verwenden wollen. "Ich habe nie behauptet, dass ich das Geld für die Pacht nehmen will. Ich bin der Meinung, dass ich die Pacht nicht zahlen muss, weil ich nicht öffnen durfte während Corona", sagt Richter über den Verbleib der Spendengelder.

Corona-Entschädigungen seien Flickenteppich gewesen

Richter bezeichnet die Corona-Entschädigungen als "heillosen Flickenteppich": Sie hätten "vorn und hinten nicht gereicht". Der Skiliftbetreiber habe sich deswegen an Ministerien gewandt, wie er sagt. Zur Höhe der erhaltenen Coronahilfen erklärt Richter MDR SACHSEN: "Bis zur Kündigung gab es für die Pacht keine Entschädigung. Es gab nur prozentuale Entschädigungen. Für das Einkommen der Unternehmerfamilie keine Hilfen, nur Kredite, die jetzt zurückgezahlt werden sollen."

Auch kritisiert er die Berechnungsgrundlage der Hilfegelder. Die bezogen sich auf das Vorjahr. Wenn im Vergleich kein Umsatzrückgang da war, weil beispielsweise in diesem Jahr kein Schnee lag, gab es auch keine Coronahilfe. "Die Neustarthilfe, die ich bekommen habe, war zweckgebunden für Technik."

Richter spricht von Verlusten in Höhe von mindestens 50.000 Euro pro Jahr durch die Corona-Auflagen.

Mitarbeiter wollten Teil der Pacht zahlen und wurden abgewiesen

Am 13. Dezember hatten Mitarbeitende von Alexander Richter für die Pacht Geld gesammelt. Als sie das Geld im Rathaus übergeben wollten, wurden sie von Bürgermeister Michael Funke abgewiesen. Zu MDR SACHSEN sagte Funke dazu: "Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, sind irgendwelche Sonderzahlungen ausgeschlossen. Die Summe hätte die Pachtschuld auch nicht in voller Höhe gedeckt. Außerdem ist eine Gemeinde 'kein Einkaufsladen'. Wir haben auch für Zahlungen Regularien, die es streng einzuhalten gilt."

Lange Schlangen am Lift, viel Schnee und Aprés Ski: So sah es im Januar 2019 am Skilift in Holzhau aus
Lange Schlangen am Lift, viel Schnee und Aprés Ski: So sah es im Januar 2019 am Skilift in Holzhau aus. Bildrechte: IMAGO / Max Stein

Das müsste passieren, damit der Lift wieder läuft

Damit der Lift in Holzhau wieder läuft, müsste aus Sicht von Bürgermeister Funke Folgendes passieren: "Die kompletten Schulden müssten im Rahmen des Verfahrens bezahlt und die Räumung der gemeindeeigenen Gebäude müsste erfolgt sein. Das Verfahren muss abgeschlossen sein, so dass die Uhren auf 'Null' gestellt sind. Dann kann sich der ehemalige Liftbetreiber selbstverständlich wieder für eine Betreibung bewerben."

Wenn es nach Alexander Richter geht, braucht es andere Dinge, um die Liftanlage wieder in Betrieb zu nehmen, unter anderem: "Rechtssicherheit und Invenstitionssicherheit, Verträge mit allen Grundeigentümern, [es gibt neben ihm und der Gemeinde noch mindestens einen weiteren, Anmerk. der Redaktion]." Auch ein aktueller TÜV für die Liftanlagen sei nötig. Nachdem Richter sich darum nach eigenen Aussagen seit 1994 gekümmert habe, sei dafür jetzt die Gemeinde zuständig.

Neue Spendenaktion geplant

Alexander Richter will nun versuchen, wieder in Betrieb zu gehen – und zwar so: "Wir haben jetzt eine Spendenaktion gestartet, mit dem Ziel 100.000 Euro zu sammeln und der Gemeinde ihre Grundstücke abzukaufen. Damit wir wieder in Betrieb gehen können. Anstatt um 1.800 Euro pro Jahr zu streiten, hätte die Gemeinde die Pacht für 55 Jahre und wir als Schneesportfamilie können uns wieder um das Wesentliche kümmern", so Richter. Er sagt, viele würden ihn und seine Familie unterstützen und zum Weitermachen ermutigen und nennt einige Namen aus dem Ort.

Imageschaden für den Ort befürchtet

Immer wieder ist der Skilift in Holzhau Gegenstand in Medienberichten. Gerade im Winter, wo viele wissen wollen, wo Skifahren möglich ist. Einige in Holzhau fürchten durch das mediale Interesse einen Imageschaden für ihren Ort, auch Bürgermeister Michael Funke.

Funke hält den Imageschaden für Holzhau für größer als den rein finanziellen Verlust durch den stillstehenden Lift: "Das Klientel am Skihang sind überwiegend Tagestouristen, die meist den Tag ausschließlich am Lift verbringen und nicht unsere Gaststätten und Dienstleistungen nutzen. Daher gibt es keinen Aufschrei bei unseren Gewerbetreibenden." Die Schließung des Skilifts hätte lediglich Auswirkungen auf die Einkommenssituation des Liftbetreibers.

Leute im Ort sind genervt

"Holzhau ist wesentlich mehr als nur der Skilift. Wir haben Langlauf, schöne Natur. Man kann Winterwandern und Rodeln und mit einer Flasche Sekt die schöne Landschaft genießen!" sagt Tino Bellmann aus Holzhau. Andrea Hubrich sieht es genauso. Sie lebt zwar seit einer Weile in Freiberg, ist aber in Holzhau aufgewachsen und besucht regelmäßig ihre Eltern. Holzhau habe so viel zu bieten, schwärmt die 40-Jährige.

Dafür, dass der Skiliftbetreiber seine Pacht nicht gezahlt hat, hat Andrea Hubrich kein Verständnis. "Er soll aufhören zu jammern. Auch andere haben durch Corona Verluste gehabt. Doch wenn er so einen Vertrag unterschreibt, dann muss er auch zahlen. Mich ärgert, dass es nur noch um den Skilift geht. Es gibt so eine schöne Natur in Holzhau."

MDR (kav)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 14. Dezember 2022 | 19:00 Uhr

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