Ein Gemälde zeigt einen Mann vor einer roten Fahne, der eine Rose hält. 4 min
Bildrechte: Staatliche Kunstsammlungen Dresden
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Die Ausstellung "Revolutionary Romances? Globale Kunstgeschichten in der DDR" im Dresdner Albertinum zeigt Kunst in der DDR als Teil einer globalen Kunstgeschichte. Viele der Werke sind erstmals zu sehen.

MDR KULTUR - Das Radio Sa 04.11.2023 06:00Uhr 04:09 min

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Albertinum Ausstellung "Revolutionary Romances" zeigt Kunst der DDR im globalen Kontext

04. November 2023, 04:00 Uhr

Kunst in der DDR war international. Das zeigt eine Ausstellung, die am Samstag im Dresdner Albertinum eröffnet. "Revolutionary Romances? Globale Kunstgeschichten in der DDR" widmet sich künstlerischen Positionen zur Utopie einer sozialistischen Weltgemeinschaft. Sie zeigt Kunst in der DDR als Teil einer globalen Kunstgeschichte, mit Arbeiten aus Kuba, Chile oder Vietnam. Viele der Werke aus den 1950er bis 1990er-Jahren sind erstmals zu sehen.

Fotos, Briefmarkensammlungen, Textilien, vor allem aber Gemälde und Grafik sind in der Ausstellung "Revolutionary Romances" zu sehen – allesamt Kunst aus den Beständen der Dresdner Museen. Vieles davon wird nun erstmals gezeigt und damit aus den Tiefen der Depots geholt, denn das Interesse war 30 Jahre lang eher bei Null.

Es gehe, so die Macher der Ausstellung, um die "eurozentristische Perspektive". Man wolle auch die "Formen der kulturellen Aneignung" von damals neu beleuchten sowie jene der "stereotypen Darstellung von Menschen und Kulturen des globalen Südens". Vieles müsse man heute kritisch sehen, allein schon durch die Art der Darstellung, erklärt Kurator Mathias Wagner.

Ideale, Ikonen und Protest – der sozialistische Internationalismus in Form und Farbe

Die Kunst, die jetzt im Albertinum zu sehen ist, entstand zwischen 1950 und 1990. Nur einzelne zeitgenössische Werke, u.a. Fotoarbeiten von Sven Johne, ergänzen den Blick aus der Vergangenheit. Dem Kurator und seinem Team war es wichtig, nochmals eine andere Sicht auf DDR-Kunst zu zeigen.

"Weil wir versuchen, eine andere Perspektive auf die Kunst, die in der DDR entstanden ist, vorzunehmen. Denn die Kunst der DDR wurde in den letzten 30 Jahren vorzugsweise zwischen den beiden Polen staatsnah und staatsfern, dissidentisch, nicht-dissidentisch diskutiert. Mit diesem Vergleich war immer eine Qualitätszu- und -abschreibung verbunden. Seit ein paar Jahren gibt es neue Ansätze, die untersuchen, ob und wie man die Kunst der DDR auch im Kontext ihrer internationalen und transkulturellen Beziehungen beschreiben könnte."

Eine Malerei zeigt einen dunkelhäutigen Mann auf einem Stuhl, der ein Buch liest.
Eva Schulze-Knabe: Chukwuemeka Ogbue (Student aus Nigeria), 1960 Bildrechte: Eva Schulze-Knabe | Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Der Kommunismus als Utopie 

Viele Bilder werden nun erstmals gezeigt – zumindest nach 1990. Und das macht diese Ausstellung so spannend. Jedes Bild, jedes Werk dürfte eine eigene Geschichte haben: Zwischen Bundesadler und Friedenstaube, Proletariat und Bourgeoisie, Vietnamkrieg und kommunistischen Versprechen. Das sozialistische Weltideal steht also auch hier – auf dem Prüfstand. 

Den Organisatoren der Schau war wichtig, so die Direktorin des Albertinums Hilke Wagner, einen zeitgemäßen Blick auf die Kunst der DDR und den "globalen Süden" zu richten und damit auf den geistigen und kulturellen Schulterschluss mit Ländern wie Kuba, Chile, Vietnam, Indien, Irak, Libyen, Mosambik und Burma (Myanmar). Es gehe auch darum, sagt sie, "die Frage zu stellen, was bedeuten diese Konzepte von Solidarität, Völkerfreundschaft für uns noch heute?" Und: "Wurde es damals überhaupt gelebt?"

Eine Malerei einer vietnamesisch anmutenden Person mit Hut und einem Gewehr auf dem Rücken geschnallt.
Trịnh Kim Vinh: Zivilverteidigung, 1973 Bildrechte: Trịnh Kim Vinh & Kunstfonds, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Barbara Tlusty

Kubanische Revolution, Entkolonialisierung Afrikas

Poster aus Kuba sind zu sehen. "Dort hat sich 1966 eine Solidaritätsorganisation gegründet, die die Freiheitskämpfe, Unabhängigkeitsbewegungen in Afrika, Lateinamerika, Asien unterstützen wollte." Slogans waren damals: "Solidarität mit Laos", mit Vietnam, Angola und man zelebrierte den Schulterschluss "mit Ikonen des Kampfes wie Che Guevara."

Bilder zeigen das Gut und Böse, schwarz und weiß – künstlerischer Protest gegen Krieg und Gewalt in Asien, Afrika und Lateinamerika. Zu sehen sind Reisebilder, Diplomarbeiten von ausländischen Studierenden an der Dresdner Kunsthochschule, aber auch die Sicht der anderen auf die DDR: Positionen und Auftragsarbeiten. Eine Kunst, auch aus der Gegenwart, die durchaus zum kritischen Reflektieren einlädt – geschaffen unter anderem von Georges Adéagbo, Hamlet Lavastida, Dana Lorenz, Sonya Schönberger, Wenke Seemann, Sung Tieu, Arlette Quỳnh-Anh Trần. 

Ein Gemälde zeigt eine Frau, die eine Fahne schwingt, sie ist auf einer erhöhten Position gegenüber den sie umgebenden Menschen, deren Köpfe man sieht.
José Toirac: Hasta la victoria siempre, 1995 Bildrechte: José Toirac, Foto: Carl Brunn

"Die Ausstellung ist gerade in Dresden gut"

"Revolutionary Romances" hinterfragt die Formen der Völkerfreundschaft und präsentiert die Kunst dazu. "Das ist gerade hier in Dresden gut", sagt die Direktorin Hilke Wagner, "unsere Besucher nochmals daran zu erinnern und gleichzeitig auch zu fragen, sind das Konzepte, die tatsächlich auch gelebt wurden." Man möchte auch mit Vorurteilen aufräumen und die Dinge in ihrer Komplexität untersuchen.

Damals waren die Bilder nicht nur Ausdruck einer Ideologie, einer Völkerfreundschaft, es war auch die Suche der DDR nach Anerkennung und weltweitem Netzwerk. "Deshalb hat sie sich den Ländern im globalen Süden zugewandt", so der Kurator. Doch was können wir heute davon lernen?

Spannend sei, so die Ausstellungsmacher, womit sich Kunstschaffende beschäftigt haben. "Ganz oft war es so, dass es eben einen konkreten Anlass gab, wo man sich positionieren konnte." – inmitten der großen Krisen des 20. Jahrhunderts: Der Putsch in Chile 1973, der Vietnamkrieg, die Unabhängigkeitsbewegung in Afrika. 

Slogans, Solidarität und Sozialismus

Der Grad zwischen Propaganda und Kunst sei manchmal schmal. Nicht alles mag große Kunst sein. Aber "man kann deutlich ablesen, wo illustrativ mit Themen umgegangen wurde oder wo tatsächlich eine künstlerische Auseinandersetzung stattgefunden hat," erklärt Kurator Mathias Wagner.

Informationen zur Ausstellung

"Revolutionary Romances? Globale Kunstgeschichten in der DDR"
Eine Ausstellung des Albertinums in Kooperation mit dem Kupferstich-Kabinett und dem Kunstfonds der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
4. November 2023 bis 2. Juni 2024

Tzschirnerplatz 2
01067 Dresden

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Montag geschlossen

Eintritt:
12 Euro, ermäßigt 9 Euro, unter 17 Jahren frei

Quellen: MDR KULTUR (Blanka Weber)
Redaktionelle Bearbeitung: hro

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 04. November 2023 | 08:10 Uhr

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