Oberlandesgericht Dresden Wieder keine Einigung im Prozess im Honig-Streit: Böhmermann gegen Imker aus Meißen
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11. Juni 2024, 15:55 Uhr
Im Streit des TV-Satirikers Jan Böhmermann gegen einen Imker aus Meißen hatte das Landgericht Dresden zugunsten des Imkers geurteilt. Das sah die satirische Werbeaktion des Bio-Imkers als Retourkutsche auf einen TV-Beitrag im ZDF-"Magazin-Royale" als rechtens an. Böhmermann ging in Berufung. Nun trafen sich die Streit-Parteien vor dem Oberlandesgericht Dresden wieder. Böhmermann schickte nur seinen Anwalt.
Der sogenannte Honig-Streit zwischen dem TV-Satiriker Jan Böhmermann und dem Imker Rico Heinzig ist am Dienstagnachmittag in der nächsten Instanz verhandelt worden. Denn Böhmermann hatte Berufung gegen das erste Urteil des Landgerichts Dresden eingelegt. Die mündliche Anhörung war nach nur einer Stunde vorbei. Satiriker Böhmermann hatte am Montagabend eine Vollmacht zur anwaltlichen Vertretung geschickt und kam nicht zum Anhörungstermin. Auf einen Einigungsvorschlag gingen die Parteien nicht ein.
Der Vorsitzende Richter Markus Schlüter folgte in weiten Teilen den Argumenten der Vorinstanz, sagte zudem: "Wir meinen schon, dass die Werbung eine Kritik an der Sendung ist und nicht weil Aufmerksamkeit erzeugt werden soll." Zudem bestätigte der Senat den satirischen Charakter, der erkennbar werde. Es gehe dem Imker nicht darum, Böhmermann als Werbeträger auszunutzen, sondern die Honig-Satire beziehe sich auf eine konkrete Sendung. Das OLG Dresden wird sein Urteil in gut sechs Wochen am 18. Juli verkünden.
Darum geht's im Streit Böhmermann gegen Imker
Böhmermann hatte in seiner Magazin-Sendung im November 2023 die Firma des Meißners Rico Heinzig namens Myhoney Bio-Imkerei in Wort und Video kritisiert und ihr vermeintliches Engagement für Nachhaltigkeit und Artenschutz vorgeworfen. Wörtlich hieß es: "So, auch wenn es wie Naturschutz aussieht und vor allem so aussehen soll, ist dieses ganze Honigbienenangesiedel nichts anderes als 'beewashing'". Es handele sich um Werbung, Geld und Business.
Der Inhaber Rico Heinzig will den "Beewashing-Vorwurf" nicht auf sich sitzen lassen und verkaufte daraufhin "Böhmermann-Honig". In der ersten Gerichtsverhandlung sagte er dazu, dass er vier Plakate drucken und einen Stand mit 150 Honiggläsern in einem Edeka in Dresden aufbauen ließ. Auf dem Plakat ließ er Böhmermann einen "Beewashing Honey" empfehlen, nannte ihn einen "führenden Bienen- und Käferexperten". "Beewahsing" ist eine Anspielung auf Greenwashing und dem englischen Wort für Bienen.
Auf jedem Glas klebte ein QR-Code, über den Interessierte auf einem YouTube-Kanal die Imkersicht auf Böhmermanns Vorhaltungen erfahren konnten. Vor dem Landgericht sagte Heinzig, dass im Supermarkt anfangs nur acht Gläser verkauft worden seien, den Erfolg nannte er "weniger erfolgreich". Doch die Medienberichterstattung über den Honig-Streit habe Auftrieb für seinen Online-Shop gebracht.
Das sagen Böhmermann und sein Anwalt
In seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung macht Böhmermann einen Unterlassungsanspruch in Bezug auf Werbung für den Honig geltend. "In dem Rechtsstreit geht es lediglich um das angestrebte Verbot eines unerlaubten, kommerziellen Verkaufs von Produkten mit dem Bildnis und dem Namen von Herrn Böhmermann. Irgendwelche Zahlungsansprüche sind nicht Gegenstand des Verfahrens", betont Jan Böhmermanns Anwalt Dr. Torben Düsing auf Nachfrage von MDR SACHSEN. Böhmermann gehe grundsätzlich gegen die unerlaubte kommerzielle Verwendung seines Namens und Bildnisses in der Unternehmenswerbung vor.
Herr Böhmermann geht grundsätzlich gegen die unerlaubte kommerzielle Verwendung seines Namens und Bildnisses in der Unternehmenswerbung vor und wird dies auch in Zukunft tun.
Böhmermann findet Streit "spannend"
Im Podcast des Hessischen Rundfunks namens "Freiheit deluxe" vom 7. März sagte Jan Böhmermann über den Streit: "Bei dieser Honiggeschichte treffen einfach zwei Satiriker aufeinander. Ich finde es spannend, herauszufinden, ob das eine neue Form von Satire ist. Dass, wenn mir etwas nicht gefällt, ich dann quasi Persönlichkeitsrechte von Leuten verletzen kann und damit Produkte verkaufen kann. Ich würde das gern für mich wissen. Dann spare ich mir die ganze Arbeit mit der Sendung und werde anderweitig reich."
Vorwürfe: Inszenierung und Spendenabzocke?
Böhmermanns Rechtsanwalt Düsing kritisiert, dass sich Heinzig im Verfahren als "armer kleiner Imker" inszeniere, obwohl er ein erfahrener Unternehmer mit mehreren Geschäftsbeteiligungen sei und über eine Spendenplattform "inzwischen eine beträchtliche Spendensumme von über 70.000 Euro eingesammelt" habe, "die er angeblich dringend zur Finanzierung der Kosten des Verfahrens benötigt".
Der Gegenstandwert des einstweiligen Verfügungsverfahrens wurde "sogar nur auf 15.000 Euro festgesetzt", erklärt der Böhmermann-Anwalt. Er beziffert die gesetzlichen Kosten des Verfahrens in 1. Instanz auf "lediglich knapp über 5.000 Euro und die Kosten der 2. Instanz ca. 6.000 Euro".
Die Sicht des Imkers und Unternehmers aus Meißen
Rico Heinzig rechnet dagegen mit rund 20.000 Euro Anwalts- und Verfahrenskosten, sollte er verlieren. "Ja, der Spendenaufruf hat mit 70.0000 Euro ein Vielfaches des ursprünglichen Spendenziels erreicht. Die Leute haben einfach nicht aufgehört, zu spenden. Da kriegt man schon Gänsehaut." Die Gelder, die er nicht für den Rechtsstreit ausgibt, will der Imker spenden. "Das werde ich nicht in meiner Imkerei nutzen. Ich will das an kleine, regionale und nachhaltige Umweltschutzprojekte spenden, die dringend Geld brauchen", sagt Heinzig.
Ich fühle mich im Recht und habe mich mit satirischen Mitteln verteidigt. Es ist schon verwunderlich und auch beschämend, dass jemand, der Deutschland Humorlosigkeit vorwirft, die eigene Medizin nicht verträgt.
Zur Strategie der Böhmermann-Seite meint Heinzig: "Sie versucht immer, es so hinzustellen, als ob ich alles kommerziell betreibe und er der Satiriker ist, dessen Persönlichkeitsrechte verletzt worden sein sollen." Und weiter: "Meine Persönlichkeitsrechte wurden verletzt, Videomaterial über meine Firma wurde ungefragt gezeigt und der ganze Berufsstand der Imker durch den Kakao gezogen - für die TV-Quote im gebührenfinanzierten Fernsehen."
Was darf investigative Satire im öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
Heinzigs Anwalt aus Dresden, Markus Hoffmann, sagt MDR SACHSEN: "Mir als Anwalt geht es persönlich auch darum, in diesem Verfahren darauf aufmerksam zu machen, dass das Sendeformat des ZDF Magazins Royale als Mischform des sensiblen Bereiches investigativer (zum Teil auch schlecht recherchierter) Berichterstattung und der quasi unangreifbaren Präsentation von derartigen Inhalten in Satireform für die Betroffenen nicht dem Grundsatz der Fairness entspricht und für eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt problematisch ist."
Bereits im Februar hatte der Imker-Anwalt gesagt, das Format der ZDF-Sendung nenne sich Investigationssatire und sei durch diese Mischform "nahezu unangreifbar". Er strebe eine Grundsatzentscheidung für Betroffene von Satire an.
Wann genau das OLG Dresden in der Sache entscheidet, sagen die Richter nach der Anhörung am Dienstagnachmittag.
MDR (kk)/epd/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 11. Juni 2024 | 07:30 Uhr