Staatsbesuch Warten an der Augustusbrücke Dresden: Der König kommt - und geht vorbei

07. Dezember 2023, 17:05 Uhr

Während des ersten Staatsbesuchs des belgischen Königs Philippe mit Frau Mathilde in Deutschland besuchten die beiden auch Dresden. An der Elbe ging es um Wirtschaftsbeziehungen, High-Tech-Ansiedlung, aber auch Kulturaustausch und einen Blick auf flämische Kunstschätze. Einen Blick erhaschen wollten auch ein paar wenige Zaungäste an der Augustusbrücke am frühen Nachmittag. Ihr teils stundenlanges Warten wurde aber nur mäßig belohnt.

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Jubelnde Fans, Blumenwürfe und Rufe hinter Absperrungen - wie man das vor dem Buckingham-Palast in London kennt - sucht man am Donnerstagnachmittag in der Dresdner Altstadt vergebens. Die Augustusbrücke ist menschenleer, weil abgesperrt. Nur wenige stehen auf der Treppe zur Brühlschen Terrasse. Manche Leute wollten eigentlich nur quer über den Schlossplatz laufen, aber der war von Mittag an abgesperrt.

Dafür stehen umso mehr Polizei-Fahrzeuge an den Bordsteinkanten. Die wenigen Menschen, die stehen bleiben, warten bei trüben zwei Grad Außentemperatur darauf, dass ihnen der belgische König Philippe mit Königin Mathilde, Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Frau Elke Büdenbender und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Frau Annett Hofmann entgegenkommen. Der Tross will in die Gemäldegalerie Alte Meister - flämische Kunstschätze ansehen, auch Maler Peter Paul Rubens "Quos ego" (übersetzter Drohruf: Euch werd' ich).

Erwartungsfrohes Warten in der Kälte

Extra aus Lichtenstein in Westsachsen ist Richard nach Dresden gekommen und wartet schon zwei Stunden in der Kälte. "Das belgische Königspaar ist zu Gast. Das passiert ja nicht so oft." Als Fan würde sich der junge Mann nicht bezeichnen, aber: "Wir schauen uns mal die Abläufe an, ist interessant für mich, dass alles abgesperrt ist und wie die Szenerie abläuft." Ob Richard den belgischen König auch ohne Polizeiaufgebot und Medien-Rummel drumherum erkennen würde? "Eher nicht so."

Camilla aus Annaberg-Buchholz möchte in Dresden mal die Chance nutzen, Adlige zu sehen. Sie wartet seit einer Stunde. "Ich hatte noch nie die Chance, jemandem aus einer royalen Familie so nahe zu kommen. Das möchte ich heute nutzen." Abgesehen vom adeligen Titel findet die junge Erzgebirgerin aber, dass auch Könige heutzutage ganz normale, moderne Menschen seien.

Ich finde, das hat auch etwas Nostalgisches, etwas Glanzvolles. Es lenkt ein bisschen ab vom Alltagsgrau.

Camilla Besucherin in Dresden

Durch Zufall Zaungast

Andreas Richter aus der Nähe von Freiburg im Schwarzwald ist am Donnerstagnachmittag zufällig in Dresden auf dem Striezelmarkt und hatte kurz vorher über den Staatsbesuch gelesen. "Da war ich neugierig. Wenn ich schon mal da bin, nutze ich die Gelegenheit. Vielleicht sieht man mal jemand prominenten?" Das royale Geschehen in der Welt verfolgt der Schwarzwälder "nur nebenbei", extra Zeitungsberichte würde er nicht kaufen.

Und würde er König Philippe erkennen, der mit vollem Namen Philippé Léopold Louis Marie heißt und 63 Jahre alt ist? "Jetzt ja, ich hab's vorher gegoogelt. Vorher wäre er an mir vorbeigelaufen, ich hätte den nicht erkannt." Mit Blick auf den Terminkalender der Staatsgäste muss Richter dann schmunzeln. Im Grunde ist er dem Königspaar hinterher gereist: Wie die Belgier war auch der Tourist am Mittwoch erst in Berlin, bevor er nach Dresden fuhr.

Enttäuschte Gesichter am Ende

Und dann ist alles ganz schnell vorüber: Die Staatsgäste laufen in 50, 60 Metern Entfernung an den Zuschauern hinter den Eisenabsperrungen vorbei. Die Königin mit wärmendem Cape und roter Kopfbedeckung wie Rotkäppchens Mutter und in Pumps, Elke Büdenbender auch in Pumps und Sachsens First Lady Annett Hofmann in hohen Stiefeln. Kein Gruß, kein Wort. Auch nicht von den schwarz bemäntelten Ehemännern.

Dafür haben die Staatsgäste die berühmte Canaletto-Aussicht auf die Altstadt fest im Blick. "Der Blick auf die Dresdner Altstadt zieht Menschen aus der ganzen Welt hierhin", schreibt die Staatskanzlei bei X, (ehemals Twitter) via Account des Ministerpräsidenten. "Dass auch das belgische Königspaar diese einmalige Aussicht genießen will, ist eine große Ehre für Sachsen und Dresden."

Derweil gucken die Wartenden etwas enttäuscht. Camilla aus dem Erzgebirge bringt es auf den Punkt. "Na, dass es so weit auf Abstand war, war doof. In Berlin sah das viel besser aus. Naja, jetzt habe ich das Königspaar mal gesehen." Dass alles so schnell vorbei war, kann sie verstehen. "Bei dem ungemütlichen Wetter."

Immerhin hatten die Beschäftigten im Oberlandesgericht eine spannende Mittagspause. Sie konnten aus ihren Bürofenstern den besten Blick auf das Treiben am Schlossplatz und auf der Augustusbrücke erhaschen. Nächste Gelegenheit für Besucher, die Staatsgäste zu sehen, bietet sich ihnen am späteren Donnerstagnachmittag auf dem Weihnachtsmarkt am Neumarkt.

Was hat Sachsen mit dem belgischen Königshaus zu tun?

  • Die Wurzeln des belgischen Königshauses liegen in Sachsen. Das hängt mit dem Hause Sachsen-Coburg-Saalfeld zusammen, dessen Urahnen die Ernestiner waren. Die wiederum waren ja Wettiner. Das Haus Wettin hatte sich 1485 in eine ernestinische und eine albertinische Linie geteilt. Die Ernestiner blieben auf das Gebiet des heutigen Thüringen begrenzt.
  • Mitglieder des Hauses Sachsen-Coburg-Saalfeld gelangten durch geschickte Heiratspolitik und politisches Taktieren auf verschiedene Throne in Europa.
  • Der als Prinz Leopold Georg Christian Friedrich von Sachsen-Coburg-Saalfeld, Herzog in Sachsen geborene Prinz Leopold 1. wurde 1830 gefragt, ob er König der Belgier werden wolle. Zuvor hatte sich Belgien von den Niederlanden losgesagt. Am 21. Juli 1831 legte Leopold den Eid auf die Verfassung ab und wurde der erste König Belgiens.
  • König Philippe, der für einen Tag Dresden besuchte, ist der 7. König der Belgier.


Quellen: Botschaft des Königreichs Belgien/Gita Deneckere: "Leopold I. De eerste koning van Europa"

MDR (kk,ben,sth)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 07. Dezember 2023 | 19:00 Uhr

3 Kommentare

dimehl am 07.12.2023

"Die Staatsgäste laufen in 50, 60 Metern Entfernung an den Zuschauern hinter den Eisenabsperrungen vorbei. Die Königin mit wärmendem Cape und roter Kopfbedeckung wie Rotkäppchens Mutter und in Pumps, Elke Büdenbender auch in Pumps und Sachsens First Lady Annett Hofmann in hohen Stiefeln. Kein Gruß, kein Wort. Auch nicht von den schwarz bemäntelten Ehemännern."
Man hatte heute halt' für den Pöbel einfach keine Zeit. Nun ja, vielleicht war der Zeitplan des Besuches zu eng getaktet ...

Maria A. am 07.12.2023

Wenn man bei Nachrichten nicht ständig live ist, verpasst man leider halt auch mal sowas wie die bemerkenswerte Ankündigung hohen Besuchs. Ich glaube, dass es vielen Sachsen so ging. Sonst wären vor Ort für das belgische Königspaar mehr Zaungäste gewesen. Wie man liest, im wahrsten Sinne des Wortes, da die Adligen, der Sachsenchef nebst Gattin, weitere Prominente, sowie das "Gefolge", ihren Weg weit entfernt von den hoffnungsvoll Wartenden nehmen mussten. Wieso, erschließt sich wahrscheinlich den Gästen, die zu Hause, wie man es aus Reportagen weiß, ihrem Volk recht nahe kommen können, überhaupt nicht. Dieses Abstandhalten ist also nicht nur schade, sondern erzeugt letztendlich den Eindruck, dass sich mittlerweile in Deutschland Politiker vom schlichten Volk abschirmen.

kleinerfrontkaempfer am 07.12.2023

Wer auf royalem "Kasperletheater" steht wird gern die Zeit dafür aufbringen und auch Rückschläge bei der Publicity verkraften.
Also schnell die bunten Blätter am Kiosk kaufen und in der warmen (?) Stube das Geschehen in Ruhe und Würde genießen.

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