Gehobene Küche Sterne-Restaurant Falco: Aus für Gourmet-Leuchtturm in Leipzig
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15. November 2023, 13:12 Uhr
Erst im Mai feierte das Falco sein 18. Jubiläum. Nun wird das Zwei-Sterne-Restaurant wohl für immer seine Türen schließen. Gourmetrestaurants in Leipzig bedauern das Ende des Touristenmagneten. Für den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) reiht sich die Schließung in eine lange Liste des Kneipensterbens in Sachsen.
- Leipzigs Gourmetrestaurants sprechen vom Ende eines Touristenmagneten.
- Leipzig hat zu wenig vergleichbare gehobene Lokale.
- Durch das Kneipensterben geht auch Kulturgut verloren.
Das Zweisterne-Gourmetrestaurant Falco in Leipzig hat wohl für immer geschlossen. Wie mehrere Medien berichten, sind Fachkräftemangel sowie gestiegene Personal- und Einkaufskosten der Grund. Die "Leipziger Volkszeitung" hatte zuerst berichtet. Die Zeitung zitiert den Leiter des Westin-Hotels, Andreas Hachmeister, in dem sich das Sterne-Restaurant befindet.
Hachmeister spricht von einer "herzzerreißenden Entscheidung", die wirtschaftlichen Herausforderungen seien aber zu überwältigend. Der Sternekoch Peter Maria Schnurr hat sich bislang nicht zur Schließung geäußert. Er hatte das Falco aufgebaut und seit 2005 betrieben. Auch die Hotelleitung war auf Anfrage von MDR SACHSEN bisher nicht zu erreichen.
Das Falco ist laut dem Hotel- und Reiseführer "Guide Michelin" das einzige Zwei-Sterne-Restaurant in Sachsen. Auch unter Leipzigs Restaurants für gehobene Gaumenfreuden ist das Bedauern groß. Für die Inhaberin des französischen Gourmetrestaurants "C’est la vie", Deborah Connolly, sei das Aus des Falco ein Schlag für ganz Leipzig. "Es ist ein Verlust für die Stadt", sagt Connolly und fügt hinzu: "Das Falco war ein Leuchtturm in der gehobenen Gastronomie."
Touristenmagnet geht verloren
Das Restaurant habe viele Leute nach Leipzig gebracht. "Es war ein Touristenmagnet für die Gourmets", so Connolly. Doch das Ende sei nicht unerwartet gekommen, meint Connolly. Ihrer Ansicht nach habe sich das Falco von Anfang an nicht finanziell getragen. Doch gibt es vielleicht allgemein zu wenig gehobene Kundschaft in Leipzig?
Es ist ein Verlust für die Stadt. Das Falco war ein Leuchtturm in der gehobenen Gastronomie.
Das könne man nicht sagen, sagt Connolly. Im "C’est la vie" sei fehlende Kundschaft kein Problem. Aber: Restaurants und Gaststätten müssten mit der Zeit gehen und sich auf die Ansprüche ihrer Gäste und des Personals einstellen. Das "C’est la vie" schließt deswegen eine Stunde früher als vor Corona: "Weil wir unserem Personal ein angenehmes Leben bescheren wollen."
Für das Personal gelte die Fünf-Tage-Woche und es gebe nur wenige Überstunden. Sorge bereite der Inhaberin die mögliche Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie auf 19 Prozent.
Zu wenig gehobene Gastronomie
Auch im Gourmet-Restaurant "Max Enk" seien fehlende Gäste nicht das Problem. Wie eine Mitarbeiterin mitteilt, ist das Lokal häufig zwei Wochen im Voraus ausgebucht. "Wir merken zwar, dass das Mittagsgeschäft etwas eingebrochen ist", sagt sie, aber: "Die Bereitschaft der Gäste abends ein paar Euro mehr auszugeben, ist da."
Wir haben in diese Richtung sowieso schon viel zu wenig Gastronomie.
Mit der Schließung des Falco habe Leipzig einen Gourmet-Leuchtturm weniger. "Wir haben in diese Richtung sowieso schon viel zu wenig Gastronomie", sagt die Mitarbeiterin. Gerade in Kongress- und Messezeiten werde das Falco fehlen.
Kein allgemeines Problem der Nobelgastronomie
Das Ende des Falco könne man nicht zu einem allgemeinen Problem in der Sterne- und Gourmet-Gastronomie pauschalisieren, sagt Detlef Schlegel. Er führt in Leipzig mit seiner Frau zusammen das Ein-Stern-Restaurant Stadtpfeiffer. "Ich habe keine Freude am pauschalisierten Meckern und Jammern", sagt der 59-Jährige. Es sei ein Unterschied, ob ein Restaurant inhabergeführt sei oder wie das Falco ein Teilbereich eines Hotels ist, betont Schlegel.
Ein Inhaber wie er sei für alles - Geschäft und Angestellte - selbst verantwortlich. In der gehobenen Gastronomie sei entscheidend, als Team gut zusammenzuarbeiten, sagt Schlegel: "Spitzengastronomie ist Leistungssport und immer Mannschaftssport." Und es gehe darum, dem Gast guten Service zu bieten: "Wir wollen den Zauber der Gastlichkeit bewahren, bei allen Dingen, die kontraproduktiv sind."
Lange Liste von Schließungen
Für den Dehoga-Geschäftsführer Axel Klein fügt sich das Falco-Aus in die lange Reihe von Restaurantschließungen der vergangenen Jahre in Sachsen. "Es ist egal, ob es ein Luxusrestaurant ist oder ein normales - sie haben alle ihre wirtschaftlichen Probleme", betont Klein.
Es ist egal, ob es ein Luxusrestaurant ist oder ein normales - sie haben alle ihre wirtschaftlichen Probleme.
Die Restaurants müssten ohnehin schon hohe Personalkosten stemmen. Deswegen sollten sie nicht durch eine höhere Mehrwertsteuer - die aktuell zur Debatte steht - belastet werden, sagt Klein. Dass in den vergangenen zwei Jahren insgesamt 1.450 gastronomische Betriebe in Sachsen schließen mussten, liege nicht nur an Corona, erklärt der Dehoga-Chef.
Kulturgut geht verloren
"Die Ungleichbehandlung bei der Besteuerung von Essen ist ein wesentlicher Grund dafür, dass wir Probleme in den Restaurants haben", meint Klein. Der Negativtrend beim Kneipensterben müsse gestoppt werden, denn Gastronomie sei mehr als einfach nur Essen, betont er: "Uns geht auch Kulturerbe verloren."
Hoffnung mache Dehoga-Chef Klein die Zunahme an Auszubildenden im Gastrobereich. So haben laut IHK-Statistik in diesem Jahr mit 1.490 Auszubildenden insgesamt 6 Prozent mehr eine Ausbildung im Hotel- und Gastrobereich aufgenommen als 2022. Das sei eine positive Entwicklung mit Blick auf den Fachkräftemangel, so Klein.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 14. November 2023 | 09:30 Uhr
Harka2 am 14.11.2023
Das Kneipensterben hat nichts mit Corona und auch nichts mit der Mehrwertsteuer zu tun. Die meisten Kneipen machen dicht, weil ihre Betreiber in Rente gehen und keine Nachfolger finden. Diese jungen Nachfolger scheitern an den Kosten.
Was vorher in der Kneipe im eigenen Haus an Kosten anfiel, ist nun mal deutlich geringer, als wenn da monatliche Mietkosten von tausenden Euro zu stemmen sind. Zudem sind die Arbeitszeiten in der Gastronomie extrem familienunfreundlich und wurden auch lange sehr schlecht bezahlt. Das rächt sich jetzt bei den jungen Leuten. Die Wahl ist Familie oder Gastronomie, beides geht nur in den eigenen vier Wänden halbwegs zu stemmen. Feiertage sind Arbeitstage, Feierabend hat man fast erst, wenn "normale" morgens wieder aufstehen.
wwdd am 15.11.2023
Das Gasthaus "Zum Güldenen M" wird auch für die Besserbetuchten eine echte Alternative.