Grafik zum Sachsentrend Juni 2019
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02.07.2019 | 12:45 Uhr So reagieren die Parteien auf den Sachsen-Trend

Die aktuellen Umfragewerte zur Landtagswahl in Sachsen sind von den meisten Parteien mit einiger Ernüchterung aufgenommen worden. Und auch die möglichen Regierungskoalitionen wie beispielsweise ein Viererbündnis aus CDU, SPD, Grünen und FDP lassen kaum Freude aufkommen. Vertreter der Parteien erklären mehrheitlich, mit einem engagierten Wahlkampf das Ruder noch herumreißen zu wollen.

Die CDU Sachsen will sich von den aktuellen Umfragewerten nicht entmutigen lassen. Generalsekretär Alexander Dierks sagte im Gespräch mit MDR SACHSEN, seine Partei sei seit anderthalb Jahren "mit einer neuen Mannschaft unterwegs". Mit Michael Kretschmer an der Spitze sei es gelungen, sich innerhalb kürzester Zeit eine hohe Reputation zu erarbeiten. Kretschmer sei beliebt, ihm werde viel zugetraut. Auch, weil er in kurzer Zeit viel umgesetzt habe, beispielsweise beim Lehrermangel, Ausstattung der Polizei oder medizinischer Versorgung. Die CDU Sachsen gehe sehr motiviert in den Wahlkampf. "Ich glaube, es wird uns durchaus noch gelingen, in den nächsten Wochen deutlich an Zustimmung zuzulegen."

Alexander Dierks, CDU-Generalsekretär Sachsen, zur Frage nach einer Koalition mit der AfD "Es zeigt sich, dass in der Bevölkerung sehr wenig Symphatie für eine CDU-AfD-Koalition vorhanden ist. Wenn man sich die Umfrage anschaut, stellt man fest, es gibt quasi kein Bündnis, das weniger beliebt wäre. Das ist auch die klare Haltung der sächsischen Union. Es wird keine Koalition mit der AfD im Freistaat Sachsen geben. Wir stehen dafür nicht zur Verfügung. Wir kämpfen für eine stabile Regierungsmehrheit ohne AfD und ohne Linke und insofern ist diese Diskussion bei uns abschließend geführt."

Für die AfD ist die CDU zu links

Dierks stellte zugleich noch einmal klar, dass es keine Koalition mit AfD und Linken geben werde. "Diese Diskussion haben wir abschließend geführt." Sachsens AfD-Chef Jörg Urban kommt bei dieser Frage zu einer anderen Einschätzung. Er könne sich eine bürgerliche Regierung aus CDU und AfD vorstellen, so Urban im Gespräch mit dem MDR. Voraussetzung sei allerdings, dass die CDU ihr Führungspersonal auswechsle. "Gerade die führenden CDU-Politiker, Herr Dierks und Herr Kretschmer, stehen für eine linksgrüne Politik. Und das ist nicht die Politik, die die CDU-Wähler möchten. Und ich glaube nicht mal, dass es die Politik ist, die die CDU-Basis möchte. Und ich glaube, wenn Herr Kretschmer weiter die Umfragewerte und die Ergebnisse bei Wahlen nach unten fährt, dann wird er in der CDU keine Führungsrolle mehr spielen."

Bei den eigenen Umfragewerten sieht Urban noch Luft nach oben. Die 26 Prozent reichten nicht aus, so der AfD-Landeschef. Er sei aber damit zufrieden, langsam und stabil zu wachsen. "Und natürlich wissen wir auch, dass für uns die Umfragen meistens deutlich schlechter ausfallen als das Wahlergebnis."

Jörg Urban, AfD-Landesvorsitzender, zur Frage nach einer Regierungsbeteiligung "Wir sehen ja, dass wir bei der Infra-Umfrage mit 26 Prozent CDU und 26 Prozent AfD eine stabile bürgerliche Mehrheit bei den Wählern haben, ohne Sozialisten und ohne Kommunisten und ohne die grünen Deutschland-Hasser. Wir müssen einfach sehen, dass sich die CDU von ihrem linksgrünen Spitzenpersonal trennt oder dass sie eben noch weiter verliert. Also ich sage mal so, als AfD: Wenn es jetzt am 1. September nicht reicht, um zu regieren, dann werden wir in zwei Jahren regieren, wenn diese Vielparteienregierung auseinandergeflogen ist. Und die Geduld haben wir am Ende."

SPD strebt weiter zwölf Prozent plus X an

Auch Sachsens SPD-Chef Martin Dulig ist zuversichtlich, dass seine Partei am 1. September besser abschneidet als es die aktuellen Umfragewerte zeigen. "Ich gehe davon aus, dass sich diese Zahlen auch noch mal verändern werden", so Dulig im Gespräch mit MDR SACHSEN. Sein Wahlziel sei, mindestens die 12,4 Prozent der letzten Landtagswahl zu schaffen. Die Viererkoalition, die derzeit rein rechnerisch als stabile Regierungsmehrheit möglich wäre, halte er für nicht anstrebenswert, so Dulig. "Ich möchte keine Koalition des kleinsten gemeinsamen Nenners. […] Wenn es jetzt für eine Fortsetzung dieser Koalition nicht reicht, wird die Frage sein, ob es eine Dreierkoalition gibt, aber dafür muss man dann auch kämpfen."

Martin Dulig, SPD-Landesvorsitzender, zur Frage, warum sich die Zufriedenheit mit der Regierung nicht im Wahlverhalten auswirkt "Die Regierung hat eine gute Arbeit gemacht. Wir haben als Koalition eine gute Bilanz. Nur Dankbarkeit ist jetzt keine Währung in der Politik. Und wir haben ja auch mitbekommen, dass der Fokus der aktuellen Debatte gar nicht auf den inhaltlichen Vorstellungen der Parteien liegt, sondern ein Fokus nur auf die Frage gerichtet wird, ob das Land - in welche Richtung auch immer - kippt. Und das müssen wir natürlich auch verhindern. Denn Sachsen hat ein Potenzial, das wir nicht denjenigen überlassen können, die nur Angst machen."

FDP wirbt für Minderheitsregierung

Einen ganz anderen Weg würden die Liberalen um Landeschef Holger Zastrow gehen. Mit aktuell fünf Prozent muss die FDP zwar um den Wiedereinzug in den Landtag bangen. Sollte es reichen und sich die FDP sogar noch steigern können, strebt Zastrow eine Minderheitsregierung an. Das funktioniere in anderen Ländern Europas ganz gut und wäre auch für Sachsen eine Option, so Zastrow im Gespräch mit dem MDR. "Eine Minderheitsregierung aus CDU und FDP - das wäre eine klare Handschrift. Und ich glaube, die Zeit der Blöcke, die Zeit der festen Koalition, wo man nicht miteinander redet, wo jeder sich in seinen Gräben verschanzt, die sind vorbei. Wir brauchen jetzt andere Lösungen."

Holger Zastrow, FDP-Landeschef, zur Frage, inwieweit ihm die fünf Prozent Sorge bereiten "Ich bin ganz optimistisch, dass wir das schaffen werden, die Kommunalwahlen waren ein ganz guter Indikator. Ganz sicher ist aber überhaupt nichts in diesen Zeiten. Wer weiß, was im August auf der Agenda steht. Und wir müssen auch als FDP in diesen sehr aufgeladenen Zeiten, wo es nur schwarz-weiß gibt, wo die Populisten ganz groß in Mode sind, müssen wir als vernunftbegabte Partei dafür sorgen, dass wir sichtbar werden. Und das wird eine Herausforderung."

Grüne wollen an Kernthemen dranbleiben

Keine Sorgen müssten sich aktuell die Grünen machen. Sie konnten auf zwölf Prozent zulegen und wären damit sicher wieder im Landtag. "Wir freuen uns natürlich", sagte Fraktionschef Wolfram Günther dem MDR. Mit den Themen Umwelt, Klima, Artensterben, Müll und Mobilität liege seine Partei richtig. Das zeige sich nicht nur in den Umfragewerten, sondern auch in steigenden Mitgliederzahlen. Für die schwierige Frage einer möglichen Koalitionsbildung hat Günther noch keine abschließende Antwort. "Wir schließen erst einmal grundsätzlich nichts aus." Dass die Kernthemen der Grünen schwer mit den Leitlinien möglicher Koalitionspartner zu vereinen sind, sei offensichtlich. Doch demokratische Parteien müssten in der Lage sein, miteinander reden zu können.

Wolfram Günther, Fraktionsvorsitzender der Grünen, zur Frage, wie er eine Viererkoalition bewertet "Es ist natürlich sehr schwer vorstellbar, wenn man mit Parteien zusammenarbeitet - wenn man jetzt zum Beispiel eine konsequente Klimapolitik machen will - die zum Teil überhaupt die Notwendigkeit an so einer Politik bestreiten. Oder wenn man eine richtige Mobilitätspolitik machen will, und man hat es mit Parteien zu tun, die eigentlich jahrelang genau das Gegenteil gemacht haben. Die nicht den öffentlichen Verkehr gestärkt haben, die Bahnstrecken eingestellt und das auch noch vehement verteidigt haben. Das ist einfach schwer vorstellbar."

Linke erwarten harten Wahlkampf

Enttäuscht zeigen sich die Linken. "Wir hätten uns natürlich bessere Startbedingungen in die kommende Wahlauseinandersetzung gewünscht", teilte die Landesvorsitzende Antje Feiks mit. Doch schon nach den Kommunal- und Europawahlen sei klar gewesen, "dass diese Wahl ein harter Kampf wird". Die Ergebnisse zeigten jedoch auch, dass im politischen System "einiges im Fluss ist".

Antje Feiks, Linke-Landesvorsitzende, zum bevorstehenden Wahlkampf "Wir werden mutig in die kommenden Wahlen gehen. Wir sind die Kraft, die längeres gemeinsames Lernen im Freistaat ermöglichen, Nahversorgung und Orte der Begegnung jenseits der Großstädte wieder etablieren und den sozialen Wohnungsbau im Freistaat neu begründen wird. Wir haben mit unserem Wahlprogramm eine Idee entwickelt, wie wir Fortschritt und gesellschaftlichen Zusammenhalt im Freistaat wieder zusammenbringen können."

Quelle: MDR/dk

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Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 02.07.2019 | ab 05:00 Uhr im Programm
MDR SACHSENSPIEGEL | 02.07.2019 | 19:00 Uhr

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