Männer und Frauen versperren eine Straße.
Männer und Frauen versperren eine Straße in Seligenthal. Bildrechte: MDR/Bastian Albrecht

Drei-Länder-Reise Aggressive Stimmung bei Habeck-Besuch in Floh-Seligenthal

15. Februar 2024, 18:17 Uhr

In Südthüringen haben Landwirte gegen den Besuch von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) protestiert. Demonstranten versperrten den Zugang zu einem Werk des Nougatherstellers Viba und versuchten, die Presse an der Berichterstattung zu hindern. Habeck besuchte am Donnerstag Thüringer Unternehmen im Rahmen einer Drei-Länder-Reise. Zuvor hatte sich der Minister unter anderem mit Mitarbeitern des Technologie-Konzern Jenoptik und Vertretern der IHK getroffen.

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In Floh-Seligenthal im Landkreis Schmalkalden-Meiningen haben am Donnerstag Landwirte gegen den Besuch von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) protestiert. Rund 200 Bauern und Handwerker blockierten nach Polizeiangaben mit Traktoren, Autos und Transportern die Zufahrtsstraßen zum Werk des Nougatherstellers Viba. Bundesweit gibt es seit Wochen Proteste von Landwirten, unter anderem weil die Bundesregierung Steuervergünstigungen beim Agrardiesel streichen will.

Fahrzeuge mit Protest-Schildern.
Fahrzeuge mit Protest-Schildern blockierten am Donnerstag Zuwegungen. Bildrechte: MDR/Bastian Albrecht

Demonstranten bedrängen Pressevertreter

Auf Plakaten war zu lesen "Zu viel ist viel", "Die Landwirtschaft macht alle satt, auch die Gegner, die sie hat" und "Ampel ruiniert Landwirtschaft". Die Stimmung war nach Zeugenangaben aggressiv und aufgeheizt.

Journalisten wurden von den Demonstranten beschimpft und daran gehindert, das Werksgelände für die Berichterstattung zu betreten. Die Polizei konnte den Minister auf einem sicheren Weg vom Werksgelände eskortieren.

Fahrzeuge mit Protest-Schildern.
Auch auf Treckern waren Protest-Schilder zu sehen. Bildrechte: MDR/Bastian Albrecht

Minister pocht auf Dialogbereitschaft

Habeck sagte nach dem Werksbesuch: "Das ist jetzt, glaube ich, der normale Zustand, dass Bundesminister mit Protest empfangen werden. Ich kenne das seit einem Jahr, würde ich sagen." Neu sei vielleicht, dass Veranstaltungen nicht durchgeführt werden könnten. Habeck verwies darauf, dass die Grünen am Mittwoch ihre Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch im baden-württembergischen Biberach aus Sicherheitsgründen abgesagt hatten.

Aber Protest muss ja irgendwohin führen und meiner Ansicht nach als allererstes, bevor man vielleicht seinen Willen kriegt, zu einem Gespräch.

Robert Habeck (Grüne) Bundeswirtschaftsminister

Vorausgegangen waren Proteste und Blockaden unter anderem von Landwirten. Das sei keine gute Entwicklung, sagte Habeck. Protest für das eigene Anliegen gehöre zur Demokratie. Es sei das gute Recht von jedem und es sei die Pflicht jeder Politikerin und jedes Politikers, das auszuhalten. "Der Druck, die Unzufriedenheit ist da. Aber Protest muss ja irgendwohin führen und meiner Ansicht nach als allererstes, bevor man vielleicht seinen Willen kriegt, zu einem Gespräch." Wenn aber Lesungen, Diskussionsforen oder politische Veranstaltungen nicht mehr durchgeführt werden könnten und das der Sinn des Protestes sei, dann verhindere er ja das Gespräch, sagte der Minister. Das sei eine gefährliche Entwicklung, die nicht dazu führe, dass Deutschland lösungsorientierter werde.

Besuch bei Jenaer Technologie-Konzern

In Jena hatte Habeck zuvor unter anderem Auszubildende und Mitarbeiter von Jenoptik getroffen. Er stellte sich dort den Fragen, Sorgen und Nöten der insgesamt rund 120 Jenoptiker. Querbeet ging es um Themen wie ÖPNV auf dem Land, den Übergang von der Ausbildung in den Beruf, aber auch um gleiche Löhne in Ost und West. Auch die Sorge um die politische Lage in Thüringen spielte eine Rolle.

Habeck warb bei dem Treffen für eine offene Gesellschaft - Auszubildende und Mitarbeiter aus dem Ausland sollten sich hier willkommen fühlen. Dafür müsse man im Gespräch bleiben. Damit Auszubildende auch bleiben und neue Mitarbeiter kommen, seien die Unternehmen gefragt, sagte der Minister. Das bedeute auch, dass das Lohngefälle zwischen Ost und West abgebaut werden müsse.

Zwei Männer begrüßen sich, umgeben von weiteren Personen.
Robert Habeck zu Gast bei Jenoptik in Jena. Bildrechte: MDR/Katja Bomeier

Minister will Bürokratie abbauen

Habeck besuchte Thüringen am Donnerstag im Rahmen einer Drei-Länder-Reise. Auf dem Plan stehen unter anderem Firmenbesuche und Bürgerdialoge, beispielsweise auch in Leipzig, Nürnberg und München.

Angesichts der deutlich gesenkten Konjunkturprognose will der Bundeswirtschaftsminister Bürokratie abbauen. Das sicherte Habeck bei einem Mittelstandsdialog in Erfurt zu. Dort sprach er während des deutschen Fachkräftetages mit mittelständischen Unternehmen sowie mit Vertretern der Industrie- und Handelskammern aus Mitteldeutschland.

Viele der Teilnehmenden äußerten sich verunsichert und wünschen sich nach eigenen Angaben mehr Verlässlichkeit, weniger Regularien und auch geringere Steuern. Dazu kommen die Sorgen um Mitarbeiter. Die Teilnehmer kritisierten etwa, dass es vor allem bei der Integration von Menschen aus dem Ausland zu viele bürokratischen Hürden gebe. Helfen könne gegen Personalmangel aber auch, Menschen ohne Schul- oder Berufsabschluss zu einem solchen zu verhelfen.

Laut Habeck sind aber nicht alle Probleme hausgemacht. Auch globale Ereignisse wie der Ukraine-Krieg beeinflussten die deutsche Wirtschaft. Wichtig sei bei allen Differenzen, im Gespräch zu bleiben, zuzuhören und gemeinsam Lösungen zu suchen.

MDR (cfr/co)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 15. Februar 2024 | 19:00 Uhr

637 Kommentare

MDR-Team vor 10 Wochen

Damit vielen Dank für die vielen Stimmen unter dem Artikel, auch wenn die Diskussion stellenweise sehr heftig war. Ein User kassierte eine Verwarnung für wiederholte Kommentare mit "Arschloch" bzw. "dummes Arschloch", die an andere User gerichtet waren.
Weil es ja auch immer entsprechende Neugier zu langen Threads gibt: Mit 646 Kommentaren ist dieser Artikel auf Rang elf unter rund 20.000 Beiträgen seit Februar 2018. Spitzenreiter ist die Diskussion zu einer Erfurter Demonstration in Corona-Zeiten mit 1.231 Kommentaren.

Ralf G vor 11 Wochen

astrodon - Die Landwirtschaft wird in der gesamten EU subventioniert. Es sei denn, man will sie in Deutschland abschaffen.
Der Strompreis dagegen lässt sich auf marktwirtschaftlichem Weg senken. Das wiederspricht aber den Träumen von grüner Planwirtschaft.

astrodon vor 11 Wochen

@Anni: Also eine "180 Grad Wende" ist bei mir genau das, was es sein soll. Die Quadratur ist eine Frage der nötigen Genauigkeit und es ist in der Tat so, dass nicht "jeder, der nichts mehr produziert, automatisch insolvent" ist.

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