Halbjahresbilanz "Stark wie nie": Jenoptik profitiert von neuen Chip-Fabriken

09. August 2023, 21:14 Uhr

Der Jenaer Technologiekonzern wächst stark und will zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Doch die Bundesregierung dürfe die Unternehmen nicht mit immer neuen Regularien überziehen. Zudem sorgt sich der Vorstandschef des Unternehmens, das zu elf Prozent einer Tochter der Thüringer Aufbaubank gehört, um das politische Klima im Land.

505 Millionen Euro Umsatz und knapp 33 Millionen Euro Gewinn - der Jenaer Technologiekonzern Jenoptik AG kann im ersten Halbjahr glänzen. Die Werte des Vorjahres wurden deutlich übertroffen. 13 Prozent mehr Umsatz, 40 Prozent mehr Gewinn.

Vor allem die sogenannte Halbleiter-Ausrüstung sticht hervor. Das Jenaer Unternehmen liefert Sensoren, die bei der Herstellung von Mikro-Chips angewandt werden. "Es ist wichtig, dass wir in Deutschland ein Ökoystem haben, wo Firmen, die basierend auf Licht, auf Optik, auf Lasertechnologie die Grundlage dafür bilden", sagt Jenoptik-Vorstandschef Stefan Traeger. Trumpf, Zeiss und Jenoptik gehören zu den wichtigsten Zulieferern für die Maschinen der holländischen Firma ASML, die weltweit zur Herstellung der modernsten Chips mit den kleinsten Strukturen genutzt werden. Jenoptik steuert die optische Qualitätskontrolle bei.

Stefan Traeger
Stefan Traeger Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die Jenaer freuen sich über die geplanten Chip-Fabriken der weltgrößten Hersteller, die mit Subventionen von bis zu 15 Milliarden Euro in Dresden und in Magdeburg gebaut werden sollen. Hier sollen Chips der neuesten Generation entstehen. "Das bedeutet am Ende, dass dort unsere Technologie zwangsläufig zum Einsatz kommen muss", sagt Traeger. "Wir sind die einzigen auf der Welt, die gemeinsam mit anderen Partnern in der Optik diese dafür benötigte grundsätzliche Optik zur Verfügung stellen können."

Um mehr von dieser Technik liefern zu können, wird in Dresden für Jenoptik eine neue Fabrik gebaut - und auch Jena soll profitieren, denn hier findet die Forschung dafür statt. "Wir bauen im Maschinenpark aus. Wir sind am Planen, auch Gebäude auszubauen", so Trager. "Man sieht es von außen nicht so sehr. Aber innen drin im Maschinenraum investieren wir auch in Jena sehr in weitere Infrastruktur, in weitere Produktionskapazitäten. Wir wollen neue Leute einstellen, wir brauchen mehr Mitarbeiter."

Traeger: Fachkräfte aus dem Ausland müssen sich wohlfühlen

Und da drückt der Schuh. Denn aktuell kommen die Mitarbeiter in Thüringen aus insgesamt 29 Nationen. Doch das politische Klima bereitet Sorge. Natürlich müssen man demokratische Wahlen akzeptieren, sagt der Vorstandschef. Wählerschelte bringe nichts und aus dem Tagesgeschäft politischer Diskussionen müsse sich das Unternehmen heraushalten. Aber, so sagt er mit Blick auf die AfD, ohne deren Namen in den Mund zu nehmen: "Wir sind erfolgreich hier in Thüringen, weil wir in Thüringen Innovation treiben können. Und das kommt aus einem offenen Land. Und ich möchte, dass wir in Thüringen die Offenheit erhalten. Wir brauchen das."

Man brauche eine Gesellschaft, "die offen für neue Ideen ist, für neue Ansätze. Offen für andere Menschen auch. Wer sich abschottet, macht dicht. Und das wollen wir nicht." Man müsse darauf vertrauen können, dass auch Fachkräfte aus dem Ausland sich hier wohlfühlten. Und es schwingt mit, dass der angestrebte Kurs, die EU nach außen abzuschotten und nach innen zu entmachten - inklusive der Forderung nach Wiedereinführung einer eigenen Währung - den internationalen Handel behindern würden, von dem Jenoptik stark profitiert.

Auch die Bundesregierung in Berlin bietet Anlass zur Kritik. Es gebe immer mehr Dokumentationspflichten und Berichtspflichten, die Unternehmen Zeit und Arbeit kosten. "Es ist so, dass eine große Firma wie die Jenoptik das schon irgendwie hinbekommt. Wir können die Ressourcen bereitstellen, das zu machen. Aber ich frage mich, wie das ein mittelständisches Unternehmen in Thüringen machen soll. Da gilt es aufzupassen, dass wir nicht die wirtschaftliche Dynamik abwürgen." Betriebe würden zunehmend mit einer Regularik überzogen, "die die überhaupt gar nicht mehr leisten können".

Stark wie nie

Für Jenoptik sieht es jedoch einstweilen sehr gut aus. "So stark wie nie" sei das Unternehmen aufgestellt, sagt Traeger. Neben den 505 Millionen Euro Umsatz im ersten Halbjahr standen Auftragseingänge von fast 550 Millionen Euro. Deswegen werden an mehreren Standorten Kapazitäten erweitert. Das spricht für weiteres Wachstum. Wenn das klappt, dürfen sich die Aktionäre im kommenden Jahr wieder über eine Dividende freuen.

MDR (flog/dr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 09. August 2023 | 19:00 Uhr

7 Kommentare

Stealer vor 39 Wochen

@MDR-Team: Guter Kommentar.

Ansonsten: Jena hat bislang nicht sonderlich unter einer erstarkenden fremdenfeindlichen Stimmung wie anderswo in Thüringen gelitten - ist so etwas wie das in Thüringen, was Leipzig in Sachsen ist.

Es ist nicht so schlimm wie in den 90ern, aber man erkennt schon, dass der Schoß noch fruchtbar ist und die Leute von damals nicht verschwunden sind. Natürlich gibt es bei einem Teil der Migranten Gewalt und Drogenkriminalität - auch das sollte man nicht verharmlosen.

Jenoptik besitzt auch Standorte in Triptis und Dresden, und natürlich macht man sich auch Gedanken über gesellschaftliche Entwicklungen, das ist selbstverständlich. Intoleranz und eine steigende Enthemmung innerhalb der Bevölkerung sind keine guten Voraussetzungen für ein international agierendes Unternehmen.

Ralf G vor 39 Wochen

MDR - Wir haben es mit einer zunehmenden Anti-Migrationsstimmung zu tun, unter der Ausländer zu leiden haben (Ukrainer eher ausgenommen).
Was spricht dagegen, vorurteilsfrei nach den Ursachen zu fragen?
Sicher ist das schwierig für jene, die sich im Besitz der absoluten Wahrheit und Moral wähnen.

Auch ich bin gespannt auf die Kommentare der anderen User.

MDR-Team vor 39 Wochen

Jetzt ernsthaft: Sie glauben, dass jemand gegenüber Menschen mit dunkler Haut oder "fremd" wirkenden Menschen ablehnend aggressiv wird wegen MDR-Berichten oder Unzufriedenheit mit Scholz&Habeck&Lindner oder Parlamentsbeschlüssen? Was können potenzielle Jenoptik-Beschäftigte dafür?
Das Unternehmen erklärt "Man müsse darauf vertrauen können, dass auch Fachkräfte aus dem Ausland sich hier wohlfühlten." Kritik an der Bundesregierung kam zu diesem Punkt nicht, sondern im Zusammenhang von Bürokratie.
Jetzt ist es natürlich wieder Zeit für die Stimmen anderer User, woran es liegen könnte, dass Jenoptik hier ein Problem sieht.

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