Thüringer Kabinett Justizministerin Denstädt neue Landesbeauftragte für Antiziganismus

08. März 2023, 21:23 Uhr

Justizministerin Doreen Denstädt (Grüne) ist vom Thüringer Kabinett zur Antiziganismus-Landesbeauftragten ernannt worden. Kritik daran kommt von CDU und AfD. Vertreterinnen und Vertreter des Landesverbandes der Sinti und Roma dagegen weisen immer wieder auf aktuelle Roma-feindliche Haltungen in der Gesellschaft hin.

Das Thüringer Kabinett hat Justizministerin Doreen Denstädt (Grüne) zur Landesbeauftragten für Antiziganismus ernannt. Denstädt sagte nach der Kabinettssitzung, der Bedarf an Unterstützung für Sinti und Roma sei groß. Der Umgang mit dieser Gruppe sei seit Jahrhunderten von Vorurteilen und Diskriminierung geprägt.

Ministerin sieht Handlungsbedarf

Das habe sich auch wieder bei den Sinti und Roma gezeigt, die während des Ukraine-Krieges als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen seien. Als Landesbeauftragte wolle sie dafür sorgen, dass diese Gruppe eine Teilhabe an Kultur, Wirtschaft und Politik bekomme.

Mahnmal für die in der NS-Zeit ermordeten Sinti und Roma am Reichstag in Berlin.
Das Mahnmal für die in der NS-Zeit ermordeten Sinti und Roma am Reichstag in Berlin. Bildrechte: IMAGO

Denstädt will dazu nach eigenen Angaben Kontakt zu Sinti und Roma bekommen. Zusammenarbeiten will sie auch mit anderen Bundesländern und mit dem Bundesbeauftragten gegen Antiziganismus. Ihr Justizressort übernehme damit eine zusätzliche Aufgabe. Unklar sei noch, welche Ausgaben damit verbunden seien.

Zum Aufklappen: Der Bundesbeauftragte für Antiziganismus

Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler ist der erste Beauftragte der Bundesregierung für Antiziganismus und für das Leben der Sinti und Sintizze sowie Roma und Romanja in Deutschland. Das hat das Bundeskabinett in seiner Sitzung am 09.03.2022 beschlossen. Der Beauftragte ist im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angesiedelt und wird die Maßnahmen der Bundesregierung gegen Antiziganismus koordinieren.

Kritik von CDU und AfD

Kritik kam von der AfD-Landtagsfraktion. Ihren Angaben nach beweist die Ernennung eines Antiziganismus-Beauftragten, dass sich die Landesregierung von der Lebensrealität der Thüringer und deren Sorgen entkoppelt habe.

Die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag kritisierte, dass sich die Baustellen im Justizministerium häuften. "Wenn das Ramelow-Kabinett die neue Ministerin für nicht ausgelastet hält, haben alle Beteiligten ganz offensichtlich ein gravierendes Problem mit der richtigen Schwerpunktsetzung“, hieß es weiter.

Der justizpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Stefan Schard, bezieht sich damit auf Themen wie die "verschleppte" Digitalisierung im Justizbereich, die Pensionierungswelle und die damit verbundene Personalknappheit bei Richtern und Staatsanwälten sowie den Problemen im Justizvollzug. Auch für das neu zu schaffende Landesmigrationsamt ist Justizministein Denstädt zuständig.

Ressentiments und Anfeindungen

Auf einer Gedenkveranstaltung am Freitag am Erfurter Nordbahnhof war die Aktualität des Themas dagegen bekräftigt worden.

Auch heute leiden viele Sinti und Roma, darunter Geflüchtete aus der Ukraine oder aus dem Kosovo, unter rassistischer Hetze.

Jens-Christian Wagner

Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, sagte, dass die Verfolgung der Thüringer Sinti und Roma im Nationalsozialismus bis heute nicht erforscht und in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sei: "Das liegt vor allem am Desinteresse der Mehrheitsgesellschaft sowie an Kontinuitäten von Ausgrenzung und Verfolgung nach 1945. Auch heute leiden viele Sinti und Roma, darunter Geflüchtete aus der Ukraine oder aus dem Kosovo, unter rassistischer Hetze."

Auf aktuelle Roma-feindliche Haltungen in der Gesellschaft wiesen auch Vertreterinnen und Vertreter von RomnoKher (Thüringer Landesverbandes der Sinti und Roma) hin. In Sömmerda etwa hat es zuletzt immer wieder rassistische Anfeindungen gegen aus der Ukraine und anderen Ländern geflüchtete Roma gegeben.

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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 08. März 2023 | 06:00 Uhr

88 Kommentare

Eulenspiegel am 10.03.2023

"Auch heute leiden viele Sinti und Roma, darunter Geflüchtete aus der Ukraine oder aus dem Kosovo, unter rassistischer Hetze."
Ja so ist es!!
Gewiss die Sinti und Roma sind als "fahrendes Volk" in Europa nicht immer einfach. Aber auch sie haben ihre Rechte. Und die, dazu sind wir verpflichtet, müssen wir anerkennen und schützen.

Jens-Christian Wagner

Der Matthias am 09.03.2023

@ Tpass

"Was machen Der Matthias und Martin für die Hilfsbedürftigen Menschen"

Mit Verlaub, aber ich glaube kaum, dass Sie sich (da Sie mich überhaupt nicht kennen!) darüber auch nur ansatzweise ein Urteil anmaßen könnten! Dieselbe Frage könnte ich Ihnen übrigens genauso gut stellen . . . würde in diesem Fall aber, ehrlich gesagt, auch keinen sonderlich großen Wert auf eine Antwort legen!
Im Übrigen betrachte ich Ihre populistische, insinuierende Aussage/Unterstellung als reichlich heuchlerisch: Sich einerseits scheinbar über die Stellenunterbesetzung bei Hilfsorganisationen und sozialen Einrichtungen zu empören und gleichzeitig andererseits verächtlich über "Gutmenschen" herzuziehen. Finden den Fehler!

Der Matthias am 09.03.2023

@ Tpass

"Aber die neuen Bürger hier voll versorgt werden."

Ein typisches, noch dazu faktisch und sachlich falsches Narrativ aus der politisch rechten Ecke (die Verwendung des verächtlich benutzen Wortes "Gutmensch" lässt das für mich auch unzweifelhaft erkennen), das offensichtlich an niederste Neidreflexe appellieren soll. Warum jetzt Roma und Sinti (bzw. der Kampf gegen die Diskriminierung solcher Gesellschaftsgruppen) dafür verantwortlich sein sollen, wenn deutsche Rentner hierzulande aufgrund einer zu niedrigen Pension Flaschen sammeln müssen (noch so ein beliebtes Bild!), erschließt sich mir auch nicht so recht! Das eine hat nämlich mit dem anderen rein gar nichts zu tun, sondern wohl eher mit der persönlichen Erwerbsbiographie. Mir Verlaub, aber ich habe eher den Eindruck, dass Sie für durchaus in Deutschland vorhandene Probleme einen billigen Sündenbock suchen. Und das kann man, um es mal freundlich zu formulieren, nur als höchst wohlfeil bezeichnen!

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