Gärten Trotzt die Rose dem Klimawandel? - Wie Bad Langensalza seine wichtigste Blume hütet

18. August 2022, 18:18 Uhr

Bad Langensalza präsentiert sich mit neun Themengärten seit vielen Jahren als bunte und erlebnisreiche Blumenstadt. Dank des Rosengartens mit einer großen Rosensammlung ist die Stadt national wie international bekannt - auch dank der züchterischen Arbeit von Anni Berger. Doch der Klimawandel führt beim Stadtgärtnern zum Umdenken. Das gilt auch für den Rosengarten.

Es sind bange Blicke in den Himmel, der herrlich blau strahlt, aber eben seit Wochen keinen Tropfen Wasser abgegeben hat. Und es sind noch bangere Blicke auf den Boden, auf dem sich Risse abzeichnen, der immer mehr versandet und der Wasser vor lauter Trockenheit nur wenige Millimeter tief aufnehmen kann. Landauf, landab ist Krise in den Gärten angesagt. Dürre wird zur Regel, ist längst nicht mehr nur Ausnahme.

Der Klimawandel ist auch für städtisches Grün und Parkanlagen wie in Bad Langensalza - immerhin die Garten-, Rosen- und Blumenstadt par excellence in Thüringen - das vorherrschende Thema. Auch hier leiden viele Stauden, Sträucher, Gräser oder Bäume. Die Blütenköpfe und Blätter hängen, Verbrennungen sind sichtbar. Ingo Günther, Gartenamtsleiter der Stadt, erlebt seit vielen Jahren Trockenheit und Hitze, doch 2022 ist nach 2018 ein weiteres Jahr vieler Extreme für den obersten Stadtgärtner und seine hunderttausend Pflanzen.

Pflanzenkultur der Stadt wird von Rosen geprägt

Wenn Bad Langensalza von einer Pflanzenkultur geprägt ist, dann sind es Rosen, eine Verbindung mit langer Historie und noch mehr Geschichten rund um Ihre Majestät, die Rose. Dass der Rosengarten postalisch mit dem Straßennamen "Am Klagetor" zu erreichen ist, spiegelt die Not der Klimakapriolen unweigerlich etwas wider.

Doch bei aller Dramatik aus Trockenheit und Hitze zeigt sich der Garten Mitte August in überraschend gutem Zustand. Den Gärtnerinnen und Gärtnern sei Dank. Die Sorte 'Oh Happy Day' sieht perfekt aus, auch 'Duftjuwel' lockt mit tollen Blüten. Beide gehören zu den jüngeren Züchtungen, die weit resistenter sind als Sorten aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Insgesamt 490 verschiedene Rosen-Arten und -Sorten sind in Bad Langensalza zu finden, über 10.000 Exemplare stehen allein im Rosengarten, innerstädtisch kommen noch mal 5.000 dazu. Eine beachtliche Zahl.

Rosen vertragen mehr Trockenheit

Doch eine Rosenstadt ohne Rosen? Undenkbar für Gartenamtsleiter Ingo Günther, auch weil die Pflanze eigentlich zu den Klimagewinnern zählt. "Rosen sind Tiefwurzler und holen sich, sobald sie ein stabiles Wurzelsystem ausgebildet haben, das notwendige Wasser aus Tiefen von bis zu zwei Meter", so Günther. "Rosen vertragen zudem mehr Trockenheit als viele Stauden, kommen auch mit Starkregen besser klar. Aber wie immer im Leben gilt das nicht für alle Arten und Sorten."

Rosen vertragen mehr Trockenheit als viele Stauden.

Ingo Günther

Auf der Fläche des Rosengartens sind Spuren der heißen und trockenen letzten Wochen sichtbar, auch wenn fast täglich mit Sprengern gegossen wird. Der eigene Brunnen hilft da wenig, denn die Reserven sind laut Aussage von Ingo Günther aufgebraucht. Das benutzte Wasser stammt aus der Ohra-Talsperre. Nicht auszudenken, wenn diese Quelle versiegen würde.

Neue Rosenzüchtungen sind resistener

Die Rose wird auch in den nächsten Jahren in der Stadt aufblühen, da ist sich Ingo Günther als Experte sicher. Allerdings wird der Themengarten und zugleich Herzstück der gärtnerischen DNA der Stadt noch einmal überarbeitet. In diesem Jahr verschwinden 80 bis 90 Sorten aus dem Bestand. Auch im kommenden Jahr werden es bis zu 80 Sorten sein. "Das betrifft vor allem Pflanzen aus den 1970er- bis 1990er-Jahren, die aufgrund der vielen Blattkrankheiten für unsere Mitarbeiter zu pflegeaufwändig sind", erzählt Ingo Günther.

"Ausgetauscht werden sie mit neuen Züchtungen, die wesentlich resistenter gegen Blattkrankheiten wie Mehltau oder Sternrußtau sind. Der Austausch läuft bereits und in den vorderen Bereichen haben wir schon viele neue Sorten aufgepflanzt."

Die Züchtungen von Anni Berger, die einzige anerkannte Rosenzüchterin Deutschlands, sind davon nicht betroffen. Rund 50 von ihr gezüchtete Rosensorten wurden seinerzeit staatlich zugelassen und in den Handel gebracht. Berger hat den Ruf der Stadt als Rosenstadt geprägt wie keine andere Person.

"Die Folgen der Klimakrise betreffen aber das ganze Stadtbild", sagt Ingo Günther. "Der Großbaumbestand leidet am meisten, wir haben fast alle Birken verloren, wir haben in den letzten Jahren fast alle Baumhasel verloren, die ja mal als guter Stadtbaum propagiert wurde. Ähnliches gilt für die Maulbeere. In den Städten muss jeder seinen eigenen Weg für die sehr individuellen innerstädtischen Klimabedingungen finden."

Rosenzüchterin (Anni Berger) 3 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Es wird viel gewässert und gepflegt

Als Kurstadt hat Bad Langensalza einen Auftrag zu leisten. Dieser Anspruch an schöne, gepflegte Kuranlagen muss sich auch in den Themengärten zeigen. Es wird viel gewässert, viel gepflegt, viel geschnitten, manchmal auch nachgepflanzt. "Kompromisse müssen immer eingegangen werden", sagt Ingo Günther.

"Wir sind Kurstadt, das darf man nicht vergessen. Da haben Besucher eine gewisse Erwartung. Das ist gleichzeitig die Krux: Hier Kurstadt. Da naturnahes Stadtgrün. Da hat man schon sachliche Zwänge, denen man unterworfen ist. Die einen wollen die Flächen nur zweimal im Jahr gemäht haben, damit Insekten und Co. versorgt sind. Andere wollen einen wöchentlichen Schnitt, damit alles schick aussieht."

Die Mitarbeiter im Gartenamt haben bei Hitze und Trockenheit viel zu tun, damit der touristische Magnet "Garten" die Menschen weiterhin anzieht. Dass bis zu 160.000 Besucher den Weg in die Gärten von Bad Langensalza finden, liegt an dem hohen Renommee der Stadt in Sachen "Grün" und der Vielfalt, die sich bietet. Der Klimawandel ist nur ein Problem auf dem Weg in die Zukunft.

Wir sind Kurstadt, das darf man nicht vergessen. Da haben Besucher eine gewisse Erwartung.

Ingo Günther

Teurer Dünger und Personalprobleme

Andere Probleme liegen quasi vor der Tür. Ein Fass mit 200 Liter Dünger kostet normalerweise knapp 500 Euro. Mittlerweile steht der Preis bei über 1.400 Euro. "Gärtnern wird und ist eine Herausforderung, und es wird es auch bleiben", erzählt Ingo Günther. "Wir haben gerade eine Stellenausschreibung gehabt für einen Baumpfleger. Null Bewerbungen. Einen engagierten Gärtner zu bekommen, wird in den nächsten Jahren immer schwieriger."

MDR (dr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 18. August 2022 | 19:00 Uhr

1 Kommentar

Freies Moria am 18.08.2022

Und wieder wird Wetter mit Klima verwechselt!
Wie wir aktuell an den Prognosen für den ersehnten Regen leicht sehen können, schaffen es weder Wissenschaft noch Medien das Wetter taggenau vorherzusagen.
Aber wie das Klima wird, und was wir tun müssen, um es zu steuern, das wird uns in jedem zweiten Artikel nebenher erklärt!
PS: Neulich fand man ein Sportflugzeug in den Alpen, was vor 50 Jahren abgestürzt war. Es war durch steigende Schnee- und Eismassen unzugänglich und jetzt wieder freigelegt.
Welchen Beweis braucht man denn noch, daß das Klima mal kälter und mal wärmer wird, egal was wir Menschen so treiben?

Mehr aus der Region Nordhausen - Heiligenstadt - Mühlhausen - Sömmerda

Mehr aus Thüringen