Naturschutz Vorzeigeprojekt: Vogel-TV aus der Dornaer Dorfkirche

10. Juni 2022, 12:22 Uhr

Auf den ersten Blick sieht die Dorfkirche Dorna bei Gera aus wie eine Kirche, die es fast in jedem Dorf in Thüringen gibt. Sie ist schon mehr als 400 Jahre alt und wurde zuletzt vor dem Verfall gerettet. Doch ist sie auch ein Vorzeigeprojekt für den Naturschutz. Seit fünf Jahren ist die Dornaer Kirche eine Art Wohnpark für viele junge Tierfamilien - und sie ist eine ganz besondere Überwachungszentrale.

Mit spitzen Schreien kreist der Turmfalke um die Kirche. Lächelnd schaut ihm Mario Scholz hinterher. Er freut sich, dass das Falkenpärchen den Nistkasten im Dach der Kirche in Dorna bei Gera angenommen hat; auch wenn der Nachwuchs noch ausbleibt. Da sieht es bei den Schleiereulen schon anders aus: Drei Eier liegen aktuell im Nest. Inzwischen könnten es mehr sein. Doch dazu gleich mehr.

Unsere Umwelt ist relativ still geworden.

Mario Scholz Umweltschützer

"Unsere Umwelt ist relativ still geworden. Wir erinnern uns an unsere Kindheit. Da war Vogelgezwitscher von morgens bis abends. Das stirbt langsam aus. Aus diesem Grund wollen wir eben probieren, Arten zu erhalten und zu schützen.", sagt Umweltschützer Scholz.

Der Pfarrgarten in Dorna wird zum einen von "Bio-Rasenmähern" gepflegt, sprich kleine schwarze Ouessantschafen. Auf dem Friedhof steht der Rasen teilweise kniehoch. Für Annett Scholz "eine Oase für Bienen und andere Insekten". Und zum anderen hat das Ehepaar Mario und Annett Scholz rund um die Kirche Nistkästen aufgehangen.

"Über 60 Nistkästen sind es mindestens", sagt Mario Scholz. In allen Formen und Größen, passend für die Bedürfnisse der verschiedensten Vogelarten. Um den Kirchturm hängen lange Kästen für Mauersegler und flache Kisten für Fledermäuse. Die meisten fallen überhaupt nicht auf.

An unseren Kirchen könnten noch viel mehr Nistkästen hängen. Platz ist genug!

Annett Scholz Umweltschützerin

So wie in Dorna könnte es an vielen Kirchen aussehen. Doch noch immer würden sich viele Kirchen weigern, dort Nistkästen anbringen zu lassen. Für die Dornaer Kirche unterstützte der Gemeindekirchenrat das Projekt. "Gerade Kirchen sollten doch die Schöpfung bewahren", sagt Annett Scholz. Die engagierte Christin wünscht sich, dass die Gemeinden nicht die Arbeit sehen, die mit dem Anbringen von Nistkästen einher geht. "Das geht ganz einfach", sagt sie. Sondern das Leben, welches so geschaffen und erhalten wird.

Die Dorfkirche als Vogel-Überwachungszentrale

An einigen der Nistkästen in Dorna sind Stangen zu sehen. An denen sind Kameras installiert. Um mehr über die Tiere zu erfahren, hat Familie Scholz in der Dorfkirche eine regelrechte Vogel-Überwachungszentrale eingerichtet. 16 Kameras sind vor und in den Nistkästen eingebaut. Das Vogelkino - für Familie Scholz das beste Entspannungsprogramm, das nie langweilig werde, lacht Annett Scholz. Über einen Monitor ist so alles zu sehen, was vor und im Nistkasten passiert. Wirklich alles.

"Bei den Schleiereulen ist es manchmal wie bei den Menschen", schmunzelt Mario Scholz. "Hier sehen wir das ganz deutlich: Das Männchen bringt seinem Weibchen eine Maus als Geschenk. In der Hoffnung, dass er mal 'ran' darf. " Er darf. Nach Sekunden ist der Spaß vorbei. "Wenn wir Glück haben, haben wir morgen ein Ei mehr." Schleiereulen brüten mehrfach im Jahr.

Bei den Schleiereulen ist es manchmal wie bei den Menschen.

Mario Scholz Umweltschützer

Rund um die Uhr wird gefilmt - die Aufnahmen gehen dann unter anderem an die Deutsche AG zum Schutz der Eulen. Wissenschaftlich werden die Filmaufnahmen ausgewertet. "Weil selbst da noch nicht alles bekannt ist. Und aufgrund von neuen Erkenntnissen kann man wesentlich bessere Schutzmaßnahmen einleiten und erreichen als das, was bisher schon geschehen ist", erklärt Mario Scholz.

Vögel haben sich an Glockenläuten und Kirchgänger gewöhnt

Rund 20 Dohlen, zwei Schleiereulen und zwei Turmfalken leben inzwischen in der Dornaer Dorfkirche. Die Fledermäuse hat noch keiner gezählt. Die Gottesdienstbesucher stören die Tiere übrigens nicht - daran haben sie sich gewöhnt.

Auch an das Glockenläuten. "Die Tiere passen sich schon an", sagt Mario Scholz. "Aber man muss ihnen dennoch die Chance auf ein gutes und artgerechtes Zuhause geben -  mit soviel Natur wie möglich."

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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 10. Juni 2022 | 19:00 Uhr

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