Feuerwehrjacken hängen nebeneinander.
Wie es in Saalfeld mit den Feuerwehren weitergeht, ist noch nicht ganz klar. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Rettungskräfte Der steinige Weg zur Berufsfeuerwehr: Wie Saalfeld hauptamtliche Kameraden bekommen möchte

17. August 2023, 11:45 Uhr

Im Brandfall ist schnelle Hilfe nötig, doch die Freiwilligen Feuerwehren sind nicht mehr überall in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit am Einsatzort. Die Stadt Saalfeld will daraus jetzt möglicherweise Konsequenzen ziehen.

In der Feuerwache Saalfeld rollen Löschfahrzeuge auf den Hof. Die Kameraden kommen von einem Einsatz zurück und bereiten alles für eine nächste Alarmierung vor. Laut Gesetz müssen sie innerhalb von zehn Minuten am Einsatzort sein.

In Saalfeld wird das allerdings immer schwieriger. "Wir sind zurzeit etwa 380 Kameraden in der Saalfelder Feuerwehr", sagt der Stellvertretende Stadtbrandmeister Sebastian Ellmer. "Doch der Altersdurchschnitt steigt."

Ein Feuerwehrmann spricht in die Kamera.
Sebastian Ellmer aus Saalfeld Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Außerdem ist das Stadtgebiet von Saalfeld durch die vielen Eingemeindungen der letzten Jahre gewachsen. Inzwischen gibt es in den Ortsteilen zwanzig Feuerwachen, einige nur mit wenigen Kameraden. Und die arbeiten zum großen Teil nicht vor Ort und brauchen deshalb länger zum Einsatz.

Mögliche hauptamtliche Wehr

Deshalb denkt die Stadt über die Gründung einer Berufsfeuerwehr nach. Laut Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz müssen Städte mit mehr als 30.000 Einwohnern schon jetzt ständig hauptamtliche, sogenannte feuerwehrtechnische Bedienstete vorhalten.

Die Entscheidung machen wir uns deshalb nicht leicht.

Steffen Kania Bürgermeister (CDU) Saalfeld

In Saalfeld sind deshalb zehn Berufsfeuerwehrleute angestellt. In einer Berufsfeuerwehr wären es noch zwanzig mehr, damit rund um die Uhr immer genügend Kameraden zur Verfügung stehen. "Wir rechnen für eine Berufsfeuerwehr mit Mehrkosten von einer Million Euro", sagt Bürgermeister Steffen Kania (CDU). "Die Entscheidung machen wir uns deshalb nicht leicht."

Bürgermeister Steffen Kania (li.) will die freiwilligen Feuerwehrleute bei den Plänen einbeziehen.
Bürgermeister Steffen Kania (li.) will die freiwilligen Feuerwehrleute bei den Plänen einbeziehen. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Anfangs Skepsis unter Freiwilligen

Die Ehrenamtlichen waren anfangs alles andere als begeistert. Viele befürchteten, dass sie zu Feuerwehrleuten zweiter Klasse werden. Auch Sebastian Karsch, Wehrführer im Ortsteil Schmiedefeld, gehörte zu den Kritikern. "Wir hatten Angst, dass wir dann nicht mehr gebraucht werden oder weniger Einsätze fahren, und das ist ja heute ein wichtiger Punkt für viele in der Feuerwehr."

Freiwillige wollen vor allem Einsätze fahren

Deshalb setzten sich Bürgermeister, Haupt- und Ehrenamtliche schon frühzeitig zusammen, um die Bedenken auszuräumen. Außerdem nutzten sie Kontakte nach Mühlhausen, das seit 2019 eine Berufsfeuerwehr hat und mit ähnlichen Sorgen zu kämpfen hatte.

Bert Renner, Leiter der Berufsfeuerwehr Mühlhausen kann die Bedenken verstehen, macht aber auch Hoffnung. "Wenn sich alle ernstgenommen fühlen, ist das eine Win-Win-Situation", sagt der Feuerwehrchef. Schließlich wollten die Freiwilligen vor allem Einsätze fahren und danach nicht stundenlang im Gerätehaus arbeiten. Das übernehmen in Mühlhausen die Berufskameraden, die nach den Einsätzen die Technik wiederherstellen.

Auf der anderen Seite übernehmen die Hauptamtlichen im Brandfall den ersten Löschangriff, bis sie von den Freiwilligen unterstützt werden.

Insgesamt zwanzig Stützpunkt-Feuerwehren gibt es auf dem Gebiet der Stadt Saalfeld.
Eins der Einsatzfahrzeuge in Saalfeld Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Mühlhausen begann schon vor 20 Jahren

Auch in Mühlhausen führten vor allem Nachwuchssorgen zur Berufsfeuerwehr. Oft absolvierte hier der Nachwuchs eine Ausbildung und wechselte dann mit dem Diplom in der Tasche zu einer der Berufsfeuerwehren in Erfurt, Weimar oder Gotha. Mit dem Aufbau der Profi-Abteilung begannen die Mühlhäuser schon vor 20 Jahren. Stück für Stück wurden Feuerwehrleute ausgebildet oder neu eingegliedert.

Aktuell gibt es in Thüringen zehn Berufsfeuerwehren. Dazu gehören Thüringer Feuerwehrverband Erfurt, Jena, Gera, Weimar, Gotha, Eisenach, Altenburg, Nordhausen, Suhl und Mühlhausen.

Vier Männer sitzen an einem Tisch.
Politik und Feuerwehr an einem Tisch: In Zukunft könnte es in Saalfeld vielleicht eine Berufsfeuerwehr geben. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Mitgliederverluste durch fehlende Wertschätzung

Zusätzlich helfen Stand Ende 2021 über 1.600 Freiwillige Orts- und Stadtteilfeuerwehren - nicht nur im Brandfall. Und auch in den Städten mit Berufsfeuerwehren gibt es weiterhin Ehrenamtliche.

Laut Thüringer Feuerwehrverband liegt das auch am hohen Einsatzaufkommen in den größeren Gemeinden. Eine Berufsfeuerwehr allein könne die Aufgaben nicht absichern, heißt es aus Erfurt. Auch deshalb sieht der Verband ein gutes Miteinander zwischen Berufskameraden und Freiwilligen als wichtig an. Fehlende Wertschätzung gegenüber den Ehrenamtlichen führe zu Spannungen und Mitgliederverlusten.

Bert Renner in Mühlhausen gab seinen Saalfelder Kollegen deshalb den Rat, die Pläne mit den Ehrenamtlichen gemeinsam zu beraten und erst dann dem Stadtrat vorzulegen. Sollte es tatsächlich zur Gründung einer Berufsfeuerwehr in Saalfeld kommen, wollen die Mühlhäuser den Weg weiter unterstützen.

MDR (dst)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 16. August 2023 | 19:00 Uhr

1 Kommentar

Klaus112 vor 37 Wochen

Ich freue mich über den vorgestellten Ansatz. Als Sachse und ehrenamtlicher Feuerwehrmann wünsche ich mir, dass auch hier kritischer auf die sogenannte Einsatzbereitschaft geschaut wird. Damit meine ich tatsächlich zeitkritische Einsätze, nicht Maibaustellen, Faschingsumzug absichern. Wir machen uns da immer noch was vor - weil wir glauben, dass die kommunale Selbstverwaltung alles richten wird. Ein Irrglaube. Vorgaben des Landes wie in Thüringen müssen endlich her, sonst gibt es keine landesweiten Qualitätsstandards. Zu viel Angst vor Ehrenamtlern, die ihren gewohnten Trott nicht verlassen wollen und Angst um ihr (eingeredetes) Heldenimage haben, ist unangebracht. Starke ehrenamtliche Einheiten, auch unterstützt durch hauptamtliche Einheiten als "sichere Bänke" (Stützpunktfeuerwehren) wie in Thüringen sind für Sachsen ein wesentlicher Schritt nach vorn. Was nützen mir tolle und teure Fahrzeuge, wenn sie im flachen Land nicht besetzt werden können.

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