Rudolstadt Nach Messerattacke in Gemeinschaftsunterkunft: Warum die Polizei die Öffentlichkeit nicht sofort informierte
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11. Oktober 2024, 18:27 Uhr
In einer Gemeinschaftsunterkunft in Rudolstadt wurde ein Mann am 10. September mit einem Messer schwer verletzt. Die Polizei informierte die Öffentlichkeit erst eine Woche später. Das sind die Gründe.
Zur Gemeinschaftsunterkunft in Rudolstadt rückte am 10. September die Polizei aus. Zwei Bewohner waren in Streit geraten. Es kam zu einer körperlichen Auseinandersetzung. Dabei wurde ein Mann mit einem Messer schwer im Gesicht verletzt.
Bekannt wurde der Vorfall erst eine Woche später in den Medien. Zuerst berichtete die "Ostthüringer Zeitung" (OTZ) - nach einem anonymen Hinweis. Vor der Gemeinschaftsunterkunft habe es ein Großaufgebot von Polizei und Rettungskräften gegeben.
Eine gewisse Zeit war unklar, ob das Opfer sich die Verletzungen eventuell sogar selbst zugefügt hat.
In einem Schreiben an die Zeitung heißt es laut OTZ unter anderem: "Der Vorfall ereignete sich mitten in einem belebten Teil der Stadt, in unmittelbarer Nähe zu mehreren Supermärkten und einem Ärztehaus. Zahlreiche Passanten und Patienten wurden Augenzeugen, was für zusätzliche Unruhe sorgte."
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte es noch keine offizielle Presseinformation von Polizei oder Landratsamt gegeben. Am gleichen Abend informierte Landrat Marko Wolfram (SPD) im Kreistag öffentlich über den Messerangriff. Weitere Medien griffen das Thema auf.
Aus Sicht der Polizei viele Unklarheiten
Auf Nachfrage von MDR THÜRINGEN, warum die Polizei die Öffentlichkeit nicht in einer offiziellen Pressemitteilung über die Messerattacke informierte, antwortet die Pressesprecherin der Landespolizeiinspektion in Saalfeld, Stefanie Kurrat: "Eine gewisse Zeit war unklar, ob das Opfer sich die Verletzungen eventuell sogar selbst zugefügt hat."
Der Tathergang war nicht ausreichend bekannt, sodass wir uns gegen eine Pressemeldung entschieden haben.
Daher mussten, so Kurrat, erst noch ausstehende Ermittlungen erfolgen, alles andere wäre Spekulation gewesen. "Entweder steuern wir polizeilicherseits Fakten beziehungsweise wirklich fundierte Umstände, oder lassen es komplett, wie in diesem Fall."
Beteiligte standen unter Alkoholeinfluss
Dazu habe es weitere Probleme gegeben. Beide Beteiligten hätten unter Alkohol- und Drogeneinfluss gestanden. Zudem habe es eine Sprachbarriere gegeben und eine enorme Aggressivität. "Der Tathergang war nicht ausreichend bekannt, sodass wir uns gegen eine Pressemeldung entschieden haben." Aus Sicht der Polizei sei der Vorfall außerdem nicht öffentlichkeitswirksam gewesen. "Ausdrücklich nicht, auch entgegen anderer, medialer Meinungen", so Kurrat.
Der Beschuldigte ist in weiteren Verfahren ebenfalls tatverdächtig.
Die Gründe: Der Tatort lag laut Polizei direkt in der Gemeinschaftsunterkunft. Es hätten sich dort weder Unbeteiligte aufgehalten, noch hautnah etwas mitbekommen.
"Vor dem Gelände, was teils von Mauern umgeben ist, steht ein Wachdienst", sagt Kurrat. "Ärzte und ein Supermarkt befinden sich zwar in der Nähe, doch meiner persönlichen Meinung nach, ist das trotzdem alles viel zu weit weg vom Ereignisort, um von einer Öffentlichkeitswirksamkeit in auch nur irgendeiner Form sprechen zu können."
Mutmaßlicher Täter ist polizeibekannt
Die Kriminalpolizei in Saalfeld und die Staatsanwaltschaft in Gera ermitteln wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung. Tatverdächtig ist laut Polizei ein 54-jähriger Bewohner der Unterkunft. Der Mann sei in Libyen geboren worden und ist laut Polizei und Staatsanwaltschaft polizeibekannt.
Oberstaatsanwalt Thomas Riebel sagt dazu auf Nachfrage von MDR THÜRINGEN: "Der Beschuldigte ist in weiteren Verfahren ebenfalls tatverdächtig. Dazu laufen die Ermittlungen noch. Aus diesem Grund und um die Ermittlungen nicht zu gefährden, vermag ich dazu keine weiteren Angaben zu machen."
Das Opfer war laut Polizei ein 36-jähriger Mann, dessen Staatsangehörigkeit ungeklärt ist. Der Mann erlitt durch den Messerangriff schwere Verletzungen im Gesicht und kam in ein Krankenhaus. Bereits am Vorabend sei es zwischen den beiden Beteiligten zum Streit gekommen.
Das Opfer befindet nach Polizeiangaben inzwischen nicht mehr in der Klinik. Laut Landrat Marko Wolfram wurde der mutmaßliche Täter in einer Psychiatrie untergebracht. Die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft sind noch nicht abgeschlossen.
Gemeinschaftsunterkunft beherbergt 288 Menschen
Die Gemeinschaftsunterkunft in Rudolstadt gibt es seit 2015. Laut Landratsamt wohnen dort zurzeit 288 Menschen, die vor allem aus der Ukraine (123 Menschen), der Türkei (66 Menschen) und Afghanistan (37 Menschen) kommen. Wie lange sie in der Gemeinschaftsunterkunft bleiben, hängt von der Dauer des Asylverfahrens ab.
Nach der Thüringer Verordnung für Gemeinschaftsunterkünfte stehen jedem Bewohner sechs Quadratmeter oder mehr Raum zu, je nach Konstellation der Wohnung oder des Familienverbands. Zehn Mitarbeitende gibt es laut Landratsamt in der Unterkunft. Fünf davon kümmern sich demnach um die soziale Betreuung der Bewohner. Drei arbeiten rund um die Uhr im Sicherheitsdienst - nach einem Sicherheitskonzept des Landratsamts.
MDR (cfr)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 18. September 2024 | 15:30 Uhr
Werner_1955 vor 3 Wochen
polizeibekannt.
So wie immer, und die Politik kann auch an diesem nächsten massivem Einzelfall nicht lernen.
Die Bürger und demokratischen Wähler schon sehr viel.
Maria A. vor 3 Wochen
Straftaten, keine Gewaltverbrechen. Und da waren sicherlich politische Vergehen eingerechnet. Mit vielen Jahren DDR-Erfahrung kann man sich vorstellen, dass da jede Schmiererei, jeder anonyme Brief, jede politisch nicht korrekte Äußerung, als Straftat gemeldet und mit eingerechnet wurde.
Freies Moria vor 3 Wochen
@Deutscher Patriot: Ihre Antwort strotzt vor rabulistischer Tricks, darunter das aus dem Zusammenhang gerissene Wort gleich mehrfach.
Meine Antwort ist einfach: Unser Rechtsstaat kann nur so lange einer bleiben, wie die Zustände der Fluchtstaaten nicht hierherkommen.
Und leider ist es bereits jetzt so, dass einerseits Migranten stärker kontrolliert werden als Deutsche (während der Fussball EM gab es dazu explizite Anweisung) und andererseits die Strafverfahren reihenweise bei Migranten milder ausgehen als bei Deutschen (tägliche Berichterstattung). Schon verloren...