Thürigens Ministerpräsident Bodo Ramelow von Nahem beim Sommerinterview 2023.
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte im Gespräch mit Lars Sänger: "Ich will kandidieren, ich werde kandidieren". Bildrechte: MDR THÜRINGEN

MDR THÜRINGEN-Sommerinterview 2023 Ministerpräsident Bodo Ramelow will Thüringen weiter regieren

18. August 2023, 14:50 Uhr

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte im MDR THÜRINGEN-Sommerinterview, dass er erneut Ministerpräsident werden will. Er hoffe auf ein klares Votum der Bevölkerung zum Weiterregieren.

Ministerpräsident Bodo Ramelow will sein Amt verteidigen. Der Linke-Politiker sagte im MDR THÜRINGEN-Sommerinterview, dass er auf ein klares Votum der Bevölkerung zum Weiterregieren hofft. Das gehe aber nicht, wenn er mit seinen Linken ein deutlich schlechteres Ergebnis als 2019 einfahren würde, sagt er weiter.

Bei der letzten Landtagswahl hatte die Linke 31 Prozent der Stimmen bekommen. Bei der aktuellen Umfrage von infratest dimap kommt die Partei derzeit nur noch auf 20 Prozent.

Sommerinterview Bodo Ramelow (DIE LINKE) 29 min
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Ramelow: "Ich werde kandidieren"

"Ich stehe für Kontinuität", sagte er im Gespräch mit Lars Sänger. "Für Kontinuität in dem Sinne, dass ich in schwierigen Zeiten in diesem Land den Nachweis bringen wollte, dass auch komplizierte Aufgaben lösbar sind." Eine Landesregierung zu stellen, die keine eigene Mehrheit hat, das habe es in Deutschland noch nie gegeben und sei eine große Herausforderung gewesen.

Wenn die Wählerinnen und Wähler damit einverstanden waren, wie er auch in komplizierten und schwierigen Zeiten das Land geführt habe, dann könnten sie das im Wahlkampf mit ihm debattieren. "Ich will kandidieren, ich werde kandidieren", sagte Ramelow.

Er lehnte es ab, über andere Wege der Regierungsbildung zu diskutieren. Dazu gehörte auch die Frage, ob die Linke eine von der CDU geführte Minderheitsregierung tolerieren würde. Der Plan B sei, eine eigene Mehrheit zu bekommen, so Ramelow. "Ich möchte mich erst den Wählern zur Abstimmung stellen, damit wir wissen, wie die Mehrheitsverhältnisse sind."

Offen ließ der Linke-Politiker auch, wie er die eigene Zukunft im Fall einer Wahlniederlage sieht. Dafür gebe es genug Ideen und Möglichkeiten, aber darüber wolle er jetzt nicht nachdenken. Er sagte: "Ich bin aktiver Senior im Einsatz."

Der größte Produzent an Batterien und Zellen der Welt hat sich für Thüringen entschieden.

Bodo Ramelow Thüringens Ministerpräsident über CATL

Ramelow wies zudem Kritik zurück, Thüringen falle wirtschaftlich hinter den anderen ostdeutschen Bundesländern zurück. Von den Ansiedlungen von Chipproduzenten wie Intel in Sachsen-Anhalt oder TSMC in Dresden könnten Thüringer Zulieferbetriebe profitieren.

Die aktuelle negative Handelsbilanz des Landes sei nur vorübergehend. Ramelow verwies auf die Ansiedlung von CATL am Erfurter Kreuz. "Der größte Produzent an Batterien und Zellen der Welt hat sich für Thüringen entschieden." Die Neuansiedlung werde sich dann auswirken, wenn die Produktion auf vollen Touren laufe.

Exporte aus Thüringen zuletzt eingebrochen

Wenn CATL seine Produktion im vollem Umfang aufgenommen habe, werde auch die Thüringer Handelsbilanz wieder positiv ausfallen. Zuletzt hatte der Wert der Importe nach Thüringen den der Ausfuhren überstiegen. Laut Ramelow verhandelt die Landesregierung zurzeit mit drei Firmen über die Ansiedlung von Werken zum Recycling von Batterien.

Bodo Ramelow und Lars Sänger sitzen sich beim MDR THÜRINGEN-Sommerinterview gegenüber auf zwei Sesseln.
Ministerpräsident Bodo Ramelow: "Die AfD zieht Menschen an, die mit bestimmten Sachen in den letzten Jahren einfach nicht mehr klargekommen sind". Bildrechte: MDR THÜRINGEN

Ramelow räumte ein, dass die AfD der Linken zumindest teilweise den Rang als Stimme der Unzufriedenen abgelaufen hat. "Die AfD zieht Menschen an, die mit bestimmten Sachen in den letzten Jahren einfach nicht mehr klargekommen sind. Das kann ich nur feststellen."

So sei beispielsweise die Corona-Politik, die die Landesregierung zu verantworten hatte, eine große Herausforderung und eine Zumutung gewesen, "für uns, aber vor allen Dingen für die Menschen, für die Eltern, die ihre Kinder nicht in die Schule geben konnten und für die Kindergärten, die geschlossen waren". Hinzu komme der russische Angriffskrieg auf die Ukraine mit den gestiegenen Öl- und Benzinpreisen. "Dieses Unwohlsein kann ich verstehen."

Ramelow: Linke wurde früher ausgegrenzt

Die Linke und davor die PDS seien früher von den anderen Parteien ausgegrenzt worden. Das habe automatisch dazu geführt, dass ein Teil der Wähler die Linke unterstützt habe. Dieser Effekt sei jetzt auch bei der AfD zu beobachten.

Streit um Sahra Wagenknecht

Ich finde es bedauerlich, dass die in Thüringen geborene Sahra Wagenknecht, die ich sehr schätze, mit dem Gedanken spielt, eine eigene Partei zu gründen.

Bodo Ramelow Thüringens Ministerpräsident

Zum parteiinternen Streit um Sahra Wagenknecht sagte Ramelow: "Ich finde es bedauerlich, dass die in Thüringen geborene Sahra Wagenknecht, die ich sehr schätze, mit dem Gedanken spielt, eine eigene Partei zu gründen." Dass hier von einer ehemaligen Vertreterin des kommunistischen Flügels der Linken eine ganze andere Tonart entwickelt werde, sei irritierend. "Was ich dabei schwierig finde, ist, dass jetzt auch unsere Bundestagsfraktion innerlich zerbricht. Das halte ich für keine gute Entwicklung."

Wir reden über abwesende Parteien, die gar nicht existieren.

Bodo Ramelow Thüringens Ministerpräsident

Ramelow sagte, er wisse nicht, ob Sahra Wagenknecht eine Partei gründe. "Wir reden über abwesende Parteien, die gar nicht existieren." Auf Thüringen bezogen sagte er: "In Thüringen kann man Bodo Ramelow wählen und die Linke wählen." Bei der Thüringer Linke gebe es keinen Streit und kein Zerwürfnis. "Es ist ein Landesverband, der gut funktioniert."

Bildungspolitik als zentrales Thema

Als zentrales Thema für eine neue Landesregierung unter seiner Führung nannte Ramelow unter anderem die Bildungspolitik. "Wir haben allein in meiner Amtszeit 6.500 neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt. Da ist doch viel passiert." Zudem seien 600 Millionen Euro über den Landeshaushalt in die Schulsanierung investiert worden. Nun gehe es darum, weiter neue Lehrer einzustellen und den Ausfall von Unterricht zu reduzieren.

Zu den Sommerinterviews waren Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker der sechs Parteien eingeladen, die bei den Landtagswahlen in Fraktionsstärke in den Thüringer Landtag gewählt worden sind.

MDR (caf)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 18. August 2023 | 19:00 Uhr

94 Kommentare

Tschingis1 vor 36 Wochen

@Goldloeckchen
Wozu eine Warnung, wenn sich die Lehrer*innen an das Neutralitätsgebot halten und lediglich im Rahmen ihres Unterrichts die Parteienlandschaft erklären?

Und es wird nichts hochgespielt, dafür gibt es genug Beispiele.

Der Matthias vor 36 Wochen

@ Ralf G

"der die meisten Bürger nichts zutrauen"

Der AfD trauen die meisten Bürger auch nichts zu! Nicht einmal die eigenen Anhänger, wie Umfragen bestätigen! Diese Skepsis der Wähler trifft doch - je nach Partei, in unterschiedlicher Stärke und Ausprägung - im Moment ausnahmslos ALLE Parteien . . .

Goldloeckchen vor 36 Wochen

„ Doch wohin dieser Pranger führte, lässt sich sehr gut recherchieren.“

Das wird hier wieder hochgespielt.
Letztendlich halten sich ja alle Lehrer an die Regeln, deswegen ist das vielleicht nur als Warnung gedacht☝️

🫣🙋‍♀️😉😂

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