Mario Voigt beim MDR THÜRINGEN-Sommerinterview, 2021
CDU-Landeschef Mario Voigt ist einer der Gäste bei den MDR THÜRINGEN-Sommerinterviews 2023. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Sommerinterview Der Getriebene: Mario Voigt von der Thüringer CDU im Portrait

06. Juli 2023, 15:00 Uhr

Unter Landeschef Mario Voigt hat sich die Thüringer CDU auf ein Themen-Feuerwerk und eine Dauerkampagne gegen Rot-Rot-Grün verlegt. Dabei bietet Voigt selber Angriffsfläche - und der Erfolg seines Kurses ist zweifelhaft.

Mario Voigt hofft, dass in knapp einem Jahr seine Zeit gekommen sein wird. Nach dann zehn Jahren auf der harten Oppositionsbank will er die CDU wieder in Regierungsverantwortung bringen. Voigts erklärtes Ziel ist es, nach der Landtagswahl 2024 Ministerpräsident von Thüringen zu werden.

Jetzt, da der Wahlkampf so langsam beginnt, gilt es für den 46-Jährigen, sich Profil und eine gute Ausgangslage zu verschaffen. Bislang gilt: Zwar hat der CDU Landes- und Fraktionschef durchaus zugelegt, was Bekanntheitswerte und Wahrnehmung angehen. Entscheidend gepunktet hat er aber noch nicht.

Zahlen lügen nicht

Es ist ein Donnerstag Ende April. Mario Voigt hat schon am Abend vorher erfahren, was die Thüringer an diesem Tag zu lesen bekommen: Die Thüringer CDU ist in der Wählergunst laut Umfrage wieder zurückgefallen. Sie hinkt auch weiterhin dem Wahlergebnis von 2019 hinterher.

Und wenn sich die Thüringer direkt für einen Ministerpräsidenten entscheiden könnten, hätten der Linke Bodo Ramelow und der Rechte Björn Höcke immer noch die Nase vorn. Lediglich vom zweiten, designierten Ramelow-Herausforderer, SPD-Innenminister Georg Maier, hat er sich zumindest ein Stück absetzen können.

Es ist also kein besonders guter Tag im politischen Leben von Mario Voigt. Während der zweifache Familienvater die jüngsten Zahlen analysiert, brütet die parteiinterne, Springer-Presse erfahrene PR-Abteilung im Landtag schon an Tweets und Postings für die sozialen Medien, in denen das Abschneiden erklärt und möglichst positiv dargestellt werden soll.

PR-Gießkanne statt Punkten durch Schwerpunkte

Voigt und die CDU-Fraktion haben das Internet und die sozialen Medien zum Schlachtfeld um Inhalte und Regierungskritik auserkoren. Kein Tag vergeht ohne Sharepic bei Instagram und Texttafel bei Facebook. "Und die schiere Zahl an Pressemitteilungen, die wir tagein tagaus verschicken, überblicken nicht mal die Abgeordneten, ganz zu schweigen von den Mitarbeitern oder den Menschen an der Basis in den Kreisverbänden", sagt einer, der schon viele Jahre für die CDU im Landtag sitzt.

Was er meint: Die Christdemokraten feuern mit der Schrotflinte auf Themen und hoffen, dadurch das richtige zu treffen. Allein: Dieses Potpourri der Inhalte verhindert, so befürchten es nicht Wenige in der zweiten und dritten Reihe, dass Kernbotschaften verfangen und die Wählerschaft weiß, für was konkret die Thüringer CDU einsteht. Daran ändert auch nichts, dass die Partei inzwischen ein eigens Video-Format im Antlitz einer Nachrichtensendung publiziert und eine eigene Zeitschrift herausgibt, um ihre Inhalte an die Frau und den Mann zu bringen.

Digitale und analoge Formate: Sie sind der Versuch, möglichst alle Wählerschichten einzubringen und zu erreichen. Voigt, Professor für digitale Transformation, weiß: Die Partei muss das Eine - zukunftstauglich werden - tun, ohne das Andere - Gewohnheiten zu befriedigen – zu lassen.

Kampagne im Dauermodus

Es ist eine klare Strategie zu beobachten, die Voigt und seine Berater ersonnen haben. Voigt soll bekannter werden. Um jeden Preis. Die Taktik hat der CDU-Frontmann amerikanischen Wahlkämpfen entliehen: Das so genannte "Negative Campaigning". Es handelt sich dabei um politische Öffentlichkeitsarbeit, die in erster Linie versucht, den politischen Kontrahenten zu beschädigen und gleichzeitig das eigene Image zu polieren.

Oder anders ausgedrückt: Voigt prangert die Landesregierung bei jeder sich bietenden Gelegenheit an und geriert sich als Ankläger einer, seiner Meinung nach, verfehlten Politik. Gleichzeitig versucht Thüringens oberster Christdemokrat, emotionale, bundespolitische Themen aus Thüringer Sicht zu besetzen.

Erklärter Feind: Die Grünen. Deren Pläne zur geplanten Novelle des Gebäude-Energie-Gesetz beispielsweise kommentiert und belegt Voigt mit Begriffen wie "Energie-Stasi" und "Marschbefehl im Grünen-Feldzug". Kritiker, auch in den eigenen Reihen, sehen darin eine für einen CDU-Spitzenmann unangebracht populistische Rhetorik. 

Voigts offene Baustellen

Es sind zwei unbequeme Fragen, die Mario Voigt in den nächsten Wochen und Monaten an den Wahlkampfständen immer wieder zu hören bekommen wird: Was ist dran an den Korruptionsvorwürfen gegen ihn persönlich und mit wem will die CDU nach der Wahl zusammenarbeiten? Gegen Voigt läuft ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr.

Mario Voigt, Fraktionsvorsitzender und Landesvorsitzender der CDU in Thüringen.
Gegen Mario Voigt läuft ein Ermittlungsverfahren. Bildrechte: IMAGO/ari

Ein Schwebezustand, der in Wahlkampfzeiten maximal ungelegen kommt und Angriffsfläche für die politischen Gegner liefert. Übersteht Voigt den Wahlkampf unbeschadet und fährt die CDU ein Ergebnis ein, aus dem sich ein Machtanspruch ableiten lässt, wird der 46-Jährige versuchen, eine Regierung zu bilden.

Das Dilemma: Selbst wenn es gelingt vor den Linken zu landen, kann es sein, dass das Ergebnis nicht dazu reicht. Voigt könnte auf Linke oder AfD angewiesen sein. Der CDU-Landeschef verweist darauf, dass der Unvereinbarkeitsbeschluss der Bundespartei weiter Bestand hat. Demnach ist eine Zusammenarbeit der Unionsparteien mit Linken und AfD ausgeschlossen. Was andernorts kaum relevant ist, stellt die Thüringer Landespartei vor eine echte Herausforderung. Im ungünstigsten Fall wird sich abseits der ausgeschlossenen Parteien durch Voigt und die CDU keine Mehrheitsregierung bilden lassen.

Innerparteilich gibt es Stimmen, die sich für eine Öffnung Richtung Linke aussprechen. Genauso halten nicht alle CDU-Mitglieder die AfD für geschlossen rechtsextrem. Voigt wird sich genau überlegen müssen, welche Strömung in der Partei mehr Gewicht hat. Sein persönlich bevorzugtes Bündnis verzichtet auf Linke und AfD. Zusammen mit SPD und FDP ist die CDU in den Umfragen derzeit jedoch meilenweit entfernt von einer eigenen Mehrheit.

MDR (dvs)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 15. August 2023 | 19:00 Uhr

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