Weil nichts fährt Masserberg steigt aus Rennsteigticket aus
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23. Juli 2023, 20:33 Uhr
2019 stieg Masserberg beim Rennsteigticket ein. Seitdem können Touristen kostenlos mit Bus und Bahn fahren. Doch touristenfreundliche Verbindungen gibt es praktisch keine - sagt Masserbergs Bürgermeister.
- Die Stadt Masserberg steigt aus dem Rennsteigticket aus.
- Als Grund nennt der Bürgermeister das schlechte Angebot von Busverbindungen.
- Die Direktorin des Hotels Rennsteig wünscht sich einen "Wanderbus".
In Masserberg ist das Rennsteigticket für Urlauber im Juli 2019 eingeführt worden. Damals mit großen Erwartungen. Alle Übernachtungsgäste bekommen es seitdem bei ihrer Ankunft zusammen mit ihrer Gästekarte. Mit dem Ticket können sie kostenfrei Bus und Bahn fahren. Doch Ende des Jahres will Masserberg ausscheren.
Wir haben den Vertrag bei Bus und Bahn Thüringen schon gekündigt
"Wir haben den Vertrag bei Bus und Bahn Thüringen schon gekündigt", sagt Bürgermeister Denis Wagner (CDU). Wagner lässt am Rennsteigticket kein gutes Haar: "Wir sind mit dem Produkt einfach nicht zufrieden." Eher durch Zufall sei ihm aufgefallen, dass es die ursprüngliche Busverbindung von Masserberg nach Oberhof nicht mehr gibt. Auch zum Bahnhof Rennsteig bei Schmiedefeld fährt laut Wagner nichts mehr.
Noch nicht einmal zur Bergbahn nach Oberweißbach oder ins Schwarzatal gebe es eine annehmbare Busverbindung. Und die Ortsteile seien per Bus auch nicht zu touristenfreundlichen Zeiten erreichbar. Der normale Linienverkehr reiche einfach nicht aus.
"Die Tür ist noch nicht komplett zu"
Finanziert wird das Rennsteigticket über einen Abschlag aus der Kurtaxe. Pro Gast und Übernachtung sind das rund 40 Cent. Im Schnitt kommen so für Masserberg laut Wagner zwischen 35.000 und 40.000 Euro zusammen. "Viel Geld für etwas, das gar nicht genutzt werden kann", sagt Wagner.
Ähnlich sieht es Susann Farber, die Direktorin des Hotel Rennsteig. "Ich wünsche mir so eine Art Wanderbus entlang des Rennsteigs. Da könnten die Gäste morgens loslaufen und nachmittags entspannt mit dem Bus wieder zurückfahren", so Farber.
Ich wünschte mir so eine Art Wanderbus entlang des Rennsteigs. Da könnten die Gäste morgens loslaufen und nachmittags entspannt mit dem Bus wieder zurückfahren
Dass Masserberg aber komplett aus dem Rennsteigticket aussteigt, darüber ist sie nicht so glücklich. "Ich hoffe, dass sich alle noch einmal zusammensetzen und eine Lösung finden."
Auf die hofft insgeheim vielleicht auch der Bürgermeister. "Die Tür ist ja noch nicht komplett zu", sagt er in Richtung "Bus und Bahn Thüringen e.V.".
Künftiges Urlauberticket soll für ganz Thüringen gelten
Der Verein betreibt das Rennsteigticket seit 2018. Geschäftsführer Tilman Wagenknecht kann Masserberg ganz gut verstehen. Denn der öffentliche Nahverkehr habe deutlich Luft nach oben. Das sei aber vor allem Sache des Landkreises und der Nahverkehrspläne, die von den Kreistagen festgelegt werden. "Im Grunde ist das eine Form der gelebten Demokratie. Jeder kann sich einbringen und sagen, dort möchte ich mehr", so Wagenknecht. Allerdings koste das auch Geld und irgendwo müsse das Geld herkommen.
Für die Region am Rennsteig verschärft sich das Ganze laut Wagenknecht aber noch. Das Gebiet am Kammweg umfasst acht Landkreise und zwei kreisfreie Städte. "Da haben wir tatsächlich Probleme, weil dort wenig Leute wohnen, wenig Schüler sind. Zwar Touristen, die aber auch nicht in der Masse kommen, dass man damit Geld verdienen kann."
Es ist ein Dilemma, mit dem sich das Rennsteigticket schon von Beginn an herumschlägt. Wagenknecht hofft auf einen abgestimmten Nahverkehrsplan. Die Landkreise würden daran bereits arbeiten. Ein kostenfreies Urlauberticket sollen künftig möglichst alle Touristen in Thüringen nutzen können. Und zwar unter dem neuen Namen "Nah Tour Ticket". Wagenknecht tourt dafür gerade durchs Land. Das Ganze funktioniert nur, wenn die Kommunen mitmachen und ausreichend Busse durchs Land fahren.
MDR (nis)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 23. Juli 2023 | 19:00 Uhr
MarvinS am 24.07.2023
Hoffentlich hat Herr Wagenknecht Erfolg mit seiner Werbetour. Eine kostenfreie Bus- und Bahnnutzung würde den Urlaubsstandort Thüringen extrem aufwerten.
lk2001 am 23.07.2023
Das ist das große Problem beim Öpnv. Er ist immer genau dann nicht Nutzbar wenn man ihn benötigt. Außerdem im Nahverkehr außerhalb der großen Städte eigentlich auch immer deutlich zu Langsam.
MDR-Team am 24.07.2023
Oh, da sind uns wohl ein paar Tippfehler passiert. Wie gut, dass wir solch aufmerksame Nutzer haben. Danke für den Hinweis!