Europäischer Tag der Restaurierung Gothaer Museum öffnet seine Restaurationswerkstätten
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20. Oktober 2024, 04:00 Uhr
Zum Europäischen Tag der Restaurierung öffnen sich auch die Werkstatttüren zum Perthes-Forum, den Werkstätten des Schlosses Friedenstein in Gotha. Dort werden akuell Hunderttausende Objekte aus der vielfältigen Sammlung digitalisiert. Bevor alles vom Mobiliar über Gemälde bis hin zu Briefen und Münzen archiviert werden kann, müssen noch etliche Teile der größten musealen Sammlung Mitteldeutschlands restauriert werden.
- Blick hinter die Kulissen zum Europäischen Tag der Restaurierung.
- Umfangreiche Restaurierungsarbeiten machen die Gothaer Sammlungen transparent.
- Mit einfachem Salz wird eine nachhaltige Konservierungsmethode vorgestellt.
Der Bestand des Schlosses Friedenstein wird digitalisiert. Bis 2027 werden für das Projekt "Gotha transdigital" insgesamt 308.928 Objekte aus einem Gesamtbestand von 1.149.000 Objekten digitalisiert. Bevor die Kunstwerke, Gegenstände, Malereien oder gar ganze Inneneinrichtungen, Münzsammlungen, Stoffe und eine Fotothek digital erfasst werden können, müssen sie in einem restauratorisch und konservatorisch einwandfreiem Zustand sein.
Das ist eine einmalige Chance, die wir hier haben.
"Das ist eine einmalige Chance, die wir hier haben", betont die Projektleiterin und Restauratorin Anke Few. Denn bevor die Sammlungen digitalisiert werden können, müssen ihre Teile restauriert werden. Ein Beispiel: Die Gothaer Münzsammlung wurde bereits digitalisiert. Insgesamt 79.000 Münzen und Medaillen wurden gesäubert, ausgebessert und restauratorisch vor Umwelteinflüssen geschützt. Danach wurden sie beidseitig fotografiert. Zusammen mit Angaben zu Durchmesser und Gewicht sind sie bereits über das Internet weltweit anzusehen.
Lohnende Sammelwut in Sachsen-Gotha-Altenburg
Das Schloss Friedenstein besitzt zudem eine beträchtliche Textiliensammlung, mit der sich die Textilrestauratorin Marie-Luise Gothe befasst. Ihre Objekte beginnen mit der Tapete an den Wänden. Gothe ist außerdem für die Restaurierung von Uniformen, Kostümen und Kleidung zuständig. Sie restauriert auch Alltagsgegenstände wie Fächer aus Federn.
Zur Zeit bearbeitet Gothe Stofffetzen, die der Naturwissenschaftler Ulrich Jasper Seetzen im 18. Jahrhundert nach Gotha schickte. Da Seetzen auf einer seiner Reisen starb, kann auch Gothe nur Vermutungen über die Bedeutung der handtellergroßen Stoffstücke anstellen. Sie geht davon aus, dass sich die Herzöge ein Musterbuch für ihre Garderobe anlegen lassen wollten.
Alte Ideen neu umgesetzt
Gothe befreit die Stoffe zunächst von Schmutz und säubert sie schonend. Zudem werden die Beschriftungen entziffert. Noch sei unklar, woher die Stoffe stammten. Der Naturforscher Seetzen habe sie wohl bei Stoffhändlern in Syrien gekauft und später nach Gotha geschickt, vermutet die Expertin.
Die Stoffe sind wertvoll, weil sie mit alten Webtechniken und teuren Fäden hergestellt wurden und orientalische Motive zeigen. Gothe will im Zuge ihrer Restaurierungsarbeiten ein Musterbuch anlegen, wie es Seetzen vermutlich selbst hätte anfertigen wollen, um die Herzöge bei der Wahl von Stoffen für ihre Kleidung zu unterstützen.
Wiederentdeckung für Ausstellungen.
Beim Restaurierungstag stellt die Metallrestauratorin Susann Böhm zudem eine alte, aber bewährte Art der Klimatisierung von Museumsvitrinen vor. In kleinen Schalen werden Salze wie Calciumcarbonat oder auch Magnesiumnitrathexahydrat in die Vitrinen der Ausstellungen des Herzoglichen Museums gestellt. Diese gesättigten Salzlösungen stabilisieren Luftfeuchtigkeit und Temperatur in den Museumsvitrinen. Das Verfahren sei schon lange bekannt, so Böhm. Es geriet jedoch in Vergessenheit oder wurde durch andere Methoden ersetzt. In Deutschland wird das Verfahren nur noch auf der Veste Coburg verwendet.
Das Salz ist nachhaltig, braucht kaum Pflege und bindet sogar noch Schadstoffe.
"Das Salz ist nachhaltig, braucht kaum Pflege und bindet sogar noch Schadstoffe", verrät die Gothaer Stiftungsmitarbeiterin. Das Projekt vorzustellen liegt der jungen Frau am Herzen. Denn der Bestand des Herzoglichen Museums solle ja nicht nur digital, sondern auch vor Ort so lange wie möglich erhalten werden und für alle zugänglich sein.
Insgesamt unterstützt der Bund das bis 2027 angesetzte Vorhaben mit einem zweistelligen Millionenbetrag. Das Schloss Friedenstein träumt von einem Status als ein Kompetenzzentrum Mitteldeutschlands für digitales Kultur- und Sammlungsmanagement. Während die Erfassung der Objekte reibungslos verläuft, fehlt es immer wieder und zunehmend an Fachkräften für die Restaurierungen. Der Fachkräftemangel hat damit auch in der Kultur weitreichende Folgen.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR Kultur am Nachmittag | 19. Oktober 2024 | 15:15 Uhr