Ein Mann lächelt in die Kamera.
Der Eisenacher Unternehmer Shpetim Alaj ist von IHK und Ehrenamtsstiftung für sein gesellschaftliches Engagement ausgezeichnet worden. Bildrechte: MDR/Ruth Breer

IHK-Preis "Gemeinsam engagiert" Preis für Eisenacher Unternehmer Alaj: Mit Ehrenamt das Leben verschönern

15. Dezember 2023, 20:53 Uhr

Zum zweiten Mal haben die IHK Erfurt und die Thüringer Ehrenamtsstiftung Unternehmen ausgezeichnet - nicht für wirtschaftlichen Erfolg, sondern für ihren Einsatz für die Gesellschaft. Der Preis "Gemeinsam engagiert" ging an die Erfurter Veranstaltungsagentur "Das schwarze Schaf", an die Lindig Fördertechnik in Krauthausen im Wartburgkreis und an das Eisenacher Unternehmen Zoll-Service Alaj. Dessen Inhaber Shpetim Alaj war vor rund 30 Jahren als Asylbewerber nach Deutschland gekommen.

Als Unternehmer steht für Shpetim Alaj fest: Es braucht Investitionen, um Erfolg zu haben - in der Wirtschaft wie in der Gesellschaft, im Ehrenamt. Da allerdings gehe es nicht um Geld und Gegenleistung, sagt der 57-jährige. Auch nicht um die Frage: Was kriege ich dafür? So sei er von seiner Familie im früheren Jugoslawien erzogen worden: "Egoismus ist das Schlimmste, was es gibt."

Egoismus ist das Schlimmste, was es gibt.

Shpetim Alaj Unternehmer und Preisträger "Gemeinsam engagiert"

Als Unternehmer etwas für das Gemeinwohl zu tun, sei auch mehr, als nur als Sponsor aufzutreten: "Engagement ist für mich immer wichtiger gewesen. Engagement, das ist nicht mit Geld zu beziffern." Für ihn bedeutet es, Zeit und Herz zu investieren.

Erklären, wie die Gesellschaft tickt

Die Lebensgeschichte von Shpetim Alaj steckt voller Herausforderungen, er schreibt gerade ein Buch darüber. Aus seiner Heimat, dem Kosovo, musste er als junger Standesbeamter fliehen, weil er politisch verfolgt wurde. 1992 kam er mit seiner schwangeren Frau als Asylbewerber nach Thüringen - keine leichte Zeit. Man sei nichts gewesen, ein Asylant, eine Nummer, sagt er.

Heute hilft er Flüchtlingen bei der Integration und sieht seine Aufgabe darin, ihnen zu erklären, "wie diese Gesellschaft tickt und funktioniert. Ohne dass man hier diese Kultur versteht, kann man sich nicht integrieren. Und man braucht gute Erklärer."

Ein Mann hält eine Karte in die Kamera.
Bei einer Aktion im Wartburgkreis wirbt Shpetim Alaj auf Postkarten als "Botschafter der Vielfalt". Bildrechte: MDR/Ruth Breer

Vom Standesbeamten zum Unternehmer

Er selbst hatte offenbar gute Erklärer, die ihm geholfen haben - hat bald Fußball gespielt und Kontakte geknüpft. Sein Spitzname "Speedy" hat sicher nicht nur damit zu tun, dass sein Vorname Shpetim manchem zu sperrig war. Selbstdisziplin, Fleiß und Ehrlichkeit zählt Alaj auf - damit habe er es geschafft. Und mit Offenheit und Freundlichkeit.

In einer Tischlerei arbeitete sich der Standesbeamte bis zum Werkstattleiter hoch, schulte dann zum Speditionskaufmann um und machte sich mit einem Zoll-Service selbstständig. Ein Jahr lang habe er Doppelschichten geschrubbt, erzählt er, bis er den ersten Mitarbeiter einstellte.

Ein Mann sitzt an einem PC, hinter ihm steht ein weiterer Mann.
Mit Sohn Qendrim arbeitet Alaj in der Eisenacher Niederlassung seines Zoll-Service zusammen. Bildrechte: MDR/Ruth Breer

Zoll-Service, das ist eine spezialisierte Dienstleistung zwischen Unternehmen, die Ein- und Ausfuhren tätigen, und dem Zoll - so ähnlich wie ein Steuerberater, erklärt Alaj. Inzwischen betreibt er weitere Niederlassungen in Aachen und Erfurt. Ach ja - und Betriebswirtschaft hat er auch noch studiert, die Abschlussurkunde hängt hinter dem Schreibtisch.

Liebe zur "ThSV-Familie"

Neben der erstaunlichen beruflichen Karriere gibt es aber noch eine weitere: die im Ehrenamt. Schon früh hat sich Shpetim Alaj beim Handballverein ThSV Eisenach engagiert. Am Anfang hat er als Bratwurstbrater geholfen - damals noch im Freien am Rost, erinnert er sich. Wenn er über den Verein redet, gerät Alaj ins Schwärmen - er habe immer dazu gehören wollen.

Wenn man nicht weiß, was Liebe ist, sollte man Familienmitglied vom ThSV Eisenach werden.

Shpetim Alaj Unternehmer

Dort sei ein Zusammenhalt spürbar, wie er ihn aus seiner Heimat kennt: "Wenn man nicht weiß, was Liebe ist, sollte man Familienmitglied vom ThSV Eisenach werden." Aus dem Bratwurstbrater wurde der Sponsor, der Schatzmeister - und heute ist Shpetim Alaj Präsident, der erste mit ausländischen Wurzeln bei einem Handball-Bundesligisten. Er hat den Verein aus der finanziellen Krise geführt, unter ihm gelang der erneute Aufstieg in die erste Liga. Die Hälfte seiner Arbeitszeit fließe in dieses Ehrenamt, schätzt er.

Eigene Familie als Grundstein

Als Rückhalt dient ihm die eigene Familie, seine Frau und die beiden Söhne. "Die Familie ist der Grundstein für alles, auch für Erfolg. Ohne sie kannst Du auch kein Ehrenamt machen, kannst Du kein Engagement machen, kannst Du gar nichts."

Das Familiengefühl hat er auch in einer anderen Ur-Eisenacher Institution gefunden: bei der Sommergewinnszunft, dem Verein, der alljährlich das traditionsreiche Frühlingsfest "Sommergewinn" mit Festzug vorbereitet, das als größtes in Deutschland gilt. Dort arbeitet Shpetim Alaj im Förderverein mit.

Mehrfach ausgezeichnet

Sein umfangreiches Engagement ist schon mehrfach mit Auszeichnungen gewürdigt worden. Er hat Postkarten, die ihn als "Botschafter der Vielfalt" zeigen. Preise als "Unternehmer des Jahres", "Unternehmen mit Kultur" und der "Unternehmerpreis für bürgerschaftliches Engagement" stehen auf einem Aktenschrank im Büro. Nun kann er eine weitere Urkunde darüber hängen - die IHK-Regionalstelle hatte ihn für die Auszeichnung "Gemeinsam engagiert vorgeschlagen.

Eine Sammlung von Auszeichnungen
Ausgezeichnet: für sein Engagement hat der Unternehmer bereits einige Preise erhalten. Bildrechte: MDR/Ruth Breer

Ehrenamt erhalten

Doch Shpetim Alaj macht sich Sorgen. Es wird schwieriger mit dem Zusammenhalt und dem Ehrenamt, fürchtet er. Viele fragten, was sie dafür bekämen - das sei vor 20 Jahren noch nicht so gewesen. Und dabei sei es doch so wichtig, beispielsweise für den Vereinsnachwuchs Training anbieten zu können.

Wir müssen als Gesellschaft, als Politik, als Land etwas dafür tun, dass das Ehrenamt erhalten bleibt und attraktiv ist.

Shpetim Alaj Unternehmer

"In jeder Familie stehen immer die Kinder im Vordergrund", sagt er - und fordert: "Wir müssen als Gesellschaft, als Politik, als Land etwas dafür tun, dass das Ehrenamt erhalten bleibt und attraktiv ist." Davon hänge so viel ab. Und es lohne sich, sagt Alaj: "Mit deinem klitzekleinen Part, den du da investierst von deiner Zeit, hast du automatisch dein Leben selbst verschönert."

MDR (rub/cfr)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 15. Dezember 2023 | 18:10 Uhr

0 Kommentare

Mehr aus der Region Eisenach - Gotha - Bad Salzungen

Mehr aus Thüringen