Mittwoch, 09.10.2019: Wir sind das Volk

Am 9. Oktober 1989, also heute vor 30 Jahren, erklang in Leipzig auf der Straße der inzwischen legendär gewordene Ruf "Wir sind das Volk". Daran wird heute vielfach erinnert werden. War es doch letztlich der Beginn eines Prozesses, der zum Ende der Teilung Deutschlands, ja zu einem Ende eines geteilten Europas führte.

Es war zunächst der Mut von wenigen, der zu den sogenannten Montagsdemonstrationen von Leipzig führte. Der Ausgangspunkt war eine Kirche, die Leipziger Nikolaikirche. Noch mehr: Es waren Gebete - Gebete um Frieden, Gerechtigkeit, um Bewahrung der Schöpfung; welche dem vorausgingen.

Bitten wurden vorher gesprochen, Fürbitten - sie erinnerten an manchen, der wegen Demonstrationen vor diesem 9. Oktober eingesperrt war. Alles zunächst in einer Kirche.

In Leipzig erinnert eine hohe klassizistische Säule vor der Nikolaikirche an diesen Vorgang: Etwas, das in der Kirche war, führte nach draußen, auf die Straße in die Öffentlichkeit. Diese Säule, die da jetzt draußen steht, ist einer Säule in dieser Nikolaikirche nachgebildet. Kirche geht nach außen, wollte wohl der Künstler damit zeigen.  

"Mache uns offen für das, was die Menschen bewegt, dass wir ihre Trauer und Angst, ihre Freude und Hoffnung teilen und als treue Zeuginnen und Zeugen der Frohen Botschaft mit ihnen dir entgegengehen" - das bete ich öfters als Pfarrer in den Gottesdiensten.

Letztlich ist genau das mit diesem Gebet gemeint: Kirche ist für die Menschen da, für jeden. Das darf gerade ich als Pfarrer nie vergessen. Weil dieser Gott, an den ich glaube und den ich in der Kirche verkünde, ein Gott für alle sein will.

"Kirche wir danken dir", das war in den Oktobertagen '89 auf einem Tuch an einem Brückengeländer zu lesen. Gerade in einer Zeit, in der viele um mich herum Kirche ablehnen, muss ich immer mal an dieses Transparent denken.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Kurzbiografie Thomas Bohne

Thomas Bohne

1957 in Leipzig geboren | katholischer Priester seit 1989 | Mitglied in der Gemeinschaft Oratoriums zu Leipzig seit 1991 | Abitur, Ausbildung zum Gärtner | Theologiestudium am Theologisch-Philosophischen Studium in Erfurt von 1982-1989 | Kaplan in Greiz (Thüringen) von 1989-1991 | 1991 Eintritt in das Oratorium zu Leipzig, 1991-2000 Seelsorger in den Pfarreien Leipzig-Lindenau und Leipzig Gohlis | ab 2001 Militärseelsorger am Standort Leipzig, in dieser Zeit 2004/2005 und 2007/2008 in Afghanistan (Kabul und Feyzabad) | ab 2009 Pfarrer in der Pfarrei Leipzig-Lindenau | ab 2019 leitender Pfarrer der neugegründeten Pfarrei St. Philipp Neri Leipzig-West, Ende 2020 Entpflichtung und ab 2021 tätig als Gefängnisseelsorger und Flughafenpfarrer, außerdem Mitglied der "Katholischen Filmkommission für Deutschland", Filmkritiken für die Zeitschrift KOMPASS und Homepage des Oratoriums Leipzig | seit 2000 mehrfach Mitglied in den ökumenischen Jurys bei nationalen und internationalen Filmfestivals, zuletzt Mitglied und auch Präsident der Interreligiösen Jury bei DOK Leipzig | Mitarbeit beim YOUTUBE-Kanal des Oratorium Leipzig CO

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.