Freitag, 24.07.2020:

ASS100, Savistat, Tebonin, Ramipril plus Amplodipin. Was ist das denn? Das sind Tabletten, die mein Leben seit einiger Zeit begleiten. Stumme, kleine, bunte Zeitgenossen, die nicht vergessen werden wollen. Vor Jahren habe ich das bei älteren Menschen gesehen. Ich dachte: "Was die alles nehmen?". Und nun ist es bei mir nicht anders. Keine Angst. Ich bin nicht krank, aber ärztlich gut versorgt.

Könnte mein Körper nicht auch ohne alles das auskommen? Hin und wieder wird mir der Rat gegeben und ich bin in Versuchung, das auch mal auszuprobieren. Geht´s auch ohne? Wohl dem, der auf all das verzichten kann. Und irgendwie stört es mich ja auch, dass ich das alles brauche, dass ich auf Zutaten angewiesen bin. Aber was ist mein Problem? Sind es wirklich die Tabletten? In mir spukt es. Eigentlich will ich auf nichts angewiesen sein. Und wenn sich dieses Nichts ausdehnt und zu einem "Ich brauche niemand" wird, könnte ich ja auch mal testen, ohne den einen oder anderen Menschen auszukommen.

Bin ich nicht allein stark genug durch das Leben zu kommen? Ich weiß, dass haben schon viele ausgetestet und ihre Erfahrungen gesammelt. Der Mensch braucht vielleicht keine Medikamente, aber ich bin überzeugt: Er braucht Menschen neben, bei sich und mit sich. Eigentlich ist das die beste Medizin. Meine Tabletten erinnern mich täglich daran, dass ich nicht selbst genug bin. Es muss etwas zu mir dazu kommen. Die Zahl meiner Tabletten werde ich immer wieder prüfen - gemeinsam mit dem Arzt, - versteht sich. Aber auf Menschen will ich nicht verzichten. Gott hat sich das von Anfang an auch nicht anders gedacht. Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei, heißt es. Es ist kein Mangel zu sagen: Ich brauche dich. Und es ist eine wunderbare Medizin zu sagen: Ich bin für Dich da. Bei meinen Medikament Ramipril plus Amplodipin kommt ja schließlich auch was zusammen, was zusammengehört.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Stephan Ringeis

Stephan Ringeis

Senderbeauftragter der Evangelischen Freikirchen beim MDR

geb. 18.09.1962 in Jena | aufgewachsen in Berlin | Studium der Theologie am Theologischen Seminar der Evangelisch-methodistischen Kirche in Bad Klosterlausnitz von 1982 bis 1987 | Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche in Neudorf/Erzgebirge 1987 bis 1990 | Pastor in Wilkau-Haßlau 1990 bis 1997 | Pastor in Zwickau von 1997 bis 2009 | Superintendent des Distrikts Zwickau der Evangelisch-methodistischen Kirche 2009 bis 2019 | Pastor im Interimsdienst (Geistliche Begleitung von Gemeinden in Übergangssituationen) | verheiratet | drei Kinder

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.