Mittwoch, 22.07.2020:

Jeder Tag hat mittlerweile seine Bedeutung. Heute feiern die Kirchen die heilige Maria Magdalena. Die Tradition der Kirche schrieb Maria Magdalena immer wieder zu, sie sei eine Prostituierte gewesen. Manches spricht für diese Tradition. Maria war eine Frau, die zum engen Freundeskreis von Jesus gehörte. Sie folgte Jesus nach, war ihm nah bei der Kreuzigung und beobachtete mit anderen Frauen sein Begräbnis. Sie entdeckte das leere Grab. Sie war die Erste, der Jesus als Auferstandener begegnete. Eine besondere Frau, die Jesus aus den zerstörerischen Strukturen der käuflichen Liebe befreit hatte.

Ich werde heute also an eine ehemalige Prostituierte erinnert. Eine Frau, die einem Gewerbe nachging, das bis heute gesellschaftlich verpönt ist und zugleich heimlich von nicht wenigen genutzt wird. Die Strukturen der Prostitution sind grausam. Menschen sind gezwungen ihren Körper zu verkaufen. Durch Menschenhandel, Leibeigenschaft und Gewalt wird die Menschenwürde mit Füßen getreten. Die Polizei scheint oft machtlos und die Freier stört das nicht. Maria Magdalena konnte dem entkommen und für Jesus spielte ihre Vergangenheit keine Rolle. Eine Frau folgte ihm nach und ging damit ihren Weg.

In der Corona-Krise sind Prostituierte selten Thema. Eher wird mal ein Witz darüber gemacht, - mit Abstand, einsfünfzig und so. Obwohl die Strukturen hinlänglich bekannt sind, Prostituierte sind moralisch und damit gesellschaftlich gebrandmarkt.  - Ich möchte mir kein Urteil erlauben. Prostituierte bleiben angesichts der Corona-Krise und ihren wirtschaftlichen Auswirkungen ganz im Schatten. Nach dieser Zeit werden die Abhängigkeiten noch drastischer sein. Die Not wird sich noch vergrößern, wenn dieses Gewerbe in die Illegalität gedrängt wird.

Jesus erinnert mich daran, dass die eigentlichen Probleme nicht mit Geld zu regeln sind. Und - wie viele Menschen nicht in den Schlagzeilen vorkommen. Ich habe keine Lösung parat. Aber Jesus sagt mir, kein Mensch darf vergessen werden. Deshalb ist die Erinnerung an Maria Magdalena eine gute Sache.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Stephan Ringeis

Stephan Ringeis

Senderbeauftragter der Evangelischen Freikirchen beim MDR

geb. 18.09.1962 in Jena | aufgewachsen in Berlin | Studium der Theologie am Theologischen Seminar der Evangelisch-methodistischen Kirche in Bad Klosterlausnitz von 1982 bis 1987 | Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche in Neudorf/Erzgebirge 1987 bis 1990 | Pastor in Wilkau-Haßlau 1990 bis 1997 | Pastor in Zwickau von 1997 bis 2009 | Superintendent des Distrikts Zwickau der Evangelisch-methodistischen Kirche 2009 bis 2019 | Pastor im Interimsdienst (Geistliche Begleitung von Gemeinden in Übergangssituationen) | verheiratet | drei Kinder

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.