Sonnabend, 24.10.2020: Für jemanden die Hand ins Feuer legen

Was für eine dramatische Formulierung. Hat natürlich mit Freundschaft und Vertrauen zu tun. Man bürgt für jemanden. Und man ist absolut sicher, dass man das tun kann. Weil eben das Vertrauen so groß ist, dass man das tun kann. Bis hin zur Schmerzgrenze. Man kann sich aufeinander verlassen. Ohne Risiko.

Entstanden ist diese Redensart in der Zeit des frühen Roms. Jetzt kommt eine spannende Geschichte: Die Etrusker hatten Rom belagert und einen Römer, Gaius Mucius, gefangen genommen. Er soll der Sage nach Rom gerettet haben, indem er seine Hand über einem offenen Feuer verbrennen ließ und durch den damit bewiesenen Mut die gegnerischen Etrusker stark beeindruckte. Er hat für seine römischen Landsleute quasi die Hand ins Feuer gelegt. Die Etrusker waren so beeindruckt, dass sie das Weite suchten. In der Dresdner Bürgerwiese steht übrigens eine Steinfigur des tapferen Römers, nur mal so als Tip.

Also die Hand ins Feuer legen. Freundschaft, Verlässlichkeit. Da gibt's tolle Beispiele. Die schöne Ballade von Friedrich Schiller, wo einer sogar für den Freund mit seinem Leben bürgt. Aber auch fernab der Literatur, im realen Leben. Zum Beispiel Freundschaften, die ihre Kraft in der Zeit der Diktaturen offenbart haben. Aus der Zeit des Dritten Reichs gibt es eindrucksvolle Berichte, wie Menschen trotz Drangsal, ja sogar trotz Folter Freunde nicht verraten haben. Ich kenne aus jüngerer Vergangenheit einen besonders berührenden Fall. Die Stasi wollte einen Mann zum Bespitzeln eines anderen verpflichten. Aber dieser wehrte sich mit den Worten: "Selbst wenn ich wollte, ich könnte es nicht. Er ist doch mein Freund …". Da kann ich nur den Hut ziehen. Freundschaft, Moral, die so stark ist, dass sie Repression besiegt.

Mal ganz ehrlich: Für wen würden Sie die Hand ins Feuer legen? Und wer würde für Sie die Hand ins Feuer legen? Vielleicht könnte man heute mal dankbar über Freundschaften nachdenken, die man hat, und die eines der größten Geschenke sind.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Katrin Hutzschenreuter

Katrin Hutzschenreuter

geb. 1971 | Berufsausbildung als Metallurge mit Abitur | Ausbildung zur Krankenschwester | tätig bei der Diakonie - Sozialstation Freiberg | Mitglied der Domgemeinde zu Freiberg und Leiterin des Kirchenvorstands

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.