Montag, 19.10.2020: Mühe

Mühe Was würden Sie machen, wenn Sie in der Beurteilung, die Ihr Arbeitgeber über Sie geschrieben hat, lesen: "… hat sich stets bemüht …". Na klar, Sie müssten schnellstens zum Anwalt, um Maßnahmen zur Schadensbegrenzung einzuleiten. Steht in einer Beurteilung "Mühe gegeben", so ist das der Supergau. Bedeutet soviel wie "…hat nichts auf die Reihe gebracht". Ja, so ist das. Irgendwann vor Jahren hatte man mal festgelegt, dass Beurteilungen "wohlwollend" sein müssen. Also nicht wahrheitsgetreu. Das bedeutete, dass nun positive Begriffe herhalten mußten, um Negatives auszusagen. Eine Art arbeitsrechtliche Geheimsprache entstand. "Ist ein kommunikativer Typ" heißt nicht "ist freundlich und geht auf die Menschen zu", sondern "labert nur dumm rum und hält andere von der Arbeit ab". Und "Mühe gegeben" heißt eben "absolut erfolglos". Das ist ein Trauerspiel, wie hier mit Worten und Werten umgegangen wird. Mühe geben, das ist, meine ich, etwas sehr Positives, auch wenn Mühe nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Kann ja gar nicht. Denken Sie an Ihre Schulzeit. Da gab es Typen, die mussten sich nie Mühe geben, die schüttelten ihre Superleistungen nur so aus dem Ärmel. Andere schafften es mit Mühe von einer 4 auf eine 3. Aber: Wer hat mehr Anerkennung verdient?

"Anmut sparet nicht noch Mühe", dichtet Brecht. Und Goethe, der große Meister schreibt "Wer stets strebend sich bemüht, den werden wir erlösen". Mit "wir" meint er die Götter. Und was steht dazu in der Bibel? "Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn's hoch kommt, so sind's achtzig Jahre, und wenn's köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen." Vor Gott sind Mühe und Arbeit köstlich. Ich glaube, der liebe Gott hat den besseren Maßstab als das deutsche Arbeitsrecht. Wenn wir dereinst bilanzieren, und sagen können, dass wir uns Mühe gegeben haben in unserem Leben, um eine gute Partnerschaft zu führen, um die Kinder auf ihrem Weg bestmöglich zu unterstützen, Mühe auch bei der Arbeit, dann ist es köstlich gewesen. Dann wird uns der liebe Gott mit Sicherheit seine Anerkennung nicht verweigern.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Katrin Hutzschenreuter

Katrin Hutzschenreuter

geb. 1971 | Berufsausbildung als Metallurge mit Abitur | Ausbildung zur Krankenschwester | tätig bei der Diakonie - Sozialstation Freiberg | Mitglied der Domgemeinde zu Freiberg und Leiterin des Kirchenvorstands

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.