Sonnabend, 19.06.2021: Respekt

Respektiert zu werden gehört, so meine ich, zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Wenn es gut geht im Zusammenleben, zollen Menschen einander Respekt - einfach deshalb, weil sie Menschen sind. Schüler respektieren ihre Lehrerinnen, weil die ihnen etwas beibringen können und Lehrer ihre Schülerinnen, weil die lernfähig sind. Kinder respektieren ihre Eltern, weil die sie ins Leben begleiten oder begleitet haben und Eltern ihre Kinder, weil die ihren eigenen Weg gehen lernen. Vorgesetzte respektieren ihre Mitarbeiterinnen, weil es ohne diese kein Unternehmen gäbe und Mitarbeiter ihre Vorgesetzten, weil die bereit sind, größere Verantwortung zu übernehmen. Wenn es gut geht im Zusammenleben, dann zollen Menschen einander Respekt - e

Doch leider geht es nicht immer gut, wenn Menschen zusammenleben. Ach, was lassen sich manche nicht alles einfallen, um Respekt zu ergattern! Sie plustern sich auf. Sie erheben sich über andere und machen ihre Mitmenschen klein. Sie versuchen mit allen Mitteln, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Und sie merken dabei gar nicht, wie lächerlich sie sich eigentlich machen. Respekt entsteht auf solche Weise natürlich nicht. Allenfalls wird Angst erzeugt, die manche mit Respekt verwechseln. Respekt aber hat nichts mit Angst, vielmehr hat sie mit Achtung zu tun.

Ich finde, von Jesus lässt sich eine Menge über das lernen, was Respekt wirklich heißt. Vor dem habe ich höchsten Respekt - gerade deshalb, weil er mir keinerlei Angst macht. Im Gegenteil: Der sagt ständig "Fürchte dich nicht! Hab' keine Angst! Und schon gar nicht vor mir." Stattdessen ist er für mich wie für jeden anderen Menschen da - aufmerksam, liebevoll, voller Achtung. Wenn ich mit ihm zu tun habe, weiß ich mich gemeint - ganz persönlich. Wenn ich traurig bin, werde ich mich von ihm getröstet. Wenn ich ihm meine Ratlosigkeit anvertraue, fühle ich mich von ihm verstanden. Und selbst wenn ich mir einmal wie ein Versager vorkomme, merke ich, dass er mich - trotzdem - respektiert. So lässt sich Respekt lernen und leben. Damit es gut geht - im Zusammenleben.

Freitag, 18.06.2021: Freude am Erfolg

Vor ein paar Tagen traf ich einen alten Freund wieder. Ich hatte ihn wohl mindestens ein halbes Jahr nicht gesehen. Bis dahin hatte er im Laufe der letzten Jahre - nun, wie soll ich sagen - an Körperfülle deutlich gewonnen. Sprich: Er war schon ganz ordentlich beisammen. Doch siehe da: Er kam mir deutlich verändert vor. Unter Freunden musste ich meine Beobachtung natürlich gleich loswerden: "Mensch, du hast ja richtig abgenommen." sagte ich zu ihm. "Das steht dir richtig gut. Du bist doch gesund, oder?" "Ja", antwortete er prompt. "Ich fühle mich so gesund wie schon seit langem nicht mehr. 20 Kilo in vier Monaten." Ich darauf: "Tolle Leistung! Alle Achtung! Das war bestimmt ganz schön hart." "Klar war das nicht immer leicht." erwiderte er.

"Aber als ich gesehen habe, wie es vorwärts geht, oder genauer gesagt: rückwärts auf der Waage, hat mich das schon motiviert. Anstrengend war es trotzdem manchmal, das Dranbleiben. Aber weißt du", fuhr er fort, "was mindestens genauso anstrengend war?" Ich schüttelte den Kopf. "Die Reaktion mancher Leute." gab er zu verstehen. "Also bei dir merke ich ja, dass du dich richtig mitfreust. Aber viele haben gleich als erstes gesagt: 'Tja, die eigentliche Herausforderung besteht darin, das Gewicht auch zu halten!' Das kam mir nicht nur extrem altklug und von oben herab vor, sondern hat mich auch ziemlich runtergezogen. Aber dann habe ich mir gedacht: 'Denen werde ich's zeigen!' "Und noch zwei Kilo abgenommen." "Ich finde das so großartig!" konnte ich nur noch erwidern. Und: "Lass dir nicht den Mut rauben!"

Diese Begegnung geht mir immer noch nach. Denn sie verrät mir nicht nur etwas Entscheidendes darüber, wie Menschen miteinander umgehen. Sie erzählt auch etwas davon, wie unterschiedlich Menschen Gott verstehen. Für manche ist Gott einer, der immer nur warnt, sich nicht wirklich über unsere Erfolge freuen kann, der immer nur Gefahren sieht und drohend auf sie hinweist. Für mich ist Gott anders: Wie ein guter Freund, der sich mit uns freut, wenn uns etwas im Leben gut gelingt und der so richtig glücklich ist, wenn es uns gutgeht.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Katrin Hutzschenreuter

Katrin Hutzschenreuter

geb. 1971 | Berufsausbildung als Metallurge mit Abitur | Ausbildung zur Krankenschwester | tätig bei der Diakonie - Sozialstation Freiberg | Mitglied der Domgemeinde zu Freiberg und Leiterin des Kirchenvorstands

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.