Montag, 14.06.2021: "Trau - schau wem!"

"Trau - schau wem!" sagt der Volksmund. Und da wird schon deutlich: Viele sind skeptisch, wenn es um das Vertrauen geht. Das hat mit Enttäuschungen zu tun. Mit gebrochenen Versprechen. Mit Erwartungen, die nicht erfüllt worden sind. Aber ist das ein Grund, das Vertrauen wegzuschmeißen wie ein Kleidungsstück, das einem nicht mehr passt? Was wäre denn die Alternative zum Vertrauen? "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser?" Von Lenin soll dieser Satz stammen. Gehört haben ihn die meisten wahrscheinlich schon oft. Und eventuell auch gedacht oder ausgesprochen. Aber will ich das wirklich: Ein Leben, in dem einer den anderen ständig kontrolliert, überwacht, bespitzelt? Will ich das wirklich: Ein Leben, in dem Argwohn und Misstrauen regieren? Meine Antwort ist klar: Nein, das will ich nicht. Auf keinen Fall. Vermutlich fällt sie auch deshalb so klar aus, weil ich das in meinen ersten 25 Lebensjahren schon am eigenen Leib und an der Seele erfahren habe - einen Kontrollstaat und das, was er aus Menschen machen kann. Ich bin heilfroh, dass das vorbei ist. Und ich will nie wieder dahin zurück. Nicht in der Gesellschaft, in der ich lebe. Nicht in meiner Arbeitswelt. Und auch nicht in meinen persönlichen Beziehungen. Denn Misstrauen vergiftet das Leben. Es schnürt mir die Luft ab. In einer solchen Atmosphäre kann ich nicht frei atmen. 

Klar habe ich auch schon Enttäuschungen erlebt. Und klar habe ich auch schon das Vertrauen anderer enttäuscht. Aber ich lebe tausendmal lieber damit als mit dauerndem Verdacht und Zweifel. "Schmeißt euer Vertrauen nicht weg, denn es wird reich belohnt", lese ich in der Bibel. Dieser Satz richtet sich an Menschen, die wegen ihres christlichen Glaubens angefeindet wurden und dabei viel eingesetzt und verloren haben. Und doch wird ihnen Mut gemacht, auch weiterhin am Vertrauen als Lebensgrundlage festzuhalten. Denn nur auf dieser Basis bleibt das Leben lebenswert, kann es sich in Freiheit gestalten und so seinen Reichtum entfalten - trotz aller Enttäuschungen.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Katrin Hutzschenreuter

Katrin Hutzschenreuter

geb. 1971 | Berufsausbildung als Metallurge mit Abitur | Ausbildung zur Krankenschwester | tätig bei der Diakonie - Sozialstation Freiberg | Mitglied der Domgemeinde zu Freiberg und Leiterin des Kirchenvorstands

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.