Mittwoch, 03.08.2022: Geduldsübung im Supermarkt

Ich schiebe meinen Einkaufswagen Richtung Kasse. Fünf sind besetzt. Ich entscheide mich für Kasse 3 in der Mitte. Vor mir ist nur ein Mann und der legt gerade seine Einkäufe aufs Band. Das läuft bestimmt schneller, als hätte ich mich hinter dem Paar und der Mutter mit dem Baby an Kasse 2 angestellt.

Eine junge Frau lächelt in die Kamera 3 min
Bildrechte: Steffen Giersch
3 min

gesprochen von Karin Großmann

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Mi 03.08.2022 05:45Uhr 02:34 min

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"Das geht aber nicht so, junger Mann, das müssen sie noch wiegen." Och nee! Jetzt muss der Mensch vor mir noch mal durch den ganzen Laden düsen und drei Bananen abwiegen! Ich wollte doch nur mal ganz schnell was besorgen. Warum stelle ich mich eigentlich immer an der falschen Kasse an?! Mein Fuß fängt an, unruhig auf dem Boden zu tappen, ich atme tief ein und schnaufe aus. Ich muss aufpassen, dass ich nicht pampig werde. Die arme Verkäuferin wird bestimmt jeden Tag mit Unmut überhäuft, für den sie gar nichts kann. Trotzdem packt mich die Ungeduld. Wenn ich nichts anderes tun kann, als zu warten, fühle ich mich hilflos. Schnell gesellen sich Ärger und Gereiztheit hinzu, die beiden Geschwister der Ungeduld. Nicht das angenehmste Gefühl. Dagegen gilt Geduld als Tugend. In der Bibel wird sie sogar mit einer Frucht verglichen, die wächst, wenn ein Mensch sich für Gottes Wirken öffnet. Geduld kann die Dinge annehmen, wie sie sind. Sie gibt ihnen die Zeit, die sie brauchen. Geduld ist großmütig. Achtsamkeit und Freiheit, so heißen die Geschwister der Geduld. "Gott schenke mir Geduld – aber sofort" Das stand mal auf einer lustigen Postkarte, die mir jemand geschenkt hat. Ich lächle schief. An meinem Baum hängen bisher nur mickrige Geduldsfrüchtchen. Mir dämmert, dass auch die Geduld Zeit braucht, um zu wachsen. Und wo, wenn nicht an der Kasse im Supermarkt, kann ich das besser üben?

Die Mutter an Kasse 2 nebenan hat schon längst bezahlt, als ich tief ein- und ausatme, meinen Fuß in Ruhemodus versetze und mir zu überlege, wie ich mit dieser kleinen Pause umgehen könnte. Geduld üben eben. Da kommt der Mann zurück. In der einen Hand hält er die drei Bananen in die Höhe, mit der anderen winkt er Richtung Kasse. Na dann also das nächste Mal, liebe Geduldsübung - der nächste Supermarktbesuch kommt bestimmt!

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