Montag, 20.05.2019: Vorläufig gut
Meine Kirche hatte bis gestern ihre sogenannte "Jährliche Konferenz", eine Art großes Entscheidungs-und Diskussionspodium zu theologischen Themen und Personalfragen. Thema war: Von der Freude am Vorläufigen.
Ich persönlich hab ja wenig Freude am Vorläufigen. Ich hab's immer gern fertig und perfekt. Aber das stresst auch und setzt mich unter Druck. Oft sagen mein Mann und ich zueinander "Wenn die Kinder groß sind, dann machen wir das und das …" Und dann erlebe ich um mich herum: All diese Wenn's des Lebens, die erfüllen sich oft gar nicht. Da bekommt der geliebte Ehepartner eine Krebsdiagnose, kaum, dass die gemeinsame Rentenzeit erreicht ist, in der man noch soviel zusammen machen wollte. Da stirbt ein Kind, kaum dass es geboren wurde. Da gehen Beziehungen in die Brüche, weil man manches vielleicht zu lange aufgeschoben hat.
Nein, ich will lieber nicht mehr aufschieben. Ich will Freude am Vorläufigen haben, weil Gott sie auch hat. Alles was ist, hat seine Zeit. Diese Weisheit stand übrigens auch im Hintergrund unserer Kirchenkonferenz. Sie stammt aus dem berühmten Gedicht von der Zeit. Sie haben es vielleicht schonmal gehört. So geht’s los, ganz klassisch nach Martin Luther: "Ein jegliches hat seine Zeit und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit usw. Oder sie kennen das Lied von den Phudys "Wenn ein Mensch", Sie wissen schon "jegliches hat seine Zeit, Steine sammeln, Steine zerstreun". Im Gedicht von der Zeit in der Bibel heißt es übrigens auch: "Tanzen hat seine Zeit, lieben hat seine Zeit, Frieden hat seine Zeit." Grund zur Freude gibt es immer, auch wenn manches vorläufig bleibt.
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