Dienstag, 20.09.2022: Christiane Eberhardine
Im Herbst 1727 erlebt Johann Sebastian Bach einen seiner größten gesellschaftlichen Erfolge: In der Leipziger Paulinerkirche hatten sich einer zeitgenössischen Zeitungsnotiz zufolge "Fürstliche, Gräfliche Personen, hohe Ministris, Cavalliers und andere Fremde … nebst einer grossen Anzahl vornehmer Dames darbey eingestellet". Aufgeführt wurde eine Trauerode zu Ehren von Sachsens Kurfürstin Christiane Eberhardine. Diese war kurz zuvor mit 55 Jahren verstorben.
"Dein Sachsen, dein bestürztes Meißen
Erstarrt
(…)
Dein Torgau geht im Trauerkleide,
Dein Pretzsch wird kraftlos, starr und matt;
Denn da es dich verloren hat, (…)"
… heißt es in dem Werk ihr zu Ehren.
Auf Schloss Pretzsch an der Elbe zwischen Torgau und Wittenberg hatte die Adlige viele Jahre gelebt. Und in der dortigen Stadtkirche ist sie auch beigesetzt. Traurig nur: Weder ihr Gemahl August der Starke noch ihr Sohn Friedrich August waren bei der Musik-Aufführung dabei. Ein Thema hatte Christiane Eberhardine von den beiden Männern, die ihr am nächsten standen, entfremdet: Das war der Glaube, die Frage der Konfession. Ihr Gatte wie ihr Sohn waren zum Katholizismus konvertiert. Obwohl sich Christiane Eberhardine gemeinsam mit ihrer Schwiegermutter Anna, mit der sie sich gut verstand, darum bemüht hatte, ihren Sohn im evangelischen Glauben zu bestärken, misslang das. Vielleicht auch durch die räumliche Entfernung zwischen Pretzsch und Dresden.
Was mag Christiane Eberhardine, die die Sachsen manchmal augenzwinkernd als "Betsäule Sachsens" bezeichnete, wichtig gewesen sein an ihrem evangelischen Glauben?
Wer Kinder hat, wünscht sich, dass sie etwas mitnehmen oder wenigstens verstehen von dem, was das eigene Leben stärkt und reich macht. Auch ich. Meinen Kindern wünsche ich, dass ihnen die Hoffnung nie abhandenkommen möge. Und das Vertrauen in eine lebensfördernde Kraft, die ich Gott nenne. Aber ob katholisch, lutherisch, methodistisch - die Konfession wäre mir heute gleich.
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