Mittwoch, 28.09.2022: Wenn du wütend bist…
Lass die Wut raus! Das sagt sich manchmal leichter als getan. Mit Gerhard Schöne singe ich dann lieber die Strophe "Wenn du wütend bist dann stampfe mit dem Fuß" - Rumms. Das tut gut. Aller Druck und Energie kann sich dabei entladen. So ähnlich meint es wohl auch das Sprichwort "vor Wut kochen". Aber auf mich trifft das gar nicht zu.
Obwohl ich ehrlich gesagt, sehr schnell die Geduld verlieren oder wie ein Rohrspatz schimpfen kann. Aber vor Wut kochen? Ich ganz bestimmt nicht. In meinem Fall heißt es viel mehr: Ich backe vor Wut. Es gibt diese Situationen, in denen ich in der Küche mir vor Wut Mehl und weitere Zutaten suche. Und energiegeladen anfange Teig zu rühren. Manchmal frage ich mich, was mich wohl so wütend machen kann. Mit dem lateinischen Wort für Wut, furor, komme ich dem etwas näher. Furor lässt sich mit Raserei, Wahnsinn und Leidenschaft beschreiben.
Das finde ich sehr spannend! Denn mit Leidenschaft trete ich für meine Anliegen, meine Werte und Überzeugungen ein. Deswegen kann ich nicht gleichgültig bleiben, wenn Kränkung, Machtlosigkeit, Ungerechtigkeit, Unmenschlichkeit und Missgunst ans Licht kommen. Dann steigt mein Blutdruck, Adrenalin wird ausgeschüttet und die Wut bahnt sich ihren Weg. Psychologen zählen Wut zu den sieben Grundgefühlen. Unterdrücke ich meine Wut, staut sich meistens das Gefühl noch stärker an. Es lässt mich verhärten oder macht mich krank. Weder das eine noch das andere finde ich erstrebenswert. Dann lieber mit dem Fuß stampfen oder backen. Gefühle sind nicht per se gut oder schlecht. Sie sind da und machen unser Leben aus. Und machen mich lebendig!
Beim Backen konzentriere ich mich auf ein Rezept. Ich atme durch und überlege, was genau meine Gefühle auslöst, denke über die Situation noch einmal nach. Das hilft mir, mein Gegenüber und mich etwas besser zu verstehen.
Mit dem duftenden Kuchen auf dem Tisch hat sich inzwischen mein Körper auch wieder etwas beruhigt. Vielleicht ist der Kuchen auch eine Chance zum gemeinsamen Essen, zum miteinander ins Gespräch kommen. Und das kann zu einer Versöhnung, zu einer kleinen Veränderung führen. Und schmecken tut es nebenbei auch noch gut.