Dienstag, 27.09.2022: Begrüßungskultur

Es soll ja bekanntermaßen Menschen geben, die gern unter der Dusche singen. Meine Kinder singen nicht nur im Badezimmer, sondern grundsätzlich sehr gern. Und im Kindergarten wird ihr Liederschatz großzügig erweitert. Gern wird das Repertoire auch öffentlich zum Besten gegeben.

Während ich bei der Gartenarbeit bin, trällert es plötzlich hinter mir am Zaun laut und deutlich durch die Nachbarschaft. "Hallo, Hallo, schön, dass du da bist, hallo, hallo, schön, dass es dich gibt!"

Kurze Zeit später bleiben die ersten Spaziergänger stehen. Und ich bleibe in meinen Gedanken stehen. Wann habe ich das letzte Mal so ehrlich und freundlich fremde Menschen begrüßt? Wem habe ich zuletzt gesagt: Schön, dass es dich gibt? 

Ich bin mir etwas unsicher. Gerne würde ich behaupten, das ist doch selbstverständlich! Aber mich beschleicht das Gefühl, dass wohl auch manchmal nur ein gestresstes "Hallo" drin ist. Oder maximal ein "Guten Tag".

Aber wie würde sich unser Miteinander verändern, wenn ich beim Einkaufen an der Kasse stehe und mich mit “Danke, dass Sie da sind!” verabschiede? Oder im Bus jemandem sage: "Schön, dass es dich gibt"?

Das würde so manchen Begegnungen eine neue Wendung geben. Aus flüchtigen Situationen kann eine herzliche Bekanntschaft werden. Ich könnte jemanden vielleicht aufmuntern. Und vor allem mitteilen: Du bist gut. Du bist wertvoll! Viel zu oft wird der Wert eines Menschen an Arbeitskraft, an Äußerlichkeiten oder Gesundheit bemessen. Aber die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu ehren ist nicht nur Aufgabe des Staates, sondern auch unsere.  Der erste Artikel im Grundgesetz ist so einfach. Egal welches Alter, welches Aussehen, welche Herkunft - schön, dass es dich gibt!

Die Bibel erzählt im allerersten Buch, dass der Mensch als Abbild Gottes geschaffen wurde. Neben den vielen anderen Geschöpfen ist der Mensch Gott also am Ähnlichsten. Ein Bild Gottes zu sein, ist für mich daher auch eine Aufgabe: Gott in dieser Welt ein Gesicht geben und für Frieden und Gerechtigkeit sorgen. Vielleicht beginnt es schon damit, wie ich heute auf andere Personen zugehe. Wie ehrlich und offen ich sagen kann: "Schön, dass du da bist".

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Elisabeth Schwope
Bildrechte: Elisabeth Schwope

Kurzbiografie Elisabeth Schwope

Elisabeth Schwope

geboren 02.08.1990 in Löbau /Sachsen | 2010-13 Studium der Religionspädagogik in Freiburg/Breisgau | 2013-14 Berufspraktisches Jahr in Zwickau | seit 2014 Schulseelsorgerin am Bischöflichen Maria-Montessori-Schulzentrum in Leipzig | 2014-16 Gemeindeassistentin in Leipzig-Grünau | seit 2016 Gemeindereferentin in Leipzig Nord | seit Herbst 2017 in Elternzeit | wohnhaft in Dresden, verheiratet, zwei Kinder

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Lüder Laskowski

Lüder Laskowski

geboren 1973 in Dresden und dort aufgewachsen I 1992 Abitur I 1992 - 1995 Ausbildung zum Steinmetz/Steinbildhauer bei den Sächsischen Sandsteinwerken Pirna I 1995/96 Zivildienst im Landesjugendpfarramt Sachsen / Behindertenarbeit I 1996 bis 2004 Studium der ev. Theologie in Leipzig und Berlin I 2004 - 2007 Geschäftsführer einer Unternehmensberatung im Kulturbereich in Dresden I 2007 - 2009 Vikariat an der Lutherkirche Radebeul I 2009 - 2019 Pfarrer Kirchgemeinde Großschirma / Freiberger Dom / Studierendenpfarrer Bergakademie Freiberg I seit 2019 Projektpfarrstelle "Kirchliche Arbeit in neuen Stadtquartieren" beim Kirchenbezirk Leipzig

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.