Montag, 11.05.2020: Trost

Ein A4-Blatt hängt im Treppenhaus. Im unteren Drittel so kleine perforierte Abreißzettel – ähnlich wie die Telefonnummern bei Gesuchen, die manchmal an Bäume gepinnt sind. Aber auf diesem Papier will niemand etwas haben, sondern will geben: "Nimm dir, was du brauchst!" steht obendrüber. Auf jedem Abreißzettel findet sich jeweils ein einzelnes Wort, z. B. Zuversicht, Kraft, Liebe, Besonnenheit. Ich lächle unwillkürlich. Als ob ich zuversichtlicher werde, wenn ich mir solch einen Zettel mitnehme. Und doch fühle ich mich getröstet durch dieses Papier. Da gibt es jemanden, der ahnt, dass nicht nur ich, sondern viele, die hier vorüber gehen, von Sorgen, Fragen, vielleicht dem Gefühl von Ausweglosigkeit umgetrieben werden: Wann endet Corona? Welche Folgen hat die Krise für mich, für uns, für die Welt? Bekomme ich Unterstützung? Wie geht es meinem Vater, meiner Oma, …? Werde ich mit meinem Partner wieder einen Weg zusammen finden? Wie kann ich wieder arbeiten?

"Trost ist für mich etwas, was sich einstellt", hat mal jemand gesagt. "Das ist nichts Gebbares. Nichts von Menschen Gebbares. Trost ist, was kommt, wenn die Zeit gewirkt hat."

Sich selbst kann keiner trösten. Und doch empfindet jeder Trost ganz individuell: durch Musik, Zuhören, ein Streicheln über den Rücken. Oder auch durch Gegenstände, z. B. eine Decke, ein Kissen oder einen warmen Tee. Und auch, wenn es nie mehr so sein wird, wie vorher – bevor ich Trost brauchte. Im Moment des Tröstens keimt Hoffnung, entwickeln sich Zuversicht und neue Kraft. Genau das, was auf den kleinen Zetteln steht und was ich an anderer Stelle in der Bibel finden kann:

"Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe,
spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides,
dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.
Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und mich bitten,
und ich will euch erhören."
(Aus Jeremia 29, 11f)

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Katrin Hutzschenreuter

Katrin Hutzschenreuter

geb. 1971 | Berufsausbildung als Metallurge mit Abitur | Ausbildung zur Krankenschwester | tätig bei der Diakonie - Sozialstation Freiberg | Mitglied der Domgemeinde zu Freiberg und Leiterin des Kirchenvorstands

Kurzvita Mira Körlin

Mira Körlin

Geboren am 01.10.1976 in Dresden | 1995 Abitur | 1995-1996 freiwilliges Soziales Jahr in Zwickau | 1996-2002 Studium der Germanistik, Literaturwissenschaft, Kommunikationswissenschaft und Ev. Theologie an der TU Dresden | 2002-2003 Pressereferentin in der Sächsischen Staatskanzlei | seit 2003 Referentin für Öffentlichkeitsarbeit für die beiden Dresdner Kirchenbezirke | verheiratet, zwei Kinder

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.