Dienstag, 06.09.2022: Doppelgebot
Heute bekommen Sie von mir mal einen theologischen Fachbegriff hingeworfen. Keine Sorge, es wird nicht sehr kompliziert. Es geht um das sogenannte Doppelgebot. Steht in Lukasevangelium und ist so etwas wie das Vermächtnis von Jesus Christus: "Du sollst Gott lieben. Und Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst." Gott lieben, das geht in Ordnung, da hat der Christenmensch nicht das große Problem. Den Nächsten lieben? Hm, schon schwieriger. Um uns herum sind bekanntlich nicht nur Liebenswerte: Soll ich wirklich den Intriganten lieben, diesen miesen Zeitgenossen, der mir auf Arbeit das Leben schwergemacht hat? Damit mutet uns Jesus ordentlich was zu. Doch er hat recht. Wenn jeder seinen Nächsten liebt, dann wäre unser Planet ein besserer.
Aber eigentlich ist der Fachbegriff "Doppelgebot" falsch. Es müsste "Dreifachgebot" heißen, denn wenn man genau liest, soll man sowohl Gott als auch den Nächsten, aber auch sich selbst lieben. Liebt man sich nicht selbst, dann kann man auch den Nächsten nicht lieben. Klassischer Umkehrschluss.
Große Frage: Wie liebt man sich selbst? Nein, ich meine jetzt nicht den Narzissten, der jeden Morgen in den Spiegel schaut und die Welt beglückwünscht, dass es ihn gibt.
Es gehört zweifellos zum Menschsein, dass man auch für andere da ist. Das zaubert ein Lächeln auf das Gesicht des Gegenübers. Aber sich selbst darf man nicht aus dem Blick nehmen. Ich kenne Menschen, Sie sicher auch, die gehen auf in ihrer Nächstenliebe und sehen dabei vollkommen von sich ab. Die lieben sich einfach nicht. Nur andere. Helfersyndrom. Auf den ersten Blick ehrenwert, auf den zweiten Blick nervig. Auf den dritten Blick traurig.
Also, Essenz dieser Überlegung: Tun Sie sich heute mal was richtig Gutes. Schaun Sie nicht nach rechts und links. Gönnen Sie sich was. Erfüllen Sie sich einen Wunsch. Und mal ausnahmsweise ohne an Dritte zu denken. Lieben Sie sich heute mal ausgiebig. Den lieben Gott freut es. Und Sie haben dann wieder Kraft für den Nächsten.
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