Fußball | Regionalliga Chemnitzer FC: Gelungenes Finale von "Hashtag Heimspiel"

27. August 2023, 20:00 Uhr

Der Chemnitzer FC befindet sich gerade im Umbruch. Sportlich, aber auch personell. Überall viele neue Gesichter, die anpacken wollen, um den CFC neu aufzustellen. Ein altes Problem bleibt – die rechtsextremen Gruppierungen in der Fanszene. Aber da bekommt der Verein gerade Unterstützung aus der Stadtgesellschaft. "Hashtag Heimspiel" heißt das Projekt, das gestern nach knapp vier Monaten zu Ende ging.

Das Stadion in Chemnitz soll offener, vielfältiger und bunter werden – das ist das Ziel des Projekts "Hashtag Heimspiel". Ungefähr 500 Fußballerinnen und Fußballer aus allen Altersklassen und unterschiedlichen Ländern haben in den letzten Monaten an den vier Bolzplatzturnieren teilgenommen. Die Gewinnerteams haben den Kader gebildet für das Team, das am Samstag (26.08.2023) im Stadion an der Gellertstraße gegen ein Chemnitzer Promi-Team aufgelaufen ist. Warum dieses Projekt überhaupt ins Leben gerufen wurde, beschreibt Initiator Felix Müller: "Die Chenmitzer Fußball-Kultur war in der Vergangenheit oft durch rechtsextreme Vorfälle geprägt", sagt Müller, der auch die Gruppierung CFC-Fans gegen Rassismus ins Leben gerufen hat. "Da wollten wir einen Gegenpol setzen, mit einer diversen Fußballkultur, an der jeder teilnehmen kann und die für jeden offen ist."

Chemnitzer FC
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DFB-Botschafter Hitzlsperger: "Das ist eine Gemeinschaftsaufgabe"

Der ehemalige Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger ist extra angereist, um das Projekt zu unterstützen. Mitkicken konnte er wegen einer Verletzung nicht, hat sich aber bei einer Podiumsdiskussion von "Hashtag Heimspiel" geäußert – und auch aufmerksam zugehört. Denn das Thema lautete: "Fußballstadion - ein Ort für Alle?" Aus dem Zuschauerraum haben viele geschildert, dass sie sich nicht mehr ins Stadion trauen.

"Es hat sich hier bestätigt, dass die Sorge da ist, weil nach wie vor Nazis im Stadion sind", fasst der DFB-Botschafter für Vielfalt seine Eindrücke zusammen. "Das ist dann aber auch ein gesellschaftliches Phänomen, bei dem wir nicht mehr sagen können: der Fußball muss das alleine regeln." Für Hitzlsperger ist es also eine Gemeinschaftsaufgabe, bei der die Stadtpolitik und die Stadtgesellschaft mitanpacken müssen. Aus der Podiumsdiskussion ist er durchaus optimistisch heraus gegangen. "Ich habe gespürt, dass es hier in Chemnitz viele Menschen gibt, die etwas verändern und verbessern wollen."  

"Projekt von unschätzbarem Wert"

Einige von Ihnen haben sich beim Projekt "Hashtag Heimspiel" zusammengeschlossen und haben seit Anfang Mai über ein Dutzend Projekt auf die Beine gestellt. Auch die Stadt Chemnitz spielt mit und hat zum Beispiel das Sportfest "Sporty" am Stadion an der Gellertstraße austragen lassen, zeitgleich mit dem Finale des Heimspiel-Projekts. Auch der Chemnitzer FC hat an diesem Tag offiziell seine Mannschaft vorgestellt – es war also richtig was los am Stadion an der Gellertstraße. Robert Claus, Experte beim Thema Hooligans und Kampfsport, lobt "Hashtag Heimspiel": "Das ist ein Projekt von unschätzbarem Wert. Dieses Pflänzchen sollten alle in der Stadtgesellschaft hegen und pflegen." Eine Veränderung in der Fußballkultur könne allerdings nur gemeinsam mit den CFC Fans gelingen, glaubt Claus.

CFC-Aufsichtsrat Norman Löster hat das Projekt von Beginn an begleitet und unterstützt. Das Finale hat er sich gemeinsam mit einigen Vorstandsmitgliedern im Stadion angeschaut. "Wir sind dankbar, dass sich so viele Menschen um den CFC bemühen", sagte Löster und fügte hinzu: "Antidiskriminierung ist ein Thema, mit dem wir uns beim Chemnitzer FC befassen müssen."

Beim Finale waren knapp 1.000 Zuschauer im Stadion, die Atmosphäre war ausgelassen, das Organisationsteam zufrieden. Ob es allerdings eine Fortsetzung im nächsten Jahr geben wird, ist noch völlig offen. Das ist natürlich eine Frage des Geldes. Entscheidend wird aber sein, ob erneut viele Akteure gemeinsam an einem Strang ziehen – so wie in diesem Jahr.

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Sport im Osten | 27. August 2023 | 16:00 Uhr

20 Kommentare

lunatic vor 36 Wochen

Es ist tatsächlich nicht so, dass man sich nicht mehr ins Stadion trauen kann. Das Gegenteil ist der Fall- es muss niemand Angst haben, die Atmosphäre ist gelöst und entspannt- gar nicht bedrohlich. Zudem gibt es ja seit letzter Saison auch einen Familienblock, wo man getrost mitm Junior oder Familie hingehen kann. Es ist aber ganz einfach so, dass die Vorkommnisse 2019 um die Trauerfeier der Fan-Szene um Th. Haller (und was danach bei der Beisetzung noch stattfand) hier immer noch extrem nachwirkt. Ich kenne etliche, die seitdem nicht mehr ins Stadion gehen und einen komisch anschauen, wenn man selbst das tut. Das ist bitter und es wird noch lange dauern, bis hier vielleicht Vertrauen zurückgewonnen wird. Und da ist es nicht hilfreich, wenn man weiß, dass handelnde Akteure von damals immer noch im Stadion sind und wer alles (teilweise mit Stadionverbot belegt) Kontakt zur Szene oder bspw. zu Kamenica Furor hat usw. Es bringt gar nichts, das Problem zu negieren oder zu ignorieren.

wolfgang371 vor 36 Wochen

Ich wünschte es gäbe eine einfache Antwort auf deine Frage. Den Feinden der Demokratie muss man aber jederzeit entschlossen entgegentreten, gerade wenn es so viele sind.

wolfgang371 vor 36 Wochen

Aktionen gegen Rechts sind wichtiger denn je. An den Umfragewerten der AfD sieht man leider, das rechtes Gedankengut von einer großen Menge der Bevölkerung als normal angesehen wird. Dagegen ein Zeichen zu setzen ist absolut wichtig und richtig! Ich hoffe der CFC und seine Partner bekommen das braune Problem dauerhaft in den Griff. Wer rechten Stumpfsinn verbreitet sollte weder im Stadion noch in der Gesellschaft einen Platz haben.

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