Die Revolution der Erneuerbaren - Frau in schillernder Rüstung mit einem Schild aus Solarzellen 45 min
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Klimawandel CO2 als Rohstoff: Forscher präsentieren neue, effiziente Umwandlungsmethode

19. November 2023, 05:59 Uhr

Für den Klimaschutz muss CO2 aus der Luft in andere Stoffe umgewandelt werden. Doch das kostet viel Energie. Forschende aus Kanada haben eine effiziente Möglichkeit entwickelt, das Klimagas in Kraftstoffe umzuwandeln.

Treibhausgas-Emissionen sind bekanntlich Hauptursache für die globale Erwärmung. Allein in Deutschland wurden dem Umweltbundesamt zufolge im vergangenen Jahr rund 666 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen. Alle Staaten der Welt haben sich in mehreren Klimaabkommen dazu verpflichtet, diesen Ausstoß mittelfristig auf null zu reduzieren. Doch Klimawissenschaftler sind bereits überzeugt: Das allein reicht nicht. Auch das bereits in der Atmosphäre schwebende CO2 muss, wenigstens teilweise, zurückgeholt werden.

Eine Person hält einen Vortrag.
Cao Thang Dinh von der Queen’s University beim Falling Walls Summit in Berlin. Bildrechte: Falling Walls Foundation

Doch was soll man anfangen mit dem Klimagas? Damit befassen sich inzwischen zahlreiche Forschungsteams weltweit. Der vietnamesische Forscher Cao Thang Dinh hat gemeinsam mit seinem Team an der Queen’s University nun ein integratives System erfunden, das sowohl die Abscheidung als auch die Umwandlung von Kohlenstoffdioxid (CO2) bewältigen kann. Seine Methode verbraucht dabei weniger Energie als bisherige Umwandlungsprozesse, verspricht sein Team.

Infografik - Sonnenstrahlung fällt zur Erde, wird dort als Wärmestrahliung reflektiert und prallt an CO2, Wasser und Methan in der Luft wieder ab. 1 min
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Wie verusachen CO2, Methan und andere Gase die Klimaerwärmung und wie können Forschende diesen Effekt messen?

Fr 17.11.2023 12:36Uhr 00:42 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/klima-treibhauseffekt-messung-100.html

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Mit chemischen Reaktionen zur CO2-Reduktion 

In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Technologien entwickelt, mit denen CO2 in andere Stoffe umgewandelt werden kann. In dem Projekt “Carbon2Chem” entstehen beispielsweise aus Kohlenstoffdioxid nützliche Chemikalien, indem der Stoff zerlegt und weiterverarbeitet wird. Doch CO2 ist schwer teilbar und verbraucht deshalb viel Energie. Dabei handelt es sich oft um Energie, die aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird und damit zu mehr CO2-Emissionen führen kann.

Cao Thang Dinh versucht, diesen Prozess effizienter zu gestalten. Er möchte Elektrizität nutzen, um eine chemische Reaktion anzutreiben. So könnte Kohlenstoffdioxid mithilfe von erneuerbaren Energien in kohlenstoffneutrale Brennstoffe umgewandelt werden. “Auf diese Weise können wir den intermittierenden Strom in Form von Gas speichern”, erklärte der Wissenschaftler auf dem diesjährigen Falling Walls Science Summit in Berlin. “Wir können das Kohlendioxid auch in ein nachhaltiges Polymermaterial umwandeln, sodass wir das CO2 dauerhaft speichern können, was einen kohlenstoffnegativen Prozess darstellt.”

Umwandlung von Kohlenstoffdioxid

Für die Umwandlung von Kohlenstoffdioxid braucht es einen Reaktor, in dem das Molekül verschiedene Phasen durchläuft: Zuerst wird es in Gas und dann in eine Lösung umgewandelt, bevor es sich an der Oberfläche des Feststoffs, der als Katalysator dient, stabilisiert. Dort wird das CO2-Molekül in kleinere Moleküle oder Atome zerlegt. Diese werden anschließend mit anderen Molekülen kombiniert, um verschiedene Endprodukte zu erhalten.

Damit die Umwandlung besonders klimafreundlich ist, müssen verschiedene Faktoren wie Energieeffizienz, Reaktionsrate oder Produktselektivität beachtet werden. Das anvisierte Endprodukt ist in Dinhs Experimenten Ethylen, das in der chemischen Industrie ein wichtiger Ausgangsstoff ist. Ziel ist es, das Umwandlungssystem so zu stabilisieren, dass eine hohe Selektivität über einen langen Zeitraum aufrechterhalten werden kann. Bisher hielt das beste CO2-Umwandlungssystem nur wenige Stunden. Dinh und sein Team ist es gelungen, den Grund für das Versagen herauszufinden und den Prozess über eine längere Zeit laufen zu lassen.

Ein asiatischer Mann auf der Bühne bei einem Vortrag
Der Klimawandel macht Extremerreignisse wie Waldbrände oder Fluten wahrscheinlicher, eine Reduktion des CO2s in der Atmosphäre ist daher dringend nötig. Forscher Cao Thang Dinh will dazu beitragen. Bildrechte: Falling Walls Foundation

Bessere Ergebnisse dank eines neuen Reaktors

Ein Grund für die kurzweilige Dauer des Prozesses liegt in der Zersetzung der Elektrode, in der das CO2-Molekül umgewandelt wird. Deshalb hat das Team die Struktur der Elektrode neu erfunden. “Wir verwenden ein sehr stabiles Polymer in Kombination mit der aktiven Schicht des Moleküls und dann haben wir diese Kombination mit einer Schutzschicht überzogen”, erklärt Dinh. Mit diesem System ist es den Forschenden erstmals gelungen, eine hohe Ethylenselektivität für etwa 150 Stunden aufrechtzuerhalten.

Dinh’s Experimente zeigen ebenfalls, dass es möglich ist, den Reaktor zu vergrößern, um so mehr Kohlenstoffdioxid umwandeln zu können. In ersten Untersuchungen hatte der Reaktor die Größe eines Zauberwürfels, mit dem rund ein Gramm CO2 pro Tag umgewandelt werden kann. Inzwischen ist es dem Team der Queen’s University gelungen, einen Reaktor in Größe einer Mikrowelle zu bauen, der bis zu 2,5 Kilogramm CO2 pro Tag umwandeln kann. “Zu diesem Zeitpunkt ist dies eine der größten elektrochemischen CO2-Umwandlungen, die je demonstriert wurden”, sagt der Chemiker.

Energieeffizienz nach einem Beispiel der Natur

Um Kohlenstoffdioxid umwandeln zu können, muss dieses aus der Atmosphäre, Abgasen oder industriellen Prozessen gewonnen und gereinigt werden, das ebenfalls viel Energie verbraucht. In der Natur passiert das ohne menschliches Eingreifen. Ein Apfelbaum nimmt beispielsweise den verdünnten Kohlenstoff direkt aus der Luft und verwandelt das CO2 in Kohlenhydrate, sodass ein Apfel entsteht, ohne dass die einzelnen Stoffe gereinigt und getrennt werden müssen. An diesem Prozess orientiert sich der vietnamesische Wissenschaftler.

Seit rund einem Jahr arbeitet sein Forschungsteam an einer Lösung. Ausgangspunkt für die Experimente bilden konzentriertes und verdünntes CO2. Das wird in einer Lösung aufgefangen und anschließend als Lösung in den Reaktor eingeleitet. Das Gasprodukt, das aus dem Reaktor kommt, wird dann kontinuierlich von der Flüssigkeit getrennt. So entsteht am Ende ein konzentriertes Produkt, mit dem die Energiekosten für die Trennung gesenkt werden können. Dabei sind die verwendeten Elektroden im Reaktor entscheidend: Je nach Material können Reaktoren gebaut werden, die so viel CO2 umwandeln wie 5 bis 10 ausgewachsene Bäume.

Ein kostengünstiges, effizientes System

Um Kohlenstoffdioxid in einer Größenordnung von Millionen Tonnen umwandeln zu können, braucht es ein kostengünstiges, effizientes System. Dinhs Ziel ist es, die Elythen-Selektivität von 75 Prozent auf 95 Prozent steigern zu können, sowie die Energieeffizienz zu verdreifachen. 

Dinh hofft, mit seiner Entwicklung ein chemisches CO2-Umwandlungssystem herzustellen, das weltweit dank erneuerbarer Energien eingesetzt werden kann. “Wenn wir das schaffen, können wir nicht nur den CO2-Ausstoß reduzieren und den Klimawandel verlangsamen, sondern wir geben auch allen die Möglichkeit, vor allem denjenigen, die aus weniger entwickelten Ländern kommen, Zugang zu sauberer Energie, sauberem Treibstoff, nachhaltigen Materialien und nachhaltigem Dünger zu bekommen.”

25 Kommentare

MDR-Team vor 23 Wochen

Hallo @Niemann,
die "Ampel" bzw. die Bundesregierung ist für den Ausbau in den Ländern nicht zuständig. Dies ist Ländersache.

In Bezug möglicher Waldrodungen ein Faktencheck:
https://www.mdr.de/wissen/faktencheck/faktencheck-windraeder-100.html

Herzliche Grüße

MDR-Team vor 23 Wochen

Nun ja, wir haben explizit nach einem Beleg für Ihre letzte Behauptung gefragt. Können Sie hier etwas konkretes nennen?

Viele liebe Grüße
Ihr Team von MDR WISSEN

Niemann vor 23 Wochen

Schön, und warum lässt die Ampel dann Waldstücke fällen um dort Windräder zu errichten um angeblich das Klima und gleich die ganze Welt mit zu retten?