Illustration Antikörper
Eine kleine Studie aus den USA zeigt, wie viele Antikörper gegen Corona Genesene besitzen. Bildrechte: imago images/Science Photo Library

Covid-19 Ungeimpfte Genesene haben auch nach 20 Monaten noch Antikörper

07. Februar 2022, 15:42 Uhr

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie aus den USA. Allerdings stammen die untersuchten Proben aus der Zeit vor Omikron, was Rückschlüsse auf den jetzigen Status von Genesenen schwierig macht.

Die Studie aus den USA ist nicht sonderlich umfangreich, aber dafür ziemlich eindeutig in ihrem Ergebnis: Wer Covid-19 hatte, aber nie dagegen geimpft wurde, trägt Antikörper in sich, auch 20 Monate später noch (so lange lag die Infektion bei den Probanden zum Zeitpunkt der Untersuchung höchstens zurück).

Die allesamt ungeimpften und erwachsenen Teilnehmer der Studie wurden in drei Gruppen eingeteilt. Gruppe 1 war definitiv schon mal infiziert. Gruppe 2 hielt eine eigene frühere Infektion für wahrscheinlich, wurde aber nie positiv getestet. Gruppe 3 war sich sicher, nie infiziert gewesen zu sein. In Gruppe 1 wurden dann bei 99 Prozent der Probanden Antikörper nachgewiesen, in Gruppe 2 waren es 55 Prozent und in Gruppe 3 elf Prozent.

Für die Autorinnen und Autoren ist das ermutigend, heißt es in der Studie, weil es von einer natürlichen Immunität bis zu 20 Monate nach der Infektion zeuge. Die in Omikron-Zeiten fast schon obligatorische Einschränkung folgt allerdings sofort. Es sei "unklar, wie diese Antikörperspiegel mit dem Schutz vor künftigen SARS-CoV-2-Infektionen korrelieren, insbesondere mit neu auftretenden Varianten".

Unbekanntes Omikron

Was heißt das nun für ungeimpfte Genesene in Omikron-Zeiten? Die Erkenntnisse zu dieser in Deutschland nun fast zu 100 Prozent vorherrschenden Variante des Virus mehren sich zwar, aber Langzeitstudien fehlen natürlich weiterhin.

Was man über Omikron weiß, ist, dass es bei der Infektion sehr gut die Immunantwort des Körpers umgehen kann, vor allem im Nasen-Rachenraum. Tiefer im Körper helfen dann aber die sogenannten "Gedächtniszellen" gegen Omikron. Deshalb sind Grundimmunisierte immer noch besser vor schweren Verläufen geschützt als Ungeimpfte. Und man weiß, dass dieser Schutz bei Geboosterten noch extrem viel größer ist.

Außerdem ist die Übertragungswahrscheinlichkeit bei Geboosterten auch geringer. Aber klar ist eben auch, dass jeder Schutz mit der Zeit mehr oder weniger nachlässt. Und: Die hier verwendeten Zahlen des Robert Koch-Instituts betreffen nur die Meldungen der Gesundheitsämter laut dem Infektionsschutzgesetz. Diese sind derzeit aber nur in einem Teil der Fälle in der Lage, detaillierte Angaben wie z.B. den Impfstatus und/oder die Symptomatik zu erfassen. Tagesaktuelle Zahlen liefert das Intensivregister. Hier fehlen allerdings die Daten zum Impfstatus. Diese werden wöchentlich an das RKI gemeldet.

Im letzten RKI-Wochenbericht vom 3.2.2022 (hier als pdf) lieferte das Intensivregister diese Zahlen für den Zeitraum vom 03.01.2022 bis 30.01.2022 (KW 1/2022 bis KW 4/2022):
Bei 4.150 Covid-19-Aufnahmen wurde der Impfstatus gemeldet (86,6 Prozent aller Fälle - 4.794). 49 Prozent (2.033 Fälle) waren ungeimpft, rund 12,8 Prozent (531 Fälle) wiesen einen unvollständigen Immunschutz auf (Genesen ohne Impfung oder Teil-Immunisierung) und 38,2 Prozent (1.586 Fälle) hatten einen vollständigen Impfschutz (Grundimmunisierung oder Booster, letzterer lag bei 15,9 Prozent, 659 Fälle).

Genesenen- und Geimpftenstatus

Die verbleibendende Omikron-Unsicherheit hatte auch dazu beigetragen, den Genesenenstatus von Ungeimpften von sechs auf drei Monate zu verkürzen (was vom Verwaltungsgericht Osnabrück mittlerweile in einem Einzelfall für verfassungswidrig erklärt wurde) und den Impfstatus von nur Grundimmunisierten von zwölf auf neun Monate.

Welche Gedanken außerdem hinter diesen Fristverkürzungen gesteckt haben dürften, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gegenüber dem Science Media Center erzählt.

Chrstine Falk
Prof. Dr. Christine Falk Bildrechte: IMAGO / teutopress

Prof. Dr. Christine Falk ist Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie und gehört dem Corona-Expertenrat der Bundesregierung an. Sie sieht in der Verkürzung des Grundimmunisiertenstatus eine klare und sinnvolle Aufforderung zum Boostern. "Gerade bei Omikron und seinem Unterlaufen der ersten Abwehr im Nasen-Rachenraum wird deutlich, dass die dritte Impfung genau an dieser Stelle den größten Effekt hat – und daher besser vor Ansteckung und erst recht vor schwerem Verlauf schützt."

Auch die Verkürzung des Genesenenstatus erklärt Christine Falk mit der Aufforderung zum Impfen: "Begründet wurde sie mit der Verhinderung der Ansteckung und damit möglicher Weitergabe des Virus und der eindeutig messbaren Verstärkung der Immunantwort Infizierter durch eine nachfolgende Impfung. Daher ist eine Impfung nach Infektion sinnvoll, auch wenn mehr als drei oder sogar sechs Monate dazwischenliegen."

Ziel Immunschutz der Bevölkerung

Letztlich gehe es um den Übergang von der Pandemie in einen endemischen Zustand, bei dem das Virus heimisch, aber nicht mehr so gefährlich ist. Und dies sei "eben sehr abhängig von dem hohen Immunschutz in der Bevölkerung, beziehungsweise der Impflücke, also der Personen ohne Immunschutz", so Christine Falk.

Prof. Dr. Christian Althaus, Leiter der Forschungsgruppe Immuno-Epidemiologie, Institut für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM), Universität Bern, Schweiz
Prof. Dr. Christian Althaus Bildrechte: Uni Bern / Alessandro della Bella

Prof. Dr. Christian Althaus, Leiter der Forschungsgruppe Immuno-Epidemiologie an der Uni Bern, formuliert das ähnlich. Am wichtigsten sei, "dass praktisch die gesamte Bevölkerung bis zum Herbst einen guten Immunschutz aufweist, damit es im nächsten Winter auch ohne weitere Maßnahmen und trotz möglicher neuer Varianten zu keiner allzu starken Belastung des Gesundheitswesens kommt".

Althaus fügt aber auch an, aufgrund der starken Ausbreitung von Omikron und der zunehmenden Immunisierung der Bevölkerung hätten "Unterschiede im Status von Geimpften und Genesenen vermutlich immer weniger Sinn". Der Nutzen des Zertifikats im Inland sei begrenzt. Für Reisen aber werde der Impf- oder Genesenenstatus wohl auch in Zukunft eine Rolle spielen.

(rr/smc)

Ergänzung 07.02.2022
Zur Einordnung der Covid-19-Patientenzahlen auf Intensivstationen haben wir den Artikel durch die Angaben des Intensivregisters ergänzt. Danke für den Hinweis. Die Zahlen, die das RKI derzeit von den Gesundheitsämtern erhält (Meldung nach Infektionsschutzgesetz) sind nach Angaben der Behörde wegen der aktuell hohen Inzidenzen und Meldeverzögerungen nur bedingt aussagekräftig.

144 Kommentare

kleiner.klaus77 am 14.02.2022

@Jana
Wir brauchen eine echte Perspektive. Wir können doch nicht auf unbestimmte Zeit mit dieser politischen Gängelung leben. Zumal die Omikron-Variante zwar hochinfektiös, aber in ihrem Krankheitsverlauf milder ausgeprägt ist.
Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben, und eine Diskussion führen, ob die Risiken doch anders abgewogen werden können. Bisher war das Ziel: Virus eindämmen, Tote verhindern. Dazu musste die gesamte Bevölkerung Opfer in Form von teils weitreichenden Freiheitsbeschränkungen erbringen. Wir sollten uns eingestehen, dass diese undifferenzierte Strategie so nicht mehr funktioniert, sie ist ein Fass ohne Boden.

MDR-Team am 10.02.2022

Hallo Felix,
wenn man die Zahlen nicht nur plakativ verwendet, sondern einordnet, passt es alles zusammen. Betrachten man nur die Netto-Todeszahlen ergibt sich für 2020 eine Übersterblichkeit. Unter Einbeziehung der demografischer Entwicklungen ist dies nicht so, doch dafür gibt es verschiedene Gründe. So zum Beispiel gab es 2019/20 und 2020/21 zwei aufeinanderfolgende Winter, in denen es kaum Influenza-Tote gab. Auch die Zahl der Verkehrstoten ist im ersten Lockdown deutlich zurückgegangen, um 18 Prozent.. Ebenso die Zahl der mit Herzinsuffizienz ins Krankenhaus eingelieferten Patienten. All das wirkt sich trotz vieler Covid-19-Opfer positiv auf die Gesamtsterblichkeit aus. Nicht vergessen darf man auch, wie sich die unterschiedlichen Maßnahmen auf die Sterblichkeit ausgewirkt haben und dass Deutschland sehr gut durch die erste Corona-Welle 2020 gekommen ist. https://www.mdr.de/wissen/in-deutschland-keine-uebersterblichkeit-durch-covid-100.html

MDR-Team am 10.02.2022

Hallo antivirus,
Ihr persönlicher Erfahrungsbericht widerspricht unseren Ausführungen und der den wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht. Natürlich gibt es auch Geimpfte, die erkranken und Ungeimpfte oder Genesene, die bisher von der Omikron-Variante verschont geblieben sind. Wie unterschiedlich allerdings die Risiken verteilt sind, haben wir in unseren vorherigen Kommentar ja bereits erwähnt.
Es ist durchaus nicht unüblich, dass man Impfungen mehrfach verabreichen muss bzw. Auffrischungsimpfungen für einen guten Impfschutz benötigt. Der Impfschutz gegen viele Infektionen ist nicht von Dauer. Bei Mumps und Röteln sind es bspw. zwei Impfungen, bei der Grippe bspw. wird eine jährliche Impfung mit einem angepassten Impfstoff empfohlen, um gut geschützt zu sein.